Wie wichtig ist guter Sound im Clubkontext? Oder vielmehr: Warum gehen wir eigentlich aus?
Sätze, die man von Musiknerds eher selten hört: Ich kenn‘ die Band erst seit ganz Kurzem. Ihre neuen Sachen sind besser als die frühen. Der Sound hier ist toll. Alter Journalistenwitz. Sätze, die man in einer Freitagnacht im Club eher selten hört: Ich bin hauptsächlich wegen des Sounds hierher gekommen.
Die Frage, warum genau man aber wirklich einen Ort ausgewählt hat, was ausgehen ganz prinzipiell reizvoll und eine Party zu einer guten Party macht, beschäftigt vielleicht schon Millionen von Menschengenerationen seit der Erfindung der römischen Wein-Amphore, und nach heutigen Maßstäben lässt sie sich unserer Meinung nach mit zwei Worten beantworten: Musik und Leute.
Are ‚Friends‘ Electric?
Man geht dahin, wo die eigenen Freunde und Bekannten sind, und auch die planen wiederum ihre Abende danach, wo sie jemanden kennen und dadurch entsteht eine Crowd, in der die Leute einander sympathisch sind und gerne miteinander feiern. Im besten Fall spielt an diesem Ort noch gute Musik – hierbei besteht ein direkt proportionaler Zusammenhang zu dem gegenseitigen Wohlwollen der Menschen, die dem Ruf dieser Musik gefolgt sind – und noch besser ist, wenn man dazu einen Gin Tonic in der Hand hält und sich dafür nicht allzu lang hat anstellen müssen.
Ein zusätzlicher Bonus ist der Raum, in dem das geschieht. Ein tolles Lokal kann natürlicherweise eine rauschende Nacht noch besser machen, und es gibt zahlreiche Feierplätze, die das regelmäßig und praktisch unter Garantie schaffen. Dennoch haben ästhetisch schöne oder sonstwie gemütliche, fein ranzige oder kunstvoll verwinkelte Räume noch keine lahme Party in Gang gebracht, während umgekehrt ein paar der besten Nächte auch in den seelenlosesten Locations wie im Flug vergangen sind.
In all diesen Nächten
Was noch? Der Sound. Wer einmal im Berghain, sagen wir, Ben Frost erlebt hat, weiß: Bässe sind nicht nur bloße Bestandteile der Musik, sie schnüren die Luft ab und machen das Schlucken schwierig und drehen im besten Fall überhaupt den Kreislauf einmal um die eigene Achse. Die schlechte Qualität einer Anlage fällt oft erst auf, wenn man den Raum kurz verlässt, es rauscht in den Ohren und der ganze Kopf brummt wie vor Erschöpfung. Tanzen vor miesen Boxen ist körperlich anstrengender. Es ist eine andere Art von Ausgehen, wenn der Sound als ganzheitlich physisches und psychisches Erlebnis im Mittelpunkt steht, denn zwischen Subbassfrequenzen und Equalizer passieren Dinge, die sich unserem Verständnis entziehen, die aber nachhaltige Lebensverbesserungen verursachen können.
In all diesen Nächten, in denen diese Faktoren zusammenspielen, bekommt die Erschöpfung des nächsten Tages, falls man je zu zweifeln gewagt hat, einen Sinn: Wir werden niemals alt, nein, wir bleiben so für immer.
Katharina Seidler schreibt auch für FM4, Falter, uvm. Auf Twitter unter @kaseidler