Mit seiner fast überheblich großen Installation »Hope House« fällt der britische Künstler Simon Fujiwara nicht mit der Tür, sondern mit dem Haus ins Haus. In diesem Fall ins Kunsthaus Bregenz, in welches er seine Rekonstruktion des Amsterdamer Anne Frank Hauses in nur drei Wochen hineinbaute.
Damit hat sich das Kunsthaus Bregenz, nicht nur logistisch, einiges zugetraut. Thomas D. Trummer, Direktor des KUB, bezeichnet das »Hope House« gar als eine der gewagtesten Aktionen bisher. Während in unserer Gesellschaft der Hausbau als fest eingemauertes Zeichen des Erwachsenseins von einer Generation an die nächste weitergegeben wird, nützt Fujiwara sein »Hope House« als Spielwiese für seine eigenen komplexen Gedankengänge.
Wer glaubt, hier in ein Werk einzutreten, das auf authentische Weise Geschichte abzubilden versucht, der irrt sich. Worum es Fujiwara geht, ist Versatzstücke seiner eigenen künstlerischen Gegenwart, einer allgemeinen Gegenwart und der Vergangenheit auf drei Stockwerken übereinander zu schichten. Den Rahmen dafür bildet die Kopie einer Kopie, denn Fujiwaras Installation versucht nicht das Haus der Anne Frank real zu reproduzieren, sondern die Amsterdamer Rekonstruktion zu rekonstruieren. Für jede bzw. jeden der BesucherInnen ist es daher ein Erstbezug des Hauses, schließlich sind deren Bezugspunkte genauso vielfältig und individuell wie sie selbst.
Neben einer Reproduktion des Bücherschranks der Familie Frank finden sich Kunstwerke Fujiwaras, aber auch alltägliche Gegenstände und Artefakte, wie ein Schreibtisch, Polster und über den Holzfußboden verstreutes Katzenfutter. Es ist nicht die authentische Erfahrung von Geschichte, welche die BesucherInnen hier erwartet, sondern eine Erfahrung, die sie sich selbst, durch ihren Besuch im Kunsthaus, erst aneignen und zusammenstückeln müssen. Und die sie dann, wie ein Souvenir, mit nach Hause nehmen können. Quasi ein Gegenentwurf zum beliebten Souvenir, das es im Anne Frank Haus in der Prinsengracht zu kaufen gibt – einem Bastelbausatz des Hauses, das dem Künstler ebenfalls als Modell für sein Projekt diente.
Verkaufte Unwahrheit
Ausgehend von seinen eigenen Erfahrungen im Anne Frank Haus und dem dort erhältlichen kleinen Bastelbausatz geht es Fujiwara auch um die Frage nach der Vermarktbarkeit von Geschichte und dem damit verbundenen Ausstellen des Kapitalismus. Gleichzeitig stellt er damit seine eigenen Kunstwerke und somit auch ein wenig sich selbst aus. Auf genau solche Widersprüche ist das »Hope House« gegründet und versucht damit erst gar nicht historischen Eindruck zu erzeugen, sondern konfrontiert die BesucherInnen mit der Unmöglichkeit, das vollkommen losgelöst von subjektiver Wahrnehmung und Vermarktungsstrategien zu tun. Am Ende werden sie sich irgendwo zwischen gefühlter Wahrheit und verkaufter Unwahrheit wiederfinden und mehr über sich selbst als über das Leben der Anne Frank erfahren haben.
Simon Fujiwara wurde 1982 in London geboren und wuchs in Japan, Europa und Afrika auf. Neben einer Vielzahl an Gruppenausstellungen hatte Fujiwara auch schon Einzelausstellungen in Toronto, Tokio, Düsseldorf, Dublin und Tel Aviv. Das »Hope House« kann noch bis 2. April 2018 im Kunsthaus Bregenz besucht werden.