"vlv" lautet der Titel des ersten Album von Fontarrian auf Antime. Mysteriös, schlau, unvorhersehbar, doch so logisch und in sich geschlossen klingt es. Alles Gründe um von dem Musiker mehr zu erfahren. Ein Interview.
"Fontarrian? Ein Grazer. Hab ich nie vorher gehört. Aber das ist eine Entdeckung! Musik, die sich fallen lässt", schreibt Bleed eingangs in seiner Review für De:bug. Ein wenig mehr war uns über Marlon T.L. Fink bekannt, tauchte sein Name doch in der jüngsten Vergangenheit im Bezug auf Graz, dem Elevate Festival oder dem Wiener Podcast Bebop Rodeo auf.
Das Berliner Label Antime hat ihm nun den notwendigen Platz eingeräumt, damit er sein erstes Artist-Album bei ihnen veröffentlichen konnte. Nach mehrmaligem Hören kamen wir zum Entschluss, dass wir von Fontarrian mehr erfahren wollen, was hinter dem Albumtitel steckt und wo er sich selbst damit verortet. Deshalb baten wir ihn zum E-Mail-Interview.
Was ist die Geschichte hinter „vlv“? Wir haben gehört es bedeutet “Vulva“, und wenn ja, bist du das Kind auf dem Cover?
Und selbst wenn – ich überlass das jeder und jedem Einzelnen – ging es mehr um die Findung eines Schriftzeichens, das a) kontingent ist, sprich eine elliptische Leseart zulässt, und somit b) möglichst viele verschiedene Interpretationen ermöglicht. Die Antworten finden sich – oder eben nicht – in Ergänzung zu den auditiven und visuellen Zugängen, die einem zur Auswahl stehen. Auch die elliptische Nummerierung im Tracklisting fusst darin, weil es einen Unterschied macht, ob man mit "Sissy Fuzz," also einer Art Rastlosigkeit, beginnt oder eben mit dessen absoluten Gegenstück "Saarbrooklyn (Saint Harrows)“.
Das kleine Mädchen auf dem Cover repräsentiert im Übertragenen meinen kindlichen Zugang zu Musik; der Freude, die damit in Verbindung steht; dem Kind, das durch mich in diesem Album im Speziellen zum Ausdruck kommen durfte. Andererseits ist dem Foto eine gewisse uncanniness nicht abzusprechen – see(k) for yourself.
Du warst 2009 auf einer Elevate-Compilation und hast 2010 zum ersten Mal beim Elevate gespielt, sonst findet man wenig über dich. Du hast keine Eile beim Releasen?
Elektronisch produziert – herumgespielt, gejammed – wird autodidakt seit ungefähr 2006. Stetig wechselnde Hard- und Software Umgebung, wie auch räumliche Gegebenheiten. 2009 spielte ich an der Seite der Isländerin Kira Kira im Forum Stadtpark, Graz, erstmalig live (Danke, bigMAMA!). Nicht rühmlich, aber ein Anfang.
Manchmal passiert mehr, manchmal weniger – ewig dazu lernend halt und somit absolut keine Eile in keinen Belangen. Freut mich natürlich umso mehr, dass die Sachen nun endlich auch anderen Ohren als den meinigen zur Verfügung stehen. Der Vorteil ist jetzt halt nach gut sieben oder mehr Jahren, dass sich einiges an Material angesammelt hat, welches sich auf Grund neuer Fertigkeiten auch wieder aus der Versenkung holen lässt.
Obwohl die zehn Stück innerhalb der letzten vier Jahre entstanden sind, klingt das Album so, als ob du es in einem Zug aufgenommen hast. Hast du so etwas wie einen inneren Rückzugsort, von dem aus du an die Stücke herangehst?
Ähnliches passierte, wie ihr hier richtig in den Raum stellt, mit Bezug auf die zehn Stücke. Zwei davon sind 2013 entstanden, der Rest wurde zwischen 2009 und 2012 skizziert. Finale Arrangements, Abmischungen und die Findung eines möglichst homogenen Sounds geschahen in einem Zeitraum von drei Wochen, in denen ich mich zu Hause eingesperrt hab‘, Ende letzten Jahres. Null Ablenkung, asketische Abschottung, strikt nur die Musik und ich. Das hört man auch, denke ich. Einen speziellen Rückzugsort würde ich es nicht nennen wollen, jedoch meide ich – oft auch über ausgedehnte Perioden hinweg – andere Menschen. Nennt es Misanthropie, ich hingegen kann einfach nur sehr gut mit mir selbst Zeit verbringen.
Dieses eine Pressefoto auf Antime von dir sieht sehr beiläufig und in seiner dezenten Abgewrackheit doch genau durchkomponiert aus. Oder spinnen wir?
Der extrem talentierte Paul Pibernig (—> http://paulpibernig.com ) hat das an einem grauen, kalten Morgen des letzten Jahres vor dem nun leider geschlossenen Kulturzentrum Niesenberger gemacht. Eigentlich der einzig ernstzunehmende Clubbeitrag der Stadt Graz in den letzten Jahren. Die "Niese" bot nicht nur eine perfekte Spielwiese für mein musikalisches Vorankommen sondern war viel mehr ein Ort der Begegnungen – skurril wie bezaubernd – ein Kulturzentrum eben.