Shoegazing im WUK – Konzertfotos von Ride

Bei Ride wurde im WUK der Klangteppich ausgerollt und darin gekonnt Noise mit Melodie verwoben.

© Stephan Brückler

Shoegazing – also auf die Füße und Effektpedale starren – war vergangenen Dienstag im Wiener WUK eher Nebensache bei Ride. Für mich persönlich war es vielmehr »Backgazing«, denn als Rollstuhlnutzer war die Barrierefreiheit im Konzertsaal des ansonsten frisch renovierten und grundsätzlich sehr zugänglichen WUKs eher enttäuschend. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ride waren jedenfalls alles andere als apathisch – sie waren alive and kicking. Und das obwohl die Band seit 1988, mit Unterbrechung und Reunion 2014, in Originalbesetzung tourt: Andy Bell (Gesang/Gitarre), Mark Gardener (Gesang/Gitarre), Loz Colbert (Schlagzeug) und Steve Queralt (Bass). Auch wenn Bell zwischendurch bei Oasis am Bass gelandet war, steht er heute wieder bei Ride an vorderster Front.

Die musikalischen Einflüsse der Band waren im Konzert deutlich zu hören. Mark Gardener erklärte einmal: »Wir mochten die noisy Bands dieser Zeit … sie hatten großen Einfluss auf uns. An der Wurzel liegen die Beatles und die Stones und die Velvets und die Byrds …« Und auch ich meine, in manchen Momenten Einflüsse aus dem New Wave der frühen Depeche Mode oder sogar Anklänge an Sigur Rós zu hören – letztere natürlich retrospektiv. Besonders eindrucksvoll war das in »Dreams Burn Down« zu spüren.

Ride haben im Laufe der Jahre ihren Horizont erweitert, blieben aber ihrem stoischen Gitarrensound treu. Die späte Achtziger / frühe Neunziger-Indieszene brachte einen melodischen Lärmrock hervor, der heute zu Recht dem Shoegaze zugeordnet wird. Songs wie »Seagull« sind Paradebeispiele dafür.

Pompöser Sound

Der Sound im WUK war dementsprechend: kräftig, atmosphärisch, laut und pompös – zuweilen ein bisschen verzerrt und verwaschen, was aber auch meiner etwas tiefergelegten Abhörposition geschuldet gewesen sein könnte. Der Stimmung der zahlreichen Vertreter*innen der Generation X tat das keinen Abbruch – ein »Kill Switch« war da nicht nötig. Im Gegenteil: Je verwaschener der Sound, desto besser die Stimmung.

Das Konzert war gut besucht, die Atmosphäre locker. Die etwa neunzig Minuten fühlten sich wie ein Ritt durch das Best-of aus fast vier Jahrzehnten an. Den Auftakt machte »Monaco« – und schon wurde einem wärmer an diesem doch recht frischen Maiabend.

Aus dem Repertoire von sechs Studioalben sowie dem aktuellen Album »Interplay« wurden Klassiker wie »Leave Them All Behind« und »Chelsea Girl« (im Encore!) ebenso gespielt wie vier Songs aus dem neuen Werk: »Portland Rocks«, »Last Frontier«, »I Came to See the Wreck« und »Peace Sign«.

Besonders in »Vapour Trail« zeigt sich das, was Shoegaze ausmacht: ein dichter, verschwommener Gitarrensound; sanfter, oft melancholischer Gesang, der eher Klangtextur ist als klarer Lead-Gesang; mehrschichtige Klangteppiche statt klassischer Songstrukturen. Die emotionale, introspektive Atmosphäre übertrug sich spürbar aufs Publikum – viele standen ganz für sich, träumerisch dahinschunkelnd, ein Bier in der einen und das Mobile Phone (ich verweigere mich standhaft dem Wort »Handy«) in der anderen Hand.

Fazit: Ein herrlicher Konzertabend mit einer ausgewogenen Mischung aus Noise und Melodie – hart verzerrte Gitarren trafen auf zarte, schwebende Klangflächen. Eine schwebende Position wäre für mich natürlich besonders schön gewesen. Aber auch so: Der Ride hat sich gelohnt!

Das Konzert von Ride fand am 6. Mai 2025 im WUK in Wien statt.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...