Der Skandal-Hype um den vielgeklickten „Kohlhauser“ hängt ihnen noch nach, auf ihrem Debüt spielen sich Koenigleopold mit paar österreichischen Traditionen wie Schlager, Schmäh und Auskotzerei.
Auf das Album hat er es nicht geschafft, der „Kohlhauser“. Vielleicht aus Furcht vor weiteren Klagen von Fleischhauern oder Wurstfachverkäuferinnen, vielleicht aus diesem charakteristischen Drang in sie gesetzte Erwartungen zu unterlaufen. Koenigleopold, das sind Lukas König und Leo Riegler, müssen nicht unbedingt nur groteske Dialoge über Debreziner, Krakauer und fettiges Theken-Inventar führen, um in ihnen eine kritisch-kabarettistische Tradition zu erkennen, die in Österreich wohl bis zu Helmut Qualtingers Kult-Monolog „Der Herr Karl“ zurückreicht. Dass die Wiener Kleinbürger-Parodie von einem Feinkostmagazineur handelt, ist aber reiner Zufall. Höchstwahrscheinlich. Es wäre aber deutlich zu kurz gegriffen, sie und ihr Album „Eure Armut Kotzt Mich An“ bloß als aktuelleres, absurderes Qualtinger-Musiktheater zu betrachten. Ganz besonders, wenn man die irrwitzige Genrevielfalt des steirisch-wienerischen Duos betrachtet. Dabei sind Genres in der musikalