Verbindung wird hergestellt – Susanna Flock »Unmatched Signals«

Was hat Dating im 21. Jahrhundert mit dem Open-World-Videospiel »Star Citizen« zu tun? Eine ganze Menge, weiß Susanna Flock.

© Susanna Flock »Unmatched Signals«, 2025; Videostill: Susanna Flock / Cloud Imperium Games (»Star Citizen«)

Ein großer bis überwältigender Teil aller Liebesbeziehungen – je nach Statistik – beginnt heutzutage im Netz. Seit dem Aufkommen des Internets in den 1990er-Jahren hat das World Wide Web sukzessive die Familie, den Arbeitsplatz, Clubs und Bars, die Universität sowie »Sonstiges« als Mittlerin zukünftiger Partner*innen verdrängt. Nochmal in zusätzlich beschleunigtem Tempo seit den 2010er-Jahren und der Verbreitung des Smartphones. Dating-Apps und Onlineforen bieten dabei vor allem einen großen Vorteil: Sie erweitern die Auswahl – in der Breite wie in der Tiefe – und verhelfen nicht zuletzt auch marginalisierten Gruppen sowie Menschen mit nicht normativen Interessen zu mehr Sichtbarkeit. Doch längst nicht jedes Match mündet in einer andauernden Beziehung und klar ist auch, dass das Angebot selbst im vermeintlich freien Markt der Dating-Apps durchaus kuratiert ist. Und nicht nur das Angebot: Auch die Art und Weise, wie und wie weit sich neue Kontakte entwickeln, hat sich durch das Design der Plattformen verändert.

Dating im Kosmos

In ihrer neuen Videoarbeit für die Kunsthalle Graz reflektiert Susanna Flock Erfahrungen aus dem Onlinedating und schafft damit eine Bestandsaufnahme dessen, was es bedeutet, mithilfe des Internets auf die Suche nach neuen Beziehungen zu gehen. Als Setting dient ihr dabei das Universum des Videospiels »Star Citizen«, in dem die Spieler*innen einen gigantischen Kosmos entdecken und eine Vielzahl unterschiedlicher Planeten bereisen können. Im Stil eines intergalaktischen Roadtrips begleiten wir die Protagonistin in ihrem Raumschiff und sind Zeug*innen der Begegnungen, die während der Reise stattfinden, sowie der Verbindungen, die dabei entstehen oder auch nicht, während die Erzählerinnenstimme aus dem Off über das Zusammenspiel zwischen Liebe, Sexualität und Technologie nachdenkt. Dabei wird zum Beispiel die Frage verhandelt, mit wie viel Bereitschaft zur Überraschung wir dem in alle Richtungen offenen Raum eigentlich entgegentreten, wenn wir den Suchalgorithmus auf unsere Bedürfnisse anpassen oder der Algo seinerseits mitbestimmt, was wir wollen. Und sind vielleicht vergangene Regeln und Tempi, nach beziehungsweise in denen Verbindungen entstanden sind, nur durch neue, womöglich ebenso starre Choreografien ersetzt worden, anstatt eine organischere Entwicklung zuzulassen?

Doch der impulsgebenden Einsamkeit der Suche steht auch die Erfahrung entgegen, dass sich in einer kurzen Begegnung mit einer Person, die wir kaum kennen und gleich wieder verlassen, eine Intimität entwickeln kann, die es mit den engsten Freund*innen so nicht gibt. Auch das ist ein Teil der Wirklichkeit, wie wir sie in Zeiten der Beziehungssuche per Dating-App vorfinden und der in Susanna Flocks »Unmatched Signals« nachgespürt wird.

Susanna Flock beschäftigt sich in ihrer künstlerischen Praxis mit dem Verhältnis von Körper und einer technologisierten Welt. Ihre neue Arbeit »Unmatched Signals« wird im Zuge der Diagonale von 12. März bis 1. April als Ein-Kanal-Video­installation in der Kunsthalle Graz gezeigt.

Unsere Heftrubrik »Golden Frame« ist jeweils einem Werk zeitgenössischer Kunst gewidmet. In The Gap 209a ist dies: »Unmatched Signals« von Susanna Flock.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...