So war das Waves Vienna 2018

Das Lieblingsfestival hat wieder stattgefunden: Zeit, Leute wiederzusehen, und ganz viel Zeit, um die musikalischen Hypes der Bezugsquellen seiner Wahl gründlich zu überprüfen. Ein Erlebnisaufsatz.

Tag 3: Samstag

Der letzte Tag des Waves Vienna ist in der Regel immer etwas zäh: Die Fachsimpeleien mit den vermeintlichen Auskennern sind schon durch, die mit dem fortschreitenden Alter schwierig werdende Fähigkeit zum Durchfeiern oder gar Durchhalten kann nur mit Mate-Limonaden aufrechterhalten werden. Aber – und da steigen wir gleich mit einer der interessantesten Band der vielen des Abschlusstages ein, nämlich mit den Berlinern Theodor Shitstorm und ihrer ersten Nummer: »Das ist Rock ’n’ Roll«. Die Gruppe rund um den Filmemacher Dietrich Brüggemann – sein Twentysomething-»Kult«-Film »Drei Zimmer, Küche, Bad« lief sicher auch in deinem WG-Kino – und Songwriterin Desiree Klaeukens spielt nicht nur früh im Wuk Beisl, sondern später auch noch auf der Bühne in der Aula. »Eine Band ist ausgefallen und wir waren die billigste.«

Sir Tralala © Manuel Fronhofer

Auf der Open-Air-Stage spielen derweil Dives, die Darlings der heimischer Indie-Szene, zu einem viel zu frühen Zeitpunkt. Die gehören auf die große Bühne, spätabends. Der Schulhof der HLW Michelbeuern ist nämlich schon gut gefüllt, sowieso: Der Samstag zeigt noch einmal, dass sich das Waves Vienna auch 2018 keine Sorgen machen musste. Die Konzert-Locations waren teils zum Bersten gefüllt. Auch ins Clash – einen Fußweg mit Spazierbier für die eifrigsten Drangler – kommt man bei Listen To Leena nur mehr mit Engtanz. Auf die Songwriterin folgt das Highlight des Tages: Sir Tralala, dessen aktuelles Album »Echt gute böse Lieder« durch die Decke geht wie kaum ein zweites dieses Jahr. Glanzlichter von Dark Country, übersetzt ins Wienerische, leiwander kannst du nicht sein. Und es beginnt auch gut, gleich am Anfang werden die Ewigkeitshymnen »Der uroide Wanderer« und »Biachl« durchexerziert. Sir Tralala verzettelt sich danach ein bisschen im Geschwafel – trotz kräftigem Überzug spielt er gerade mal eine Handvoll Nummern –, die Leute stehen trotzdem am Merch-Stand Schlange.

Gewalt © Hannah Tögel

Schnell weiter – das Spazierbier wird zum Turbobier – und wieder zurück in die große Halle im Wuk, wo Patrick »The Original Swagner« Wagner mit seiner Gruppe Gewalt für – der muss sein – gewaltig viel Druck am Trommelfell sorgt. »Sehr laut, sehr geil«, sagen jene, die sich danach noch verständigen wollen und können. Wieder nur kurz abgebogen – es ist ein Festival der kurzen Wege, aber auch der vielen, weil vor allem der Samstag mehr Überschneidungen als zugewachsene Emo-Arme bietet: Die sehr gehypte Gruppe Culk lockt die Hype-Katalysatoren zur Deezer Stage. Und ganz ehrlich: Für Culk gilt es noch einiges nachzuschärfen, viele rauchen lieber draußen. Dort – auf der Open-Air-Stage – spielen zeitgleich die Salzburger Please Madame, die zwar – zugegeben – überraschenderweise äußerst dringlich und gut sind, aber noch ein bisschen ihre peinlichen Durchsagen samt schnödem Lokalkorit optimieren sollten. Vor Peinlichkeit gefeit ist dagegen Fabian Altstötter – bekannt und verehrt von der Gruppe Sizarr –, der mit seinem neuen Projekt Jungstötter dunklen Wave mit Dave-Gahan-Ausstrahlung spielt. Viele dürften das Projekt nicht kennen, die große Halle füllt sich aber schnell.

Neneh Cherry © Patrick Münnich

Während sich die letzten, zahlreich verbliebenden Gäste noch an den namhaften Main-Acts des Tages und Festivals – namentlich Neneh Cherry und Schönheitsfehler – delektieren, beginnt für viele das Nachhören: Bands, die entdeckt wurden, werden auf den digitalen Musik-Ramschläden nachverfolgt, ein Daumen nach oben beim Musikvideo, ein Folgen auf Instagram. Schließlich will man früh dran sein, wenn ein Ding das nächste große wird. Und dafür eignet sich das Waves Vienna nach wie vor: entdecken, stöbern und dranbleiben.

Das Festival Waves Vienna 2018 fand von 27. bis 29. September im und rund ums Wuk statt.

Disclaimer: Waves Vienna und The Gap sind seit Kurzem im selben Unternehmen zuhause. Wir achten bei unserer Berichterstattung natürlich dennoch auf Objektivität.

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