Up All Night To Get Floppy

Floppys sind mehr als nur Maschinen, hin und wieder spucken sie auch sowas wie elektronische Musik aus. Sie sind die Kesha unter den EDV-Geräten. Nur ohne Glitter.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Die Kleineren kennen es wohl als 3D-Modell des Save-Buttons, und wenn ihr euch noch an die echte Diskette erinnert, dann seid ihr jetzt offiziell in der Phase eures Lebens angekommen, in der ihr echt verdammt alt seid und einen Satz völlig legitim mit "Damals, zu meiner Zeit" einleiten dürft.

Vermissen dürfte man die alten Kunststoffscheiben wohl nicht. Rückblickend betrachtet fragt man sich sogar, was man mit den Dingern eigentlich gemacht hat. Maximale Speicherkapazität: 1,44 MB. Ein MP3 speichern geht sich nicht aus. Gegen einen 64 GB starken USB-Stick kackt eine Diskette einfach ein bisschen ab. Bis auf einen kleinen Markt für ältere Synthesizer und Sampler, die noch MIDI verwenden, ist die Floppy Disk und ihr zugehöriges Laufwerk also quasi ausgestorben. Doch fürchtet euch nicht, natürlich hat sich jemand gefunden der einen klangvollen Nutzen im Unnützen entdeckte.

Roboter-Furze

Musik wird heutzutage aus jedem Scheiß gemacht. Aus Müll, Paris Hilton und manchmal auch aus Gemüse. Das Vegetable Orchestra aus Wien bietet als Zugabe sogar Suppe aus den benutzten Instrumenten an. Lecker. Im Fall von Floppy Music wird zwar keine Suppe serviert, dafür ist das Hörerlebnis umso skurriler. Benötigt werden nicht mehr brauchbare Diskettenlaufwerke und ein gewisses Ausmaß an technischem Know-how, das aufgrund von mangelndem Verständnis an dieser Stelle leider nicht weiter ausgeführt werden kann. Es geht auf jeden Fall um irgendwelche Arduinos, Digital Pins und Leseköpfe, so viel sei verraten. Mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit braucht man außerdem noch unfassbar viel Freizeit.

Die Ergebnisse klingen beim ersten Hören so herrlich schräg nach Roboter-Furzen, dass man sich erst mal beim Grinsen erwischt. Zig YoutubeKanäle, die sich ausschließlich mit der hohen Kunst der Floppy Music befassen, posten tagtäglich neue Arrangements und erreichen damit eine immer höher werdende Zuschauer-Zahl. Manchmal werden die Laufwerke auch mit LEDs veredelt, was natürlich nochmal extra funky aussieht.

Floppy im Club

Es geht von 80er-Gold wie Soft Cell über Gegenwärtiges à la Gotye bis hin zum Imperial March aus Star Wars (der aber auch auf einer Bananenschale gespielt werden könnte, er würde immer noch großartig klingen). Prinzipiell könnte man demnach alles floppysieren. Sogar Haddaway. Das ertönt dann mal mehr, mal weniger gut. Am meisten Sinn ergibt das Gebrumme allerdings in Form von Daft Punk-Tracks wie "Aerodynamic". Vermutlich weil man sich nun insgeheim an die Vorstellung klammert, Daft Punks Studiosessions würden einzig und allein aus zwei behelmten Volltrotteln und ein paar Floppy Laufwerken bestehen.

Als Popmusikliebhaber fühlt man sich zwischendurch erinnert an diese sperrigen Elektro-Sounds, die auf dem doofen Lady Gaga-Album so ausgeschlachtet wurden und dort wahrscheinlich irgendwie progressiv wirken sollten, aber halt einfach nur fad waren. Sowieso erschleicht sich einem der Gedanke, Floppy Music wäre längst nicht mehr so speziell wie zuerst angenommen, bloß hat das noch niemand so richtig mitbekommen. Gab es ähnliche Klänge nicht auch schon in jedem zweiten Zedd-Remix von vor drei Jahren? Ist Floppy Music nicht nur längst im Club meiner Wahl angekommen, sondern hat ihn auch schon wieder unbemerkt verlassen?

Vielleicht war das tatsächlich ein Trend, den man nicht bewusst wahrgenommen hat, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Youtube-Videos übertrieben gut sind, ein Riesenaufwand dahinter steckt und die User, die sie erstellen, entweder totale Nerds oder supercool sind. Ich glaube ja Letzteres.

Bild(er) © mcatoy / Youtube
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...