Viennale-Tagebuch #4

3xD im Gartenbau: Überraschungsfilm in 3D und ein Derangiertes Deutsches Drama.

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Cave of Forgotten Dreams (Werner Herzog – gesehen am 30. 10.)

Der Überraschungsfilm war dieses Jahr – im Nachhinein – eigentlich aufgelegt. Werner Herzogs 3D-Spektakel läuft bald in den Kinos an und versprach, ein Publikumsreißer zu sein. Beim Aushändigen der Brillen am Saaleingang war damit jedoch der Sinn und Zweck (oder auch: der Zauber) des Ü-Films dahin. “Fright Night” oder “Shark Night”, die einen Tag vor Halloween zwar nicht unpassend gewesen wären, sind nun nicht gerade Viennale-Material. Der Rest, der dieses Jahr noch in der dritten Dimension ausgespuckt wird, ist hingegen mehr für Kinder. So war also gleich klar, worauf man sich einließ und die Überraschung ein kleiner Fehlschlag. Wem dann nach einem Kurz-Vor-Film, der nichts anderes war als minutenlanges Im-Kreis-Fahren, noch nicht schwindlig war, der bekam spätestens in den ersten Minuten von Herzogs Film leichtes Kopfweh. Die 3D-Brillen des Gartenbaus sind tatsächlich nicht die zweckmäßigsten. Schwer auf der Nase liegend, erfordern sie außerdem ein gekonntes Adjustieren des Blick-Winkels, um einwandfrei zu funktionieren. Dem schweren Kopf folgt also ein steifes Genick.

Während der Film an sich durchaus sehr sehenswert ist, waren die Rahmenbedingungen eher weniger vorteilhaft.

Totem (Jessica Krummacher – gesehen am 31. 10.)

Die Beschreibung des Films verspricht “leisen Horror”, subtil und datumskompatibel. Derangiertes Deutsches Drama wäre treffender.

Die 24-jährige Fiona (Marina Frenk) ist die neue Haushaltshilfe im Hause Bauer. Die Familie, insbesondere die Eltern: ein Haufen sehr fragwürdiger Charaktere. Fiona macht jedoch keine Anstalten, weg zu wollen. Sie scheint keinerlei Perspektiven für ihre Zukunft zu haben. Was für sie zählt, ist das Heute. Die paradoxeste Figur ist die Mutter, die im Übrigen von Natja “Bahnhof Zoo” Brunckhorst dargestellt wird – dies wiederum eine gelungene Überraschung.

Dass die Deutsche Durchschnittsfamilie hinter verschlossenen Türen durchaus auch mal ihre durchgeknalltere Seite raushängen lässt, ist klar. Krummachers etwas willkürliches Psycho-Kammerspiel mit pseudophilosophischem Ansatz treibt diese Idee jedoch bis zum Äußersten. Die Welt hat schon bessere Filmhochschulen-Abschlussfilme gesehen als diesen.

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