Die Szene in Wien floriert. Doch neben den großen Locations wird nach wie vor in kleinen Clubs, in den Beisln und Pubs der Hauptstadt gefeiert. Doch tut sich da irgendwas? Genau hier fragen wir nach. Heute bei Joe vom Jetzt.
Das Jetzt ist eine ungeschliffene Perle in der Wiener Ausgehlandschaft. Oder Moment mal – ist das noch Wien? Ja natürlich, es ist nur etwas versteckt, liegt aber trotzdem in der Mitte. In der Mitte von Hernals. Sollte man sich als Nicht-Hernalser mal in die Gegend verirren, warten auf einen DJ-Lines von Indie, Funk, Jazz bis hin zu Wave, Shoegaze und Weirdo Punk. Für alle Hernalser: Wem erzähl ich das?
Trotz oder gerade auch wegen seiner Lage ist das Jetzt seit eh und je eine Anlaufstelle für Studenten, Querdenker und ein Garant für flüssige Parties. Seit eh und je bedeutet in diesem Falle: 1990. Das Jetzt stammt eigentlich aus den Händen von Walter Hendrix, der sich auch mit Lokalen wie dem Shelter oder dem Cafe Zipp einen goldenen Stern in der Wiener Barszene verdient hat. Seit 1996 sorgt Joe dafür, dass in Hernals keine Kehle trocken bleibt. Außerdem hat er ein paar schlagende Argumente, wieso sich ein Abstecher ins Jetzt auszahlen würde.
Seit wann gibt es dann das Jetzt und wieso gibt es das Jetzt?
Das Jetzt gibt’s cirka seit 1990. In den ersten Jahren, wo Crossover und Grunge die Szene dominierte, war es eine klassische Rock-Kneipe. Walter Hendrix, der seinerzeit auch das Cafe Zipp eröffnete und später das Shelter im 20. Bezirk hat mir das Lokal 1996 übergeben.
Wieso das alles? Nun, in der eher ruhigen Gegend im 17., wo man günstig wohnen kann und eine schnelle Verbindung ins Zentrum und zur Uni hat, leben viele Studenten, die dankbar sind dafür, dass es ein Beisl mit lauter Musik gibt, welches bis spät in die Nacht geöffnet hat. Das allein ist schon Grund genug.
Was ist das Jetzt eigentlich? Ein Pub, eine Live-Location, ein kleiner Club?
Ja, ja und ja. Darüber hinaus ist es für viele Gäste das zweite Wohnzimmer und aufgrund der verwinkelten kleinen Räume ein vielseitiger Rückzugsort, an dem man in Ruhe am Computer arbeiten kann, während andere Fußballspiele schauen und im Hauptraum die Party brodelt. Der entzückende Gastgarten dieses alten Fuhrwerkshauses ist ein weiterer Höhepunkt, wodurch sich insgesamt ein sehr breites Publikum angesprochen fühlt.
In eurem Programm finden sich Livekonzerte, DJ-Lines und viele andere Spaßitäten. Kann man das irgendwie eingrenzen oder geht bei euch alles?
Bei uns geht alles, das niemanden ausschließt, also geschlossene Gesellschaften sind bei uns nicht möglich. Darüber hinaus sind alle Events bei freiem Eintritt zu besuchen, wodurch wir die Eigenschaften einer Studentenkneipe mit denen eines Veranstaltungslokals vereinen.
Gibt es Musikstile oder Events, die ihr nicht in das Jetzt holen würdet? Wenn ja, wieso?
Das Jetzt geht mit der Zeit. Wir sind keiner Musikrichtung abgeneigt, sofern sie halbwegs angesagt ist. In den 90ern hatten wir auch Techno Parties oder Hardcore Punk- und Metal-Events. Das wäre derzeit nicht so der Renner bei uns …. Politisch extrem ausgerichtete Veranstaltungen würden wir nicht machen wollen, da diese andere Menschen ausgrenzen.
Macht ihr alle Veranstaltungen selbst oder kann bei euch jeder veranstalten?
Hier ist der Übergang fließend. Es gibt ein paar Veranstaltungen, die von einzelnen externen Personen veranstaltet und komplett organisiert werden, wer aber konkret hinter einem Event steht, ist für die Gäste nebensächlich. Und wenn es nötig oder hilfreich ist, unterstützen wir jeden Veranstalter, denn sein Erfolg ist auch unserer und daran gewinnen sollen letztendlich vor allem die Partypeople.
Je größer die Partygruppen sind, die bei uns reservieren, desto mehr Möglichkeiten bieten wir ihnen, den Raum, die Musik oder das kulinarische Angebot mitzugestalten.
Musik ist Kunst und Kunst hat ihren Preis. Kann man es sich mit einem kleinen Lokal leisten, seine Künstler zu bezahlen? Gibt es bei den Events Eintritt?
Das ist eine gute Frage. Viele meinen – und dieser Standpunkt ist durchaus berechtigt, dass künstlerische Darbietungen etwas kosten müssen. Wir hingegen bieten unsere Livekonzerte stets bei freiem Eintritt an, dadurch kann der Künstler ein breiteres Publikum erreichen. Für uns ist das zwar selten ein Gewinn, denn die Künstlergage, die andere Lokale über den Eintritt wieder reinbekommen, fehlt uns, aber es ist neben der Liebe zur Musik auch ein nicht zu unterschätzender Werbeeffekt.
Was läuft besser? Livekonzerte oder DJ-Lines?
Nachdem Livekonzerte eher die Ausnahme darstellen, werden es die DJ-Lines immer leicht haben, einen halbwegs stabilen, besser kalkulierbaren Umsatz zu erreichen. Und eine DJ-Line hat bei einer gewissen Regelmäßigkeit Woche für Woche eine neue Chance, die Party zum Brodeln zu bringen. Live Acts spielen im besten Fall einmal pro Jahr, somit ist der Vergleich genau genommen eigentlich gar nicht zulässig.
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