First Aid Kit waren in Wien. Wir haben mit ihnen darüber gesprochen wie es ist im Rampenlicht erwachsen zu werden. Und über Vergänglichkeit.
Jack White hat euch auch angerufen…
Johanna: Das war 2010 und angeblich auch wegen dem Fleet Foxes Cover….
Klara: Am nächsten Tag standen wir schon in seinem Studio und haben zwei Songs mit ihm aufgenommen. Es passierte alles wahnsinnig schnell und unerwartet. Wir waren ziemlich nervös als wir ihn getroffen haben. Die Musik hat dann aber das Eis gebrochen weil wir gemerkt haben, dass wir alle Drei einen ähnlichen Sound lieben.
Johanna: Allerdings hören wir zum Beispiel heute eine Jack White Platte ganz anders als früher – Es erschließt sich mehr und wir wissen genau, was er damit sagen will.
Ungefähr zehn Stunden später stehen die Beiden Schwestern ein paar Meter weiter von ihrem Tour-Bus im Flex und covern zuerst "Seven Nation Army", brechen dann aber ab und entscheiden sich für "Love Interruption" vom vorletzten Jack White Album. Dann singen sie ein Duett ohne Mikrofon, das Flex verstummt und zischt sich gegenseitig wütend "Pscht" zu. Johanna macht den "Schwedenplatz" Scherz noch einmal. Der Typ neben mir sieht ziemlich verliebt aus.
Seid ihr nach wie vor nervös vor Auftritten?
Klara: Bei Auftritten haben wir uns schön langsam daran gewöhnt. Ich bin immer nervös wenn wir Live im Radio oder Fernsehen auftreten.
Johanna: Du weißt genau: Wenn ich mich jetzt versinge oder verspiele, dann für immer. Wir haben zum Beispiel bei Jools Holland einen TV-Auftritt in England gespielt. Alle Bands mussten hintereinander spielen und wie beim Zahnarzt in einem Raum auf ihren Auftritt warten. Mary J. Blige hat vor uns gespielt und wir waren richtig nervös als wir nach ihr da hinaus gegangen sind….
War die Royal Albert Hall letztes Monat euer Highlight?
Johanna: Für mich war es das definitiv…
Klara: Wir warten auf diese Show seit über fünf Jahren.
Johanna: Genau, die Royal Albert Hall war unser Omen: Vor fünf Jahren hat unser Booking-Manager gesagt, dass wir dieses Konzerthaus einmal ausverkaufen würden und wir haben nur gelacht. Letztes Monat standen wir dann tatsächlich auf der Bühne und konnten es immer noch nicht glauben. Dann gingen wir auf den Gang und haben all die Fotos von Simon & Garfunkel, Abba bis Beatles gesehen und haben gespürt, dass fünf Jahre vergangen sind.
Genau das ist das große Thema auf eurem neuen Album „Stay Gold“: Die Vergänglichkeit und das Älter werden. Macht es das zu eurer persönlichsten Platte?
Johanna: Persönlich waren unsere Songs früher auch schon aber auf diesem Album geht es von den Charakteren her tatsächlich um uns. Wir besingen keine dritte, externe Person sondern unser eigenes Leben. Es geht darum, dass nichts für immer besteht: Beziehungen, Liebe, Freundschaften, Erfolg – du musst es dann genießen wenn du mitten drin bist um später positiv darauf zurückschauen zu können. Wir diskutieren gerne über das Thema „Zeit“ und das Älterwerden.
Dabei sagt man, dass Folk für immer ein zeitloses Genre bleiben wird..
Johanna: Genau das liebe ich so! Wenn ich einen Song aus den 70ern höre, könnte dieser auch gut einem modernen Künstler eingefallen sein. Die Texte sind für jeden relevant, egal wann und wo er geboren ist, welches Geschlecht oder Alter er hat.
Klara: Es geht nicht um trendy Arrangements sondern um das Innere eines Songs.
Man hört allerdings schon, dass ihr sehr an eurem Sound gearbeitet habt- zum Beispiel mit einem 13-Personen umfassenden Orchester. Hat sich euer Line-Up allgemein vergrößert?
Johanna: Wir sind jetzt zu viert, also eine Person mehr. Bei den Aufnahmen haben wir allerdings mit einem größeren, poppigeren Sound experimentiert und Musiker ins Studio eingeladen. Bei einigen wenigen Shows haben wir auch ein paar Streicher dabei.
Wollt ihr irgendwann eigentlich zurück nach Schweden?
Johanna: In Amerika will ich jedenfalls nicht leben. Wir haben das neue Album wieder in Omaha aufgenommen..
Klara: Politisch gesehen gibt es so einiges, das ich an den USA auszusetzen habe. Nicht dass Schweden perfekt wäre, aber es ist eben immer noch Europa…
Johanna: Abgesehen davon ist es viel anstrengender in den USA zu touren, weil alles so weit auseinander liegt.
Klara: In L.A könnte ich mir aber vorstellen eine Zeit zu leben. Davor müssten wir allerdings endlich unseren Führerschein machen (lacht). In Omaha hat man uns ausgelacht, weil wir immer zu Fuß gehen wollten.
Gibt es weitere kleine Dinge die ihr nachholen wollt, weil ihr sie nie so erleben durftet?
Klara: Einen Alltag erleben, jeden Tag am selben Ort aufwachen…
Johanna: Philosophie Studieren und einen Hund haben!
Klara: Wenn Hunde Autobahnen lieben würden, hätten wir schon längst einen „Tour-Dog“.
Ihr lebt in einer ganz anderen Welt wie eure Freunde aus Stockholm…
Johanna: Unsere Freunde erzählen ständig von ihrem Studium und wir können uns das einfach nicht vorstellen. Dann fühlen wir uns ein bisschen wie Außenseiter und zurück gelassen.
Klara: Auf der anderen Seite ist es für sie schwer zu verstehen was wir eigentlich genau machen. Wenn wir nach Hause kommen ist es oft schwer all das in Worte zu fassen.
Werdet ihr in Stockholm oft angequatscht wenn ihr zusammen ausgeht ?
Johanna: Wenn wir zu zweit weg gehen, passiert das sehr häufig ja…
Klara: Ich bin gerne mit meiner Schwester unterwegs, aber manchmal muss ich mich einfach trennen, um genau diesen ganzen Rummel aus dem Weg zu gehen. Die meisten Leute, die uns dann ansprechen, sind aber sehr nett und sympathisch. Die sagen dann: „Hi, ich liebe die Musik, die du machst“. Dann gibt es aber noch betrunkene Typen in Bars die mich anglotzen und sagen: „Hey, du bist doch dieses Mädchen von dieser Band! Du bist berühmt“.
Ihr streitet also nie?
Johanna: Natürlich! Wir sind Schwestern und wir sind auf Tour! Logisch, dass wir uns manchmal in die Haar bekommen.
Haim haben sich das gleiche Problem.
Johanna: Wir haben die Bassistin getroffen und uns super verstanden. Vielleicht sollten wir alle zusammen eine Supergroup gründen. Immerhin haben wir auch den gleichen Haarstil (lacht).
Ihr scheint auch abseits der Tour viel Zeit miteinander zu verbringen. Untypisch für Schwestern..
Johanna: Klara lebt jetzt in England und wir sehen uns abgesehen von der Tour nur noch selten. Aber wenn du zurück nach Schweden ziehst, sollten wir ganz in der Nähe voneinander leben: So richtig mit Haus und Kindern und Familienwochenende?
Klara: Unbedingt.
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