Das Geschlechtergefälle in elektronischer Musik ist nicht anders als in anderen Bereichen der Gesellschaft. DJ Ravissa sich die Szene im Interview ambivalent.
DJ Ravissa kennt jeder, der sich schon beim Addiction – eine 2006 initiierte Clubreihe, bei der sie seit letztem Jahr Alleinverantwortliche ist – die Füße müde getanzt hat. Schon als Kind hat sie Mixtapes zusammengebastelt um ihre eigene Selection abspielen zu können. Auf die ersten Auftritte in Bars während sie die Graphische absolvierte und sich nebenbei mit Fotografieren Geld verdiente, folgte ihr Auftritt am allerersten Female:Pressure als DJ Ravissa, deren Style sich über treibende Techno Grooves, viel Chicago, Detroit Sound und minimalistische Electro Beats definiert.
Mit deinem Auftritt am Female:pressure 1997 hast du dich etabliert. Wie war die Zeit damals für dich?
Ich hatte schon auf einigen Veranstaltungen aufgelegt und war daher schon etwas routinierter. Ich spielte am allerersten Female:Pressure-Event in Wien mit Electric Indigo und Miss Kittin im Flex. Mit meinen mixtechnischen Können und meiner Selection habe ich anscheinend einige Leute beeindruckt – zumindest wurde mir das später immer wieder erzählt –, auch die Party-Crowd merkte sich meinen Namen schnell. Ich war in unterschiedlichen Szenen unterwegs. Mir gefielen die undergroundigen Techno Clubs, die illegalen Soundsystem Parties, aber auch die kommerzielleren House-Events und Raves.
Wie bist du zum Produzieren gekommen und wie hat sich das bisher gestaltet?
Anfangs habe ich mit einem Roland-Sampler Beats programmiert, lernte mit Softwaresequenzern umzugehen und interessierte mich für digitale Studio-Ton-Technik. Ab 2003 begann ich Sound zu produzieren, es gab einige kleine Releases, Livegigs und Aufträge für Soundtracks für verschiedene Projekte u.a. für Fashionshows.
Du gibst auch Workshops – wie gestaltest du diese? Was bewegt dich dazu diese abzuhalten und warum sind diese wichtig?
Meine ersten DJ-Workshops mit Turntables habe ich für Jugendliche abgehalten, weil Auflegen eine sinnvollere Beschäftigung ist als bspw. diverse Computer-Games. Später habe ich auch Workshops mit Software gemacht, mit der man spielerisch Techniken für die Soundproduktion erlernen kann.
Wie schätzt du die Situation der weiblichen DJs in Österreich ein? Kann das Geschlechtergefälle in elektronischer Musik überwunden werden?
Warum sollte das in der elektronischen Musik eher passieren als in anderen Bereichen, in denen es ein Ungleichgewicht der Geschlechter gibt? Für die weiblichen DJs ist es in Österreich nicht viel anders als für die männliche Konkurrenz. Als weiblicher DJ sticht man sicher noch eher aus der DJ-Masse hervor. Die spezielle, österreichische „Freunderlwirtschaft“ ist, was wenig hilfreich ist, wenn es bei den DJs mehr Angebot als Nachfrage gibt.
Woran liegt es deiner Meinung nach, dass Frauen nach wie vor eher im Abseits agieren?
An veralteten gesellschaftlichen Strukturen, Erziehung, etc. Eine große Rolle spielt es sicher auch, dass sich weniger Frauen in Positionen befinden, in denen sie maßgebend das DJ Business mitbestimmen. Zusätzlich vielleicht noch, weil Frauen seltener "ihre Berufung" als DJ zugleich auch als eine große Aufgabe in ihren Leben ansehen und von ihnen mehr verlangt wird als "nur erfolgreich" zu sein.
Ist Optik wichtig? Müssen weibliche DJs sich bewusster ein Image aufbauen, um ihre Fähigkeiten als DJ zu unterstreichen?
Da gibt es doch kaum Unterschiede zu den männlichen DJs. Gutes Aussehen, ausgefallener Style und auch eine Marke zu sein, hat bei DJs nichts mit dem Geschlecht zu tun.
Waren und sind Unterschiede zu anderen und männlichen DJs für dich je spürbar gewesen, bspw. in Bezahlung, Buchung etc.?
So etwa bis 2005 gab es wesentlich weniger DJs und das half natürlich bei Gagen Verhandlungen. Wenn es gerade in ist, Frauen aufs Line-up zu schreiben, dann wirkt sich das natürlich positiv auf die Bookings aus.
Wenn es mehr in die Richtung geht: „Wir suchen da noch nach weiblichen DJs für den zweiten Floor und wir haben gehört, dass du auflegst, und wir dachten es wär mal cool weibliche DJs dabei zu haben…“, sowas geht dann natürlich in die falsche Richtung, und solche Anfragen sind oft noch dazu schlecht bis gar nicht bezahlt.
Wie sieht dein Alltag neben dem DJ-ing aus?
Zurzeit sind es unterschiedliche prekäre Arbeitsverhältnisse. Ich bin selbstständig und freier Dienstnehmer.
Was bringt die Zukunft? Was ist geplant? Wo willst du hin?
Ich möchte mich wieder selbst produktiver mit Musik beschäftigen, produzieren würde mich auch wieder reizen. Die letzten Jahre war ich mit der addiction Event-Organisation ziemlich ausgelastet und hatte kaum Zeit für meine persönlichen Ambitionen.
Termine, News und neue Tracks:
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