Wie eine Roboterpsychologin, Artificial-Intelligence-ExpertInnen und Medienkunst-Zampanos die Auswirkungen des technologischen Wandels auf unseren Alltag sehen, erfahrt ihr beim Symposium »Digitale Transformationen« – am 29. November an der Angewandten.
Eine Kultur der Körperlosigkeit
Medienkünstler Niki Passath unterrichtet an der Universität für angewandte Kunst und beschäftigt sich in seiner Arbeit mit der Beziehung zwischen Mensch, Maschine und deren Umgebung. Ein Interview über eine Welt, in der der Mensch nicht mehr arbeiten muss, die Angst vor diesem Szenario und darüber, wie es eigentlich mit den Gefühlen von Robotern aussieht.
In deiner künstlerischen Arbeit setzt du dich mit der Interaktion zwischen Mensch und Maschine auseinander, wobei der Mensch noch eindeutig die steuernde Funktion hat oder zumindest durch sein Verhalten vorgibt, wie die Maschine agiert. Können Maschinen künstlerisches Schaffen verändern oder sind sie als solche nur ein intelligenteres Werkzeug als etwa Pinsel oder Schweißgerät?
In meiner Jugend habe ich mich sehr intensiv mit klassischer Musik auseinandergesetzt. Ich lernte sehr früh, das Violoncello zu spielen und dabei Klänge in Interaktion mit dem Instrument zu erzeugen. Auch hierbei ist das Musikinstrument wie ein Werkzeug verstehbar, allerdings eines, welches mit Gefühlen benützt wird, wobei diese Verwendung auch anders genannt wird – Spielen. Solche Maschinen, Instrumente, Werkzeuge versuche ich in meinem künstlerischen Schaffen zu erzeugen. Bei der Benutzung entstehen dann unterschiedliche Formen von Spuren, die diese symbiotische Beziehung aufzeichnen.
Werden Roboter in Zukunft eigenständig Kunst erschaffen, der ein autonomer kreativer Prozess zugrunde liegt?
Das hängt immer davon ab, was man unter autonomen kreativen Prozessen versteht. Oft verändert sich die Definition eines Begriffs über die Zeit, auf dass ein Ziel scheinbar erreicht wird, aber irgendwie auch nicht. Wie programmiert man etwas, das eigentlich noch total unklar ist?
Bei einem deiner Projekte hast du das Publikum ein ferngesteuertes Fahrzeug verschrotten lassen – eine durchaus lustvolle Erfahrung. Werden auch Roboter eigene Lust bzw. Gefühle entwickeln bzw. den Aspekt der Lust verstehen lernen und als relevant für ihre Handlungen erachten?
Es ist immer sehr schwer nachzuvollziehen, wie ein anderer Mensch empfindet. Wenn es beispielsweise darum geht, wie sich ein Fisch fühlt oder was diesen Lust empfinden lässt, ist und das schon schwer oder gar nicht möglich. Wenn sich so etwas wie Emotionalität selbstständig bei künstlichen Intelligenzen entwickeln würde, würden wir das wahrscheinlich gar nicht bemerken, da eine dabei entstehende Kultur – wenn man so will – ganz andere Voraussetzungen hätte. Körperlosigkeit beispielsweise.
Je lebensechter ein Humanoid, desto weniger wohl fühlen sich die Menschen mit ihm – man nennt das auch den Uncanny-Valley-Effekt. Bleibt der Roboter für immer vom Menschen unterscheidbar oder wird es irgendwann Tests brauchen, wie in »Blade Runner«, um Mensch und Maschine noch voneinander unterscheiden zu können?
Wie auch im Film, bei James Camerons »Avatar«, ist der Uncanny-Valley-Effekt dann vorbei, wenn ein totaler Realismus erreicht wurde. Wie sinnvoll ist es, wenn wir bei dieser Menge an Menschen Roboter bauen, die wie Menschen anmuten?
