Die Compilation »Tribu Ancestral« verbindet das kulturelle und spirituelle Erbe Südamerikas mit elektronischer Musik.
Südamerika mit seinen über 400 Millionen Einwohner*innen und seiner jahrtausendealten Geschichte bietet eine Menge kulturelle Anknüpfungspunkte und ist dadurch für Musiker*innen ein Quell kreativen Schaffens. Gerade Labels und Musiker*innen im Slow-House-Segment geht es nicht allein um Partys und den Dancefloor, sondern auch um Spiritualität, durch die sie sich Rituale, Mythen und Bräuche ihrer Altvorderen vergegenwärtigen und sie in einem modernen Kontext neu aufleben lassen. Das mag auf den ersten Blick etwas schwurbelig klingen, aber die Besinnung auf die (eigenen) Wurzeln kann auch eine kreative und inspirierende Perspektive in sich tragen.
Langsame Momentaufnahme
Unter diesem Blickwinkel ist die Compilation »Tribu Ancestral« – übersetzt in etwa »Tribut an die (lateinamerikanischen; Anm. d. Red.) Ahnen« – von Camel Riders Records aus Tel Aviv zu verstehen: Die 29 Tracks der digital erschienenen Compilation schlagen eine Brücke zwischen dem Erbe des lateinamerikanischen Kontinents und der heutigen elektronischen Musik. Hier treffen organisch-akustische Arrangements mit allerlei Dschungelgeräuschen auf elektronische Klangeffekte; so reichhaltig das kulturelle und ethnische Spektrum des Kontinents ist, so divers und bunt sind die Tracks dieser Compilation mit ihren Stimmungen und Klangfarben. Man kann »Tribu Ancestral« mit dem Großteil der Tracks zwischen 90 und 110 BPM auch als eine repräsentative Momentaufnahme der internationalen Slow-Szene sehen.
Künstler*innen aus 18 Ländern, teilweise mit südamerikanischen Wurzeln, haben Tracks zu der Compilation beigesteuert. Kuratiert wurde die Zusammenstellung der Tracks von David Madrid, einem in Tel Aviv lebenden Kolumbianer, der Teil des Camel-Riders-Records-Crew ist und vor den Corona-Beschränkungen auch Partyveranstalter war. Durch seinen Einblick in die lateinamerikanische Slow-Szene konnte er viele lokale Artists gewinnen – etwa Klik & Frik und Intiche aus Argentinien, Derrok und Rodrigo Gallardo aus Chile, Ibu Selva aus Brasilien oder Mente Orgánica aus Kolumbien.
Ein Linzer unterwegs in Lateinamerika
Erfreulicherweise ist bei »Tribu Ancestral« auch ein österreichischer Artist mit an Bord: Der Linzer Daniel Belezanski firmiert unter dem Künstlernamen Urucum, was die brasilianische Bezeichnung für den Annottastrauch ist. Belezanski hat sich schon lange vor der Compilation bei seinen Lateinamerikareisen von den dort einheimischen Stämmen, ihren Ritualen und Überlieferungen sowie ihrer Medizin inspirieren lassen. Sein Track »Buen Camino« ist vollgepackt mit Flöten, Handtrommeln und heiligen Gesängen, sodass man die tropische Waldatmosphäre förmlich spüren kann; die fette Bassdrum und elektronische Elemente vervollständigen den groovigen Track.
Neben anderen Compilations ist »Tribu Ancestral« ein gelungener und vor allem vielseitiger Beitrag zur Weiterentwicklung der Slow-Szene, die mit ihrer spirituellen Ader einen sonst in der Branche wenig verbreiteten, aber interessanten Weg geht.
Die Compilation »Tribu Ancestral« ist bei Camel Riders Records erschienen. Eine Ausgabe der Sendung »FM4 Swound Sound«, die »Tribu Ancestral« gewidmet ist, ist hier nachzuhören.