Jogi Neufeld erweitert seine Vortragsreihe im Wiener Subotron um Wirtschafts- und Ausbildungsthemen. Uns erzählt er von seinen Erfahrungen und Erwartungen.
Du hast im heurigen Herbst deine Lecture-Reihe umgestellt. Was war der Grund und was ist neu?
Die Vortragsreihe wurde nicht umgestellt, sondern erweitert. Die seit 2005 existierende Vortragsreihe "Subotron electric meetings" zur Theorie von Computerspielen wird wie gehabt weitergeführt. Der dortige Fokus auf wissenschaftliche, künstlerische und soziale Themen wird aber seit September durch die neue wöchentliche Reihe "Subotron pro games" ergänzt, die rein wirtschaftliche, praxisbezogene Inhalte vermittelt und die lokale Branche und Akademie sicht- und erlebbar machen will. Viele Gespräche mit Vertretern von Spieleentwicklern und Ausbildungsstätten haben gezeigt, dass akut elementares Know How über die Spieleindustrie, sowie Networking-Möglichkeiten fehlen. Welche Arbeitsfelder gibt es, wo und wie kann ich mich ausbilden lassen, welche Firmen machen wie welche Produkte, was brauche ich um selbst Teil der kreativen Industrie zu werden? Mit Unterstützung der Wirtschaftskammer Wien stellen österreichische Spielefirmen und Ausbildungsstätten detailliert ihr Werken und Wirken vor. Ergänzt werden diese Schienen durch Vorträge internationaler Keyplayer, die die globalen Zusammenhänge erklären und diskutieren.
Hat sich für dich durch das neue Format eine neue Zielgruppe ergeben?
Grundsätzlich ist das Ziel bei beiden Vortragsreihen das gleiche, nämlich digitale Spiele als Kulturgut zu etablieren. Die Theorieschiene will den wissenschaftlichen und künstlerischen Diskurs fördern und mitgestalten, dementsprechend finden sich im Publikum Studenten mit Interesse an interdisziplinärem Austausch und je nach Themenkreis interessiertes Fachpublikum. "Pro games" hat durch die praxisbezogene Ausrichtung eine klarer definierte Zielgruppe, nämlich Auszubildende, potenzielle Selbständige, Unternehmer und nicht zuletzt Vertreter von Medien und Politik. Und diese Gruppen füllen den Raum D im quartier21 bisher jede Woche bis auf den letzten Platz und beteiligen sich engagiert an den Diskussionen.
Games sind ganz klar ein Wirtschaftsfaktor. Im Handel ist dies einfach nachzuvollziehen. Überall anders (Ausbildung, StartUps, …) sind die Zusammenhänge komplexer. Was können Lectures hier vermitteln oder was soll vermittelt werden?
Das globale Umsatzwettrennen mit der Filmindustrie ist inzwischen jährliches Ritual und klassischer Aufhänger medialer Rezeption von Games. Abseits davon machen erst Veröffentlichungen wie der Kreativwirtschaftsbericht der Wirtschaftskammer Wien bewusst, dass es auch bei uns vergleichbare Zahlen gibt. Wenn bei unseren Vorträgen CEOs von international erfolgreichen Developern wie Sproing oder Greentube ihre langjährigen Erfahrungen und Einschätzungen des Zukunftsmarktes teilen oder EPUs und KMUs Einblicke in Werdegang und Herausforderungen geben, inspirieren sie Jungunternehmer, erleichtern den Einstieg in die Branche und befruchten die lokalen creative industries. Und wenn man von den Erfolgsquoten der Vermittlung von bestens ausgebildeten Fachkräften der Schulen und Unis an die lokale und internationale Branche hört, ermutigt das umso mehr, ebenfalls mitzuspielen.
Du hast mit deinem Shop und den von dir veranstalteten Abenden eine Vermittler-Rolle eingenommen. Was sind deine Erfahrungen damit?
Dass digitale Spiele in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, kann ich noch nicht bestätigen. Dazu gibt es sowohl im Tagesgeschäft im Shop im Museumsquartier mit Laufpublikum aus aller Welt als auch bei professionellen Kontakten noch zu viele einschlägige Ressentiments. Dass die Kreativabteilung der Wirtschaftskammer oder Förderstellen wie departure und ZIT seit einigen Jahren das Potenzial der Branche erkennen und dementsprechend fördern zeigt, dass es auch hier wie in allen anderen Kulturformen davor Entscheidungsträger mit empirischem Wissen braucht, damit eine Etablierung jenseits des magic circle eintreten kann. Aber da hat sich seit wir vor 7 Jahren angefangen haben, sehr viel entwickelt und die Zukunft sieht so hell aus, dass wir schon mal unsere virtuellen Brillen aufsetzen.
Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Wissenschaft und Community bereits und was kann noch verbessert werden?
Ausbildungsstätten arbeiten immer mehr auch jenseits der angesprochenen Bereitstellung von international konkurrenzfähigen Mitarbeitern mit der Industrie zusammen. Es wird zusammen geforscht und entwickelt. Ein weiterführendes Verständnis für Zusammenhänge jenseits wirtschaftlicher Interessen im Bezug auf die Wissenschaften findet man im Vergleich zu Deutschland, Holland oder Skandinavien allerdings kaum. Hier wollen wir mit unserem niederschwelligen Angebot in bester Super Mario-Tradition über Vorurteils-Blöcke jumpen und dem gemeinsamen Ziel-Schloss entgegen runnen. Und natürlich die Prinzessin befreien!
Alle Termine unter subotron.com/pro-games.
Subotron
MuseumsQuartier
quartier21 / electric avenue
Museumsplatz 1
1070 Vienna / Austria
Bild Heribert Corn