Errötet und erwachsen veröffentlicht Katy B ihr zweites Studioalbum „Little Red“. Darauf tanzt sie bis fünf Uhr morgens und heult ohne Grund rum.
Wenn sie nicht gerade One Direction covert, liefert Katy B ziemlich gute Popsongs unter dem UK Garage-/ House-Deckmantel ab. Nachdem auf ihrem Erstlingswerk „On A Mission“ da noch deutlich mehr geravet wurde, macht Kathleen Brien vier Jahre später einen großen Schritt in Richtung Robyn, was ja prinzipiell nie falsch ist, und avanciert dabei zum Hochglanz-Pop-Act. Als Absolventin der Londoner Brit-School ist das auch kein Wunder, dort drückten immerhin auch talentierte Kollegen wie Adele, Imogen Heap, Jamie Woon oder die verstorbene Amy Winehouse die Schulbank. Beste Voraussetzungen also.
Ende 2012 gab’s als Überbrückung der Wartezeit eine EP namens „Danger“, auf der unter anderem Diplos „Set It Off“ wiederverwertet und mit einem Feature von Iggy Azalea verschlimmbessert wurde. Für einen Gastauftritt der wunderbaren Jessie Ware war auch Platz, auf einem Track, der es nicht verdient hätte, auf einer EP zu vergammeln. Dachte sich Katy B scheinbar auch, und somit findet sich „Aaliyah“ verdient auch auf „Little Red“ wieder. Darauf liefern sich die beiden zu einem kühlen Synth-Thema quasi ein modernes „The Boy Is Mine“, und Fräulein Ware schafft es tatsächlich, mit ihren soften Vocals an die titelgebende R&B-Prinzessin zu erinnern. Wie die wohl heute klingen würde? Hach.
Crying at the Discoteque
In allerfeinster Robyn-Manier (die mit ihrem Album übrigens auch mal in die Gänge kommen könnte) wird also Herzschmerz in geschmeidige Clubhymnen verpackt und die Hauptprotagonistin tanzt ihre Probleme weg bis die Füße taub werden. „I need some loving like Valium“. Die 80er-Beats tragen ihre angenehm samtige Stimme dabei gekonnt durch die Höhen und Tiefen einer durchzechten Nacht oder eben einer gescheiterten Beziehung, getränkt von dunklen Electroklängen und hypnotischen Synth-Layers. Dubstep auf einer Popplatte ist zwar total 2011, ein paar Anleihen haben sich aber auf „All My Lovin’“ eingeschlichen. Es sei ihr jedoch verziehen, schließlich war es doch der Sound, zu dem Katy sich damals „On A Mission“ begeben hat und old habits die’n nun mal hard.
Ein Album zu machen, das zweifellos durch und durch Pop ist, und dabei immer noch irgendwie undergroundig wirkt, muss man auch mal schaffen. „Little Red“ tut aber genau das. Also, heulen oder tanzen? Katy B weiß es wohl auch nicht so recht. Jedenfalls ist sie damit wohl die neue UK-Depression-Disco-Queen, falls es sowas gibt. Man reiche ihr die verlangten Valium auf einem Silbertablett. Bravo.
„Little Red“ erscheint am 8.2.2014 via Columbia Music.