Die große Ära der Girlgroups ist wohl seit den späten 90ern vorbei, und in die Fußstapfen von den Spice Girls oder Destiny‘s Child konnte bisher niemand so wirklich treten. Little Mix wollen es aber zumindest versuchen, und das funktioniert gar nicht mal so schlecht.
Seitdem die vier Grazien 2011 in der britischen Ausgabe von X Factor zusammengewürfelt wurden und schließlich als Sieger der Show hervorgingen, läuft es wie geschmiert in der Heimat: Zwei #1-Singles und ein Platin-Album gehen dort auf ihr Konto. Als sie mit ihrem Debüt „DNA“ letztendlich sogar den US-Chartrekord der Spice Girls knackten, waren die Erwartungen an den Nachfolger dementsprechend hoch.
„Salute“ eröffnet mit Sirenen, einer mächtigen Beatwaltze und Girlpower-Lyrics. Nicht wirklich originell, dennoch dürfte ein passenderer Opener wohl kaum zu finden sein. Bereits hier wird klargemacht – vom Bubblegum-Sound ihres Erstlingswerks ist nicht mehr viel übrig. Little Mix „suchen nach Rekruten“, und das fetzt ordentlich. Die Lead-Single „Move“ klingt herrlich sonderbar zusammengewürfelt, und irgendwie nach Küchengeräten. Macht auf jeden Fall Spaß und geht direkt in die Beine. Auf das übliche Hit-Schema wird verzichtet, trozdem kommt man ohne schicklichen Refrain wunderbar aus. Mit solch eigenwilligen Produktionen schafften zuletzt Girls Aloud (mit Unterstützung der Hitfabrik Xenomania) in den frühen 2000ern wahre Perlen der britischen Popszene.
Mit „Little Me“ hört man die einleuchtende nächste Singlewahl, der Ballade steht Hit förmlich auf die Stirn geschrieben. Die kitschigen Self-Empowerment-Lyrics und das Sample von Faures „Pavane“ tragen einen gehörigen Anteil dazu bei. Und ganz plötzlich fühlt man sich hier erinnert an den R‘n‘B-Sound, den man in den letzten Jahren durch den ganzen Dance-Überfluss irgendwie vermisst hatte. Besonders „Boy“ ist, stilecht mit a capella-Intro, eine waschechte Destiny‘s Child-Nummer. Wieso macht sowas niemand mehr?
„Nothing Feels Like You“ und „A Different Beat“ kommen mit tribalen Trommelwirbeln angeflogen und klingen dabei sehr nach Beyoncés „End Of Time“, ohne zu sehr abgekupfert zu wirken. Ein roter Faden wird erkennbar, die Uptempo-Tracks greifen meist ein gewisses Militär-Thema auf. Hiermit wäre wohl auch die Frage nach der Wahl des Albumtitels erklärt. Dass die vier Damen richtig gut singen können, hört man besonders in den Piano-Herzschmerz-Balladen („These Four Walls“, „Good Enough“), die als nette Abwechslung das Album gut abrunden und sicher wahnsinnig emotionale Feuerzeug-Momente bei Konzerten bieten.
Keine Frage, Little Mix sind eine Teenie-Band durch und durch. Sie schlichtweg als weibliches Equivalent zu One Direction zu betiteln wird ihnen jedoch nicht gerecht. Mit „Salute“ liefern sie ein durchweg gutes Album ab, das irgendwo zwischen spätem 90er-Vibe und großen Drum-Sounds anzusiedeln ist. Das Rad neu erfunden haben sie damit sicherlich nicht, trotzdem ist es fast schon gewagt, gänzlich auf Tracks á la Guetta und Konsorten zu verzichten. Ein guter Schritt weg vom überholten Dance-Sound in der Pop-Landschaft ist es allemal.
Little Mix zweites Album "Salute" erschien am 08. November auf Syco Recods.