Mø ist das jüngste Supergirl unter den neuen, coolen Heldinnen im Musikbiz und dabei weder Singer-/Songwriterin noch Punk-Amazone. Sie macht Pop in Reinform und trifft damit auch einen Nostalgie-Nerv.
Nein, es ist eben nicht einfach Girl Power 2.0. Nicht alles, was ein Revival erlebt, sollte mit dieser Bezeichnung leben müssen. Schon gar nicht im Pop. Auch wenn Mø – zu Deutsch Jungfrau – gern und oft bauchfrei zusammen mit Plateauschuhen und Scrunchies trägt, hat das, was sie macht, mit den Spice Girls wenig zu tun. Eh, sie wollte als kleines Mädchen immer so sein wie Sporty Spice und hat sogar vor Kurzem deren Hit »Say You’ll Be There« gecovert. Trotzdem. Ihr Debütalbum »No Mythologies To Follow« klingt völlig neu. Da steckt mehr dahinter. Es ist immerhin viel passiert seit der Girl Power-Bewegung der 90er Jahre, die von den RiotGrrrls bis hin zu den Spice Girls reichte, der Jahrhundert-Girlgroup schlechthin. Während Erstere stets mit Feminismus, Krach und Underground in Verbindung gebracht wurden, wedelten die Spice Girls mit Allover-Animal-Prints, Union-Jack-Latexkleidern und Victory-Zeichen über die Weltbühnen. Politik war da kein dominantes Thema. Höchstens unterschwellig. Dafür wurden in jedem Song Freundschaft, Liebeskummer und Make-up besungen. Das nannten sie dann Girl Power. Wie bald schließlich auch der Rest der Welt. Und verdammt, es war Girl Power.
Danke, Spicies!
Das findet auch die Dänin Karen Marie Ørsted aka Mø. Diese hegt nämlich eine fast kindliche Begeisterung für die fünf Powerfrauen aus London. Nicht nur war eine Spice Girls-CD in den 90ern ihr erster Berührungspunkt mit Popmusik, nein, diese Sache mit der Girl Power brachte sie sogar erst auf die Idee, Sängerin zu werden. Also, tausend Dank, Spicies. Euretwegen können wir den großartigen Pop von Mø überhaupt hören. Das stellt einen weiteren Grund dar, das Quintett auch heute noch zu verehren. Einen von ganz vielen, versteht sich.
Auch ziemlich super ist zum Beispiel das, was die Band durch ihre ganze Girl Power-Vermarktung zum Third-Wave-Feminismus beigetragen hat. Diese Welle überschnitt sich ungefähr mit der Gründung der Gruppe am Beginn der 90er und stand unter anderem (!) für eine neue Weiblichkeit. Es wurde ein Frauenbild skizziert, das sich durch Stärke und Selbstbewusstsein auszeichnete und trotzdem Sexappeal ausstrahlte. Girl Power spitzte das zu. So trug man unter dem unsichtbaren Schutzmantel der Bewegung sorglos knallenge Glitzerminis mit High-Heels und lutschte dabei lasziv an bunten Lollipops. Dass es dafür auch harsche Kritik hagelte, sollte keine Überraschung sein. Verona Feldbusch ging sich unter diesen Vorzeichen auch aus.
Wobei, nicht wirklich. Sexobjekt oder nicht, Kontrolle über das eigene geile Abbild oder nicht, das wurde immer wieder heftig diskutiert. Die Spice Girls standen da drüber. Frauen und Mädchen, die aber zufällig nicht der erfolgreichsten Girlgroup aller Zeiten angehörten, hatten es natürlich nicht ganz so locker. Wichtig war es aber trotzdem. Die Girl Power-Attitüde war kein Entweder-Oder mehr. Es war beides – Selbstbestimmung und Sexiness.