"Vermisse ich die 80er? Nicht wirklich."

Er steht auf E.T., die Dreadlocks von Predator und Casper van Dien. Multitalent und Filmliebhaber Joe Cornish, Regisseur von "Attack the Block", im Interview.

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Der Brite Joe Cornish ist Comedian, Drehbuchautor, hat eine eigene BBC-Radiosendung (»Adam and Joe) und spielte zwischendurch mal in Edgar Wrights »Hot Fuzz« mit. Der Londoner mischt schon lange bei Film, Fernsehen und Radio in Großbritannien mit. Mit seiner Science-Fiction-Horror-Dramedy »Attack The Block«, die das diesjährige /slash Filmfestival in seiner Anwesenheit eröffnet hat, hat er nun auch sein Regiedebüt abgelegt. Im Interview spricht er über den Partytiger E.T., die Dreadlocks von Predator, Eddie Murphy und die Rückkehr der Achtziger in London.

Joe, mit wem würdest du eigentlich lieber abhängen wollen – einem Alien oder einem Zombie?

Wenn es sich bei dem Alien um E.T. handelt, dann ganz klar E.T.! Er ist witzig. Er kann Dinge zum Fliegen bringen, kann die Toten wieder zum Leben bringen. Das ist nützlich auf Parties. Alle mögen jemanden, der Dinge wieder zurück ins Leben holen kann. Außerdem kann er dich mit seinem fliegenden Rad schnell zu Meetings bringen. Zombies hingegen sind da weniger praktisch: schwer zu kontrollieren, stinkend, asozial, gefährlich – besonders wenn Kinder in der Nähe sind. Ich wähle E.T. Aber auch wenn es sich um ein schauriges Alien handelt wie sagen wir mal das Alien aus »Alien« – auch das wäre mir lieber. Zombies sind menschliche Wesen und Doktoren verstehen Zombiismus. Das ist ein anerkanntes medizinisches Befinden und kann geheilt werden. Ein Alien ist aber eine absolut erstaunliche neue Lebensform.

Kommen wir zu den Aliens in »b>Attack the Block«: schwarze, wolfartige Kreaturen ohne Augen, dafür mit blau leuchtenden Zähnen. Wie sind diese eher ungewöhnlichen Aliens entstanden?

Ich wollte immer, dass meine Aliens Biester sind, animalisch. Ich finde es eigentlich weniger spannend, wenn Aliens übernatürliche Fähigkeiten haben. Dann sind sie schwer einschätzbar. Bei ihrer Gestaltung habe ich an den Werwolf aus »An American Werewolf in London« und an das Alien aus »Alien« gedacht. Außerdem war ich inspiriert durch diese Kreatur auf den »Space Invader«-Arcade-Automaten. Auch beeinflusst hat mich meine schwarze Katze, so sind viele Ideen zusammengekommen. Ich wollte meine Aliens so simpel wie nur möglich gestalten. Alles was sie tun ist riechen, laufen und töten. Also brauchten sie vier Beine, ein Maul und große Reißzähne.

Du bist ja auch Comedian und hast eine Radiosendung gemeinsam mit Adam Buxton. Ich hab‘ gelesen, ihr beide seid auch vereint durch eine Liebe zu Eddie Murphy.

Ja, wir mögen ihn beide sehr gerne. Wir waren im richtigen Alter für Eddie Murphy, für »48 Hrs«. Wir haben uns seine Stand Up Comedy angesehen – »Delirious« und »Raw«. Wir mochten »Beverly Hills Cop« und liebten auch beide »Coming to America« – ein brillanter Film, der in der schwarzen Community sehr beliebt ist. Also ja, Eddie Murphy ist brillant! In den Achtzigern war er unereichbar. Kein großer Fan bin ich aber von seinen Familienfilmen wie »The Nutty Professor«.

Du wolltest vorrangig einen unterhaltsamen Film machen, trotzdem lebt »Attack the Block« eben auch von politischen Statements, die gerade besonders aktuell erscheinen. Du zeigst diese gewaltbereiten Londoner Hoodies. Schon sehr früh im Film entlarvst du sie dann aber als sensible Jugendliche, Menschen wie du und ich. Einer dieser Jugendlichen beschwert sich einmal darüber, dass den Kindern in Großbritannien nicht geholfen werde. Was war deine Motivation für diese Herangehensweise und – um aus dem Film zu zitieren – »what’s wrong with this area?«

Dafür gibt es keine einfache Antwort. Es gibt eine Generation junger Menschen in Großbritannien, die von der Gesellschaft einfach im Stich gelassen worden sind. Und in einer sehr kapitalistischen Gesellschaft wie der unseren, wo sich alles ums Geld ausgeben dreht, wird es für Kinder und Jugendliche aus weniger wohlhabenden Familien immer schwerer und schwerer sich zugehörig zu fühlen. Der Film soll zeigen, dass Kinder, die sich so benehmen, nicht gleich Monster sein müssen.

