Politische Richtungen erkennt man nicht nur an ihren Inhalten. Politik hat immer auch eine visuelle Ebene. Auch rechte Politik. Wie sieht sie aus?
Rechte Schriftfolklore
Und wie sieht es mit den neuen Rechten von heute aus? Anders. Die Neue Rechte heißt schließlich nicht ohne Grund neu. Doch es gibt Traditionslinien, die weit zurückreichen. Nicht nur ideell, sondern auch gestalterisch. Das sind die Klassiker: gebrochene Schrift, also Frakturschrift, zum Beispiel. Die findet man im rechten Spektrum bis heute überall, weil viele Rechte sie so schön deutsch finden. Fast jede Burschenschaft hat Logos, Embleme, Signets in Frakturschrift, genau wie jede Rechtsrockband oder jeder Neonazi-Club. Allerdings wäre es falsch zu behaupten, Frakturschriften wären eine Erfindung der Nazis. Die gebrochenen Schriftarten gelten als besonders deutsch, seit die Lutherbibel im Font Schwabacher gedruckt wurde. Das war 1534 – und als eine ganze Weile später, im 18. Jahrhundert, lateinische Schrift im Trend lag, warnte Goethes Mutter ihren Sohn 1794 vor »so fatalen lateinischen Lettern« um ihn zu bitten: »Bleib deutsch, auch in den Buchstaben.« Bis heute bleiben viele Rechte deutsch, ganz im Sinne von Goethes Mutter, wenn es um Tattoos oder die Aufdrucke von T-Shirts und Flyern geht. Das ist rechte Folklore, die insbesondere dort zelebriert wird, wo Rechte unter ihresgleichen sind. Auf der Website der Wiener Burschenschaft Olympia zum Beispiel markiert der Font Potsdam den »rechten Weg«. Diese Schriftart wurde von Robert Golpon 1934 in Deutschland entwickelt und zählt zur Gruppe der gebrochenenen Grotesk-Schriftarten. Von Grafikern werden die polemisch auch als »Schaftstiefelgrotesk« bezeichnet. Sie sind typisch für das Grafikdesign im Dritten Reich. Andere vergleichbare Fonts, die in den 30er Jahren entstanden, tragen Namen wie Tannenberg, National, Großdeutsch oder Staufia.
Mit dem politischen Alltag von heute hat das wenig zu tun. Wo rechte Messages breite Massen auch außerhalb des ureigenen Spektrums erreichen sollen, kommen sie visuell anders daher.
Die rechten Parteien von heute pumpen ständig an ihrer ganz eigenen Medienblase. Zu ihrer Strategie gehört es, zwischen den »Systemmedien« mit ihrer »Lügenpresse« und den Sprachrohren der eigenen, angeblich objektiven »Wahrheit« zu unterscheiden. Gleichzeitig ist es ihr Ziel, ihre Themen, Inhalte und Positionen immer weiter in den Mainstream eben dieser angeblichen Systemmedien zu tragen – möglichst unauffällig. Das gelingt, indem sie sich entsprechend gewohnter Konventionen in Diskurse einschleichen. Staatstragend, höflich und seriös im Auftreten – hart bis extremistisch in der Sache. Man kann darin eine Doppelstrategie sehen: auf der einen Seite die Unterwanderung des Diskurses, den man gleichzeitig ablehnt. Und auf der anderen Seite das gezielte Aufbauen eines Medien-Umfelds als Plattform für den alternativen, parallelen, eigenen Diskurs. Gilt diese Doppelstrategie auch für die visuelle Ebene rechter Kommunikation? Der renommierte Informationsdesigner Markus Hanzer sieht das so. »Die Rechten lehnen sich sehr stark an den Mainstream an«, stellt er fest. Und dafür gibt es auch ganz konkrete Beispiele. »Als ich in den 90er Jahren das Re-Design des ORF zusammen mit dem Designer Neville Brody gestaltet habe, hat die FPÖ unter Jörg Haider versucht, sich an diese neue Sprache, mitunter mit der direkten Kopie einzelner Elemente, anzulehnen.« Damals übernahm die Freiheitliche Partei einfach die Schriftarten, die auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwendet wurden. Dass rechte Parteien sich in ihrer visuellen Erscheinung an gewohnte und simple Muster annähern, beobachtet Hanzer seither immer wieder: »Jene, denen die Welt als zu komplex erscheint, lieben eine Reduktion auf möglichst simplifizierte Aussagen. Der Grundtrick rechter Populisten besteht ja in der extremen Vereinfachung vielschichtiger Problemstellungen. Populisten kommen diesem Bedürfnis nach Klarheit entgegen. Sie verwenden klare Signalfarben, schnörkellose Groteskschriften, simple Logos. Das Design baut auf bekannte und populäre Gestaltungsmuster wie Baumarkt oder Bild-Zeitung auf.«
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