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Eine Umfrage gibt Einblick in die Welt der Blogs Österreichs. Wir haben Tom Schaffer zum Interview gebeten um über die Umfrage zu reden.

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Tom Schaffer ist 30 Jahre alt und der Gründer des Blogs zurpolitik.com. Dort schreibt er seit 2006 hauptsächlich über Politik abseits der Mainstream-Medien. Außerdem arbeitet er beim Standard in der Sportredaktion und schreibt, unter anderem, für den Blog Ballverliebt über Fußball. 2013 hat er eine Umfrage zu österreichischen Blogger_innen veröffentlicht, an der 236 Menschen teilnahmen. Die aktuelle Umfrage, die er mit Petra Köstinger zum selben Thema gemacht hat, wurde heute montags veröffentlicht. Dabei kann man gut sehen, was sich in den letzten beiden Jahren in der Blogosphäre Österreichs verändert hat.

Habt ihr denn dieses Jahr eine 65-jährige bloggende Burgenländerin gefunden?

Haha, nein. Noch nicht. Aber wir hatten bei unserer Umfrage 2015 immerhin auch eine Burgenländerin zwischen 51 und 60 dabei!

Wie bist du persönlich zum Bloggen gekommen und wieso bloggst du?

Das ist fließend passiert. Ich habe schon als Jugendlicher in den 90er-Jahren im Web publiziert. Irgendwann ist das eben auf Blogs passiert. Ich tue es vor allem, weil ich Wissen oder Eindrücke teilen möchte, aber oft auch um Gegenargumente zu hören und dadurch klüger zu werden. Ich habe Spaß an den Debatten, die auf Beiträge hin entstehen.

Du bist 1985 geboren und hast 2006 zurpolitik gegründet, bist also schon länger dabei. Wie empfindest du die Veränderungen der letzten Jahre in der Blog-Landschaft Österreichs?

Ich kann nicht behaupten, dass ich eine Wahrnehmung von der ganzen Blog-Landschaft habe. Dafür ist sie einfach zu groß und gerade unsere Umfragen lassen mich immer wieder staunen, wie viele engagierte Blogger_innen es gibt, von denen ich keine Ahnung habe. Im eigenen Umfeld haben in den letzten Jahren leider viele Leute aufgehört zu bloggen und für Gelegenheitswortmeldungen nutzen sie immer öfter Facebook oder andere Medien. Auch der Ort der Debatten verlagert sich immer weiter weg von den Blogs hin in die "sozialen Netze". Das finde ich beides schade, weil ich unabhängiges Publishing im Netz für wichtig halte.

Wie viele Blogger_innen konntet ihr für die diesjährige Umfrage finden?

Diesmal waren 459 dabei. Damit sind wir enorm zufrieden. Es haben doppelt so viele Leute mitgemacht wie noch vor zwei Jahren.

Was sind die beliebtesten Themen bei österreichischen Blogs?

Ganz groß ist der Bereich "Persönliches", gefolgt von "Food" und "Reisen".

2013 waren 60% der Blogger_innen, die an der Umfrage teilnahmen, männlich. 39 Prozent gaben an weiblich und nur 1% transgender bzw. ohne Angabe zu sein. Hat sich das Verhältnis mittlerweile verändert?

Ja, wir haben diesmal wesentlich mehr Frauen (62%) erreicht. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen hat sich ziemlich genau umgedreht.

Nur 12% der Blogger_innen hatte 2013 weniger als ein Jahr Blog-Erfahrungen und 33% bloggen schon seit mehr als 5 Jahren. Wie sieht es bei der neuen Umfrage aus?

Der Anteil der Neulinge ist etwas gestiegen. Im Wesentlichen aber sind die Verhältnisse da gleich geblieben.

Auffallend bei der Umfrage 2013 war, dass mehr als die Hälfte alle Blogger_innen in Wien leben. Im Burgenland beispielsweise nur 1%. Was denkst du wieso das so ist und wie unterscheiden sich die Themen der Blogger_innen aus Wien zu denen außerhalb Wiens?

Abgesehen davon, dass Wien natürlich größer ist, leben hier auch viel mehr Student_innen und Akademiker_innen. Unsere Umfragen haben gezeigt, dass in Österreich Menschen mit höherem Bildungsgrad viel häufiger bloggen. Wie und ob sich die Themen regional unterscheiden, haben wir nicht untersucht. Diesmal war übrigens weniger als die Hälfte aus Wien.

Schon länger sind Blogs zu einem richtigen Geschäftsmodell geworden. Unternehmen haben Blogs schon lange entdeckt und nutzen diese für Werbung. 2013 gaben 50% an mit Unternehmen arbeiten zu wollen und 50%, dass sie das nicht machen wollen. Wie sieht es 2015 aus und was haltest du von diesem Geschäftsmodell?

Das hat ja noch nichts mit einem Geschäftsmodell zu tun. Das tatsächliche "Geschäftsmodell", sofern man in den gegebenen Größenordnungen davon sprechen kann, baut wie ziemlich überall im Web auf Werbung oder Partner_innen-Programmen auf – oder darauf, sich mit dem Blog einen guten Ruf zu erarbeiten, der zu Auftragsarbeit führt.

In der 2015er-Umfrage geben 4 von 5 Blogger_innen an, mit Unternehmen kooperieren zu wollen. Das bedeutet zum Beispiel, dass man Testmuster erhält oder auf Events eingeladen wird – etwa um von einer Modewoche, einem Parteitag oder einer Tech-Messe zu berichten. Vieles davon macht die Berichterstattung überhaupt erst möglich und dagegen ist prinzipiell wenig einzuwenden. Es sollte aber transparent gehandhabt werden. In dem Moment, wo Geld für Berichterstattung fließt, ist es natürlich problematisch. Persönlich ist Sponsored Content für mich ein No-Go. Auch die Mehrheit der Umfrageteilnehmer_innen lehnt das klar ab, und fast alle, die es doch tun, kennzeichnen diese Inhalte.

Ergebnisse der Studie zu Österreichs Blogger_innen finden sich auf www.zurpolitik.com. Mehr zum Thema Blogs in Österreich gibt es bei der Veranstaltung twenty.twenty: Blogosphere 2020 am 07.10.2015 um 18:30 Uhr im Impact Hub Vienna.

Bild(er) © 2: zurpolitik
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