Die fantastische Serie »Top Of The Lake« verbindet die Krimihandlung mit viel Gesellschafts- und Milieuzeichnung – im Zentrum steht die Balance von Drama und Witz, das Aufeinander treffen von Macho-Vergangenheit und matriachaler Utopie. Ab 7. November auf Arte.
Jane Campion hat als Autorin und Regisseurin eines der Serien-Highlights 2013 geschaffen. Produziert unter anderem von BBC und Sundance Channel (»Rectify«) geht Campion in den sechs Folgen bei aller Qualität und Ruhe erzählerisch in die Vollen: Die Krimihandlung bleibt im Hintergund und die erste Leiche interessiert eigentlich niemanden – dafür dürfen sich prototypische Modelle von Macho-Tradition und matriachale Utopie in jedem Sinn aneinander reiben.
Peter Mullan (»Tyrannosaur«) spielt gewohnt ganze Szenen beherrschend Matt Mitcham, einen nicht mehr ganz so jungen Kriminellen, der mit seinen Söhnen die Gegend im Neuseeländischen Hinterland kontrolliert. Die anderen Bewohner kuschen vor seiner Macht, die sie unter anderem mit Jobs versorgt. Es ist seine 12-jährige halbasiatische, schwangere Tochter, die nach einem Selbstmordversuch verschwindet. Ihr Verschwinden und ihre Schwangerschaft sind die Geheimnisse die Polizistin Robin (Elisabeth Moss aus »Mad Men«) aufzulösen versucht. Dabei muss sie sich auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen – ihr ist als Teenager in der Gegend einiges widerfahren, woraufhin sie weggezogen ist.
Witzige Klischees
Matts brutalem Machtgehabe stellt Campion das »Paradies« entgegen. Ein Auffangbecken für Frauen, die aus ihrem Leben und oft vor den sie schlecht behandelnden Männern, in das Container-Dorf flüchten. Eine matriachale Utopie in der Holly Hunter die Chefin gibt, die dann doch immer wieder auch nicht helfen will und kann. Und eine Utopie, in der die Frauen, dann doch immer wieder sich aufopfernd um praktisch alle anderen kümmern. Durchaus Humor beweist Campion hier auch im Spiel mit den ebenso bösen wie blöden Klischees: So wie der ultimative Mann Matt natürlich mitunter Probleme mit Nähe und seiner Potenz hat, stehen die Frauen im »Paradies« letztlich doch auf Schwänze, »am liebsten überdurchschnittlich große«.
Campion nutzt die Szenerie – sie könnte ihre Geschichte so nie in einer Großstadt unter hippen Mittdreißigern erzählen – und schafft dabei Intensität in der Rohheit der Welten die sie aufeinander prallen lässt. Gleichzeitig schreckt sie nicht davor zurück, den absurden Bildern und Szenen ihre humorvollen Seiten abzugewinnen. »Top Of The Lake« begeistert nicht nur erzähltechnisch, sondern auch technisch. Kameramann Adam Arkapaw wurde dafür bei den Emmys ausgezeichnet. 1993 hat Jane Campion übrigens als Autorin von »Das Piano« (auch mit Holly Hunter) einen Oscar gewonnen. So wie die damals sehr junge Anna Paquin (die Dankesrede) – heute vor allem bekannt als Sookie Stackhouse in »True Blood«.
Gar nicht witzige Klischees
Trotz einiger schöner Wendungen entgleitet die Krimihandlung selbst »Top Of The Lake« zwischendurch und die Auflösung ist dann eigentlich beinahe einfallslos – auch wenn dies dem Setting und vielleicht einem Realitätssinn geschuldet ist. Und die Klischees hier ganz und gar nicht witzig sind. Aber darum ging es wie gesagt auch in den sechs Stunden davor nur zum Teil.
»Top Of The Lake« ist am 7. und 14. November in zwei Dreier-Blöcken auf Arte zu sehen. Am 15. November erscheinen DVD und Blu-Ray bei BBC / Polyband.