Ist es deiner Einschätzung nach plausibel, dass sich eine künstliche Intelligenz entwickelt, die so lernfähig wird, dass sie den Menschen nicht mehr braucht? Können wir Robotern soweit vertrauen, dass sie uns dann nicht als überflüssigen oder gar schädlichen Umweltfaktor entsorgen?
Ich denke, dass sich der Mensch manchmal selber für viel zu wichtig hält. Selbst wenn sich eine Maschinenintelligenz, die zu dem fähig wäre, entwickeln würde – was würden diese die Belange des Menschen interessieren? Natürlich tendiert der Mensch dazu, technische Entwicklungen in erster Linie für militärische Zwecke zu nutzen, und wenn dann autonome künstlich-intelligente Waffensysteme einen Defekt haben, könnte das schon zu Problemen führen. Wie intelligent ist es auch darüber nachzudenken, autonome künstlich-intelligente Waffensysteme zu entwickeln?
Etwas absehbarer: Autonome Fahrzeuge müssen im Extremfall die Entscheidung treffen, entweder eine/n FußgängerIn oder ihre Passagiere zu schützen. Kann eine Gesellschaft eine solche Entscheidung an einen Algorithmus auslagern? Wer steht im Fall des Unfalls in der Verantwortung?
Es ist sehr schwierig einen Algorithmus zu definieren, wenn es auch für uns Menschen eine intuitive Beantwortung der Frage, wer welche Überlebenspriorität haben soll, ist. Meiner Ansicht nach muss einiges, was bisher noch nicht ganz genau definiert ist, definiert werden. Unangenehme Fragen müssen gestellt und beantwortet werden – wie eben, welches Leben erhaltenswerter ist als anderes. Wenn wir eine Maschine die Verantwortung übernehmen lassen wollen, müssen diese Fragen vorher geklärt werden. Natürlich ist es auch möglich, dass vorerst die AuftraggeberIn der autonomen Fahrt die Verantwortung übernehmen muss.
Roboter und autonome Maschinen werden von den Menschen einerseits als Bedrohung (sie gefährden Jobs, lösen den Menschen ab, sammeln Daten, …) erachtet, andererseits aber auch als große Chance und Möglichkeit der ständigen Weiterentwicklung. Wo kann bzw. soll hier die Gesellschaft ansetzen, um sich von einer Art »sozialen Akzeptanz« für (autonome) Maschinen hin zu einer Symbiose zwischen Mensch und Maschine zu bewegen?
Robotermaschinen wie 3D-Drucker, die die Möglichkeit bieten etwas zu realisieren, etwas aus dem Digitalen ins Reale zu transferieren – und wenn es nur ist, frei verfügbare Systeme, die von anderen erfunden und benutzbar gemacht wurden, selbst zu verwenden –, sind ein guter Anfang. Solche individuell benutzten Maschinen erzeugen natürlich nicht die gleiche Angst wie vollautomatische Roboterfabriken, in der Roboter – da die bestehende Fabrik nur adaptiert wird – die gleichen Funktionen wie Menschen ausüben. Wirtschaftliches Interesse ist es natürlich, den Menschen aus den Herstellungsprozessen herauszunehmen. Das kostet viel weniger. In einer Welt, in der zu viele Menschen sich nur über ihre Arbeit definieren, ist diese eigentlich erträumte Freiheit von der Arbeit plötzlich eine Angst und der Roboter zum Feindbild geworden. Auch hier muss die Frage ernsthaft gestellt werden, wie Leben in einer Welt aussehen kann, in der nur mehr wenige Menschen arbeiten müssen.
Das Symposium »Digitale Transformationen – Gesellschaft, Bildung und Arbeit im Umbruch« findet am Donnerstag, den 29. November, von 11 bis 17 Uhr an der Universität für angewandte Kunst, im Veranstaltungszentrum Vordere Zollamtsstraße 7 in Wien, statt.