Endlich hat sie einen Job gefunden, erzählt Yella strahlend: Sekretärin bei einer Firma in Hannover, die Steuerungsmodule für Airbus produziert. Ihr Vater, Müllmann daheim in im ostdeutschen Wittenberge, umarmt sie. Mit wenigen, genau gesetzten Kadrierungen und Kamerafahrten hat Christian Petzold in einer Viertel Stunde nicht nur das deutsche Ost-West-Gefälle umrissen, sondern auch die Disposition seiner […]
Endlich hat sie einen Job gefunden, erzählt Yella strahlend: Sekretärin bei einer Firma in Hannover, die Steuerungsmodule für Airbus produziert. Ihr Vater, Müllmann daheim in im ostdeutschen Wittenberge, umarmt sie. Mit wenigen, genau gesetzten Kadrierungen und Kamerafahrten hat Christian Petzold in einer Viertel Stunde nicht nur das deutsche Ost-West-Gefälle umrissen, sondern auch die Disposition seiner Heldin: Yella (kontrolliert, sinnlich: Nina Hoss) will weg von alten Geschäfts- und Beziehungsruinen, in den Westen, wo noch Gewinne zu machen sind. Auf dem Weg dorthin kommt ein schwerer Autounfall dazwischen, und mit dem Job wird es dann auch nichts, aber Yella ist nicht aufzuhalten. Als Assistentin des smarten Private-Equity-Verhandlers Philipp nistet sie sich ein in jenem Zwischenreich aus blassgrauen Konferenzzimmern, anonym eleganten Hotels und unsichtbaren Geldflüssen, das Risikokapitalismus genannt wird. In den rätselhaften Zauber des Venture Capital schiebt Petzold brillant eine Geistergeschichte (entliehen bei Herk Harveys famosem „Carnival of Souls“): Unheimliche Spuren ihrer Vergangenheit suchen die junge Frau mit der knallroten Bluse heim, ähnlich jenen einer untoten Modernisierungsverlierern, die bereits durch Petzolds „Die innere Sicherheit“ und „Gespenster“ gedriftet sind. Neu für dessen Kinoarbeit ist nicht die atmosphärische Dichte, wohl aber die enorme narrative Konzentration. Ein Film des Jahres, mindestens.
