Spot on: Bahare Ruch

Für »Bussi, Baba« wurde Bahare Ruch 2020 mit dem YOUKI Austrian Award sponsored by KINO VOD CLUB ausgezeichnet. Im Interview erzählt sie von der Entstehung des Films und ihren Zukunftsplänen als Filmemacherin. Das internationale Jugend Medien Festival YOUKI findet dieses Jahr von 16. bis 20. November in Wels statt. Zusätzlich dazu gibt es die Filme aus dem internationalen Wettbewerbsprogramm auch im KINO VOD CLUB zu streamen. Die sechs Gewinnerfilme werden im Anschluss an das Festival ebenfalls im KINO VOD CLUB verfügbar sein.

© YOUKI — Bahare Ruch, Gewinnerin des YOUKI Austrian Awards sponsored by KINO VOD CLUB für ihren Film »Bussi, Baba«

Liebe Bahare, herzlichen Glückwunsch zum YOUKI Austrian Award für »Bussi, Baba«! Ein sehr persönlicher Film, den du für einen Kurs der European Film School in Dänemark gedreht hast. Hattest du die Geschichte schon lange in dir und nun das geeignete Ventil gefunden?

Bahare Ruch: Im European Film College, haben sie angekündigt, dass acht Dokumentationen gedreht werden können. Mir ist es dann aus dem nichts in den Kopf geschossen, da diese Geschichte ein riesiger Teil meines Lebens ist. Ich wusste genau, dass ich unbedingt diesen Film drehen will und wurde dann auch glücklicher­weise ausgewählt.

Was »Bussi, Baba« sehr nah und persönlich macht, ist der Zugang, den du gewählt hast. Es ist ein Film über ein misshandeltes Kind, es gibt eine eindeutige Antagonistin und doch wird weder deine noch ihre Perspektive erzählt. Könntest du uns deinen Zugang nach­voll­zieh­bar machen?

Ich hab seit Jahren keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter und ich wollte den auch nicht wieder aufbauen für einen Film. Da man nicht komplett gegen eine Person schießen sollte, die sich nicht wehren kann, hab ich mich dann auch entschieden, faktisch zu bleiben. Zusätzlich hab ich keinen Groll gegen sie und will auch niemanden verletzen. Mein Vater ist der Protagonist, obwohl man mich sieht und hört, ist er der wichtigste Bestandteil, deshalb hab ich meine Perspektive zurück­gehalten.

Wo holst du dir Inspiration? Gibt es Filmemacher*innen, die dich konkret beeinflussen?

Momentan hole ich mir meine Inspiration von Mamma Andersson, einer Künstlerin, die unglaublich bedacht und mit viel Bedeutung ihre Kunst kreiert. Anderweitig kommen mir oft Ideen, wenn ich Alltagsgespräche führe. Manchmal reicht dann auch nur ein Satz, der mich zu einer neuen Idee führt.

Bahare Ruch (geboren am 16. Jänner 1998 in Wien) ist eine österreichische Regisseurin, Kamerafrau und Beleuchterin. Sie besuchte die Filmschule Wien und absolvierte eine Ausbildung zur Creative-Video-Designerin. Seit 2019 in Dänemark, zuerst als Studentin, dann in beruflicher Mission am European Film College in Ebeltoft. Sie sorgte mit der 2020 veröffentlichten Dokumentation »Bussi, Baba« auf verschiedenen Filmfestivals für Furore. Im Juni 2021 übersiedelte sie nach Kopenhagen, sie engagiert sich dort bei einer namhaften Filmagentur. (Foto: YOUKI)

Du lebst derzeit in Dänemark, bist aber in Wien geboren. Weißt du schon, wo es dich als Filmemacherin hinziehen wird? Und in welche Richtung?

Zur Zeit fühlt es einfach richtig an, in Kopenhagen zu sein. Ich bleib hier sicher noch ein paar Jahre, bin aber nicht abgeneigt, für ein paar Monate in Österreich zu arbeiten. Am liebsten würde ich in die Regie, aber ich bin da sehr realistisch und weiß, dass das nicht von einem Tag auf den anderen passiert. Momentan bin ich als Kameraassistenz bei einer Netflix-Produktion engagiert und hab auch schon weitere Angebote für die Monate danach bekommen. Im Endeffekt schau ich einfach, was sich ergibt, und geh dem nach, was mich glück­lich macht.

Während »Bussi, Baba« derzeit seine Kreise im Festival-Zirkus zieht: Arbeitest du bereits an einem nächsten Projekt?

Yeeeees, und darauf freu ich mich auch schon. Es wird mein erster fiktionaler Kurzfilm, geschrieben von meinem Vater, Kristian Ruch. Mein Team und ich sind gerade in Vorproduktion für unseren Drehtermin im Januar/Februar. Also ganz, ganz bald gibt es dann wieder was von mir zu sehen!

Das internationale Jugend Medien Festival YOUKI findet dieses Jahr von 16. bis 20. November in Wels statt.

Bahares Lieblingsfilme im KINO VOD CLUB

»Gruber geht«
Manuel Rubey, was für ein unglaublich vielschichtiger Auftritt. Ein Film der für das Auge mit einer Leichtigkeit anzusehen ist, aber gleichzeitig der Gefühlswelt eine Heftigkeit entgegensetzt, dass einem das Schlucken schwerfällt. Das Leben eines »gestandenen« Pessimisten war noch nie interessanter zu verfolgen.

»Joy«
Es gibt Themen, die brodeln unter der Oberfläche und brennen doch unter den Fingernägeln. Für mich ist es immer schon wichtig gewesen, mit allen der Kunst zur Verfügung stehenden Mitteln auf Brennpunkte der Gesellschaft aufmerksam zu machen. Dieser Film ist nicht nur lehrreich, sondern hat auch einen dauerhaften Eindruck auf mich hinterlassen.

»Robolove«
Wird »Bauer sucht Frau« demnächst von »Mensch findet Roboter« als Sendeformat abgelöst? Ich konnte mich immer schon für neue Technologien, die das Leben erleichtern und interessanter gestalten, begeistern. Wie weit die Entwicklung und Komplexität von humanoiden Robotern bereits gediehen ist, hat bei mir die Kinnlade förmlich runterfallen lassen. Mit Popcorn-Pausen musste dem gegengesteuert werden.

»Safari«
Die Welt betrachtet durch ein Fadenkreuz. Tieren wird die Haut abgezogen, während die Zuschauer*innen mit Gänsehaut zu kämpfen haben. Ich bin komplett verliebt in Ulrich Seidls kompromisslose Art des Erzählens von Geschichten.

»Wilde Maus«
»Wilde Maus« ist mein absoluter Go-to-Film, wenn ich Wien ganz arg vermisse. Ein permanentes Auf und Ab auf der Hochschaubahn der Gefühle und Stimmungslagen. Ich bin mir immer noch nicht im Klaren, handelt es sich hier um eine Groteske oder um eine Komödie. Oder ist es einfach The Vienna Way of Life, also das Business as usual der Hauptstadt einer Kulturnation.

Diese und viele weitere Filme findet ihr unter www.vodclub.online.

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