Kennst du die Gegend, in der »Attack the Block« spielt, genauer?

Ja, der Film spielt in Brixton (Anm.: Stadtteil von London). Ich bin hier aufgewachsen und lebe immer noch hier. Ich bin zwar aus einer guten Mittelschicht-Familie, aber London ist sehr gemischt. Hier leben verschiedene soziale Klassen eng beieinander.

Glaubst du, dass wir Aliens mit leuchtenden Reißzähnen brauchen, um zu verstehen, dass auch diese Hoodies keine Monster sind?

Das ist die Idee hinter dem Film. Aber es handelt sich ja um einen Comicbuch-artigen Film, den ich so konkret gar nicht in die Realität übertragen will. Ich glaube nicht, dass wir Aliens brauchen. Aber das ist das Tolle an Filmen, besonders an Science Fiction B-Movies. Du mixt die Realität mit Fantasy und kannst so hoffentlich etwas über die Realität sagen – auf eine verrückte Art und Weise. Romeros »Night of the Living Dead« behandelt rassenpolitische Themen. span lang=“DE“>» und viele andere Filme, die in der McCarthy-Ära entstanden sind, sind voll mit politischen Botschaften. Gute Science Fiction spricht immer auch über die Gegenwart, finde ich. Auf eine fantasievolle, spekulative Art eben.

Bei deinem Regiedebüt hast du dich von Creature- und Gangfilmen aus den Achtzigern inspirieren lassen. Vermisst du diese Zeit?

Vermisse ich die Achtziger? Nicht wirklich. Es ist schöner auf sie zurückzublicken als sie wirklich zu leben, denke ich. In London waren die Achtziger ganz schön deprimierend. Es war die Zeit von Margaret Thatcher. Es gab Riots in der Gegend, in der ich lebte. Seltsam ist, dass jetzt gerade die 80er-Jahre-Fashion zurück in London ist. Die Leute ziehen sich plötzlich wieder an wie früher. Auch die britische Musik hört sich ein wenig so an wie in den Achtzigern.

Die Riots…

Es gibt wieder Riots. Die Rechte ist zurück in der Regierung. Wir erleben also gerade eine Art Retro-Phase.

Auch im Film?

Ein wenig scheint es so. »Super 8« hat den Spielberg der Achtziger wieder heraufbeschworen. Ich glaube, die Achtziger waren eine ziemlich dunkle Periode, woraus dann aber eine breite Popkultur entstanden ist. Alles war farbenfroh und verrückt. In den Neunzigern und Nullern waren die Filme hingegen sehr ernst und düster. Der Spaß der Achtziger hat mir gefallen. Es war weniger anmaßend. Vielleicht passiert das wieder, ich weiß nicht.

Den Soundtrack zum Film liefert teilweise Basement Jaxx. Wie ist es dazu gekommen?

Ich wollte einen Soundtrack, der so klingt, als wären John Carpenter und John Williams zusammengekommen und dabei richtig high geworden. Für den Williams-Part hatten wir den Komponisten Steven Price, für den Carpenter-Part Basement Jaxx. Die waren ein Vorschlag unseres Music Supervisors. Und Basement Jaxx kommen ebenfalls aus Brixton. Das hat alles gut gepasst. Und da ist etwas an ihrer Musik – einerseits sehr atmosphärisch und filmisch, andererseits auch sehr freudig und verspielt. Es wirkt nie zu ernst. Das war gut für den Film. Ich wollte ja einen Unterhaltungsfilm, mit dem man einfach eine gute Zeit hat. Ich hatte also einfach Glück mit dem Soundtrack.

Du bist ein großer E.T. Fan. Aber was ist eigentlich dein Lieblings-Bad-Ass-Alien?

Ich mag den Predator. Das ist glaube ich mein Lieblings-Bad-Ass-Alien. Ich mag seinen Mund, seine Zähne und seine Dreadlocks. Ich mag die ganze Idee von Aliens, die auf die Erde kommen, um einen Sport zu betreiben.

Ist Arnold Schwarzenegger nun auch dein Lieblings-Alien-Fighter?

Das sind schwierige Fragen, Mann. Hm. Ich bin ein großer Fan von »Starship Troopers«. Ich mag die Szenen, in denen all diese Einheiten gegen einen großen Alien kämpfen. Man bekommt dann das Gefühl, dass die Menschen gewinnen könnten, würden sie sich nur clever genug anstellen. Beim Alien in »Alien« bist du dagegen komplett fucked! Da kannst du nichts dagegen machen. Ich finde es spannender, wenn zumindest die Chance zum Sieg da ist. So ist es auch ein wenig mit den Jungs in »Attack the Block«. Gemeinsam haben sie die Chance, immerhin einen dieser Aliens fertigzumachen. Mein Lieblings-Alien-Fighter ist also Casper Van Dien aus »Starship Troopers«.

Danke!

»Attack the Block« läuft derzeit im Kino.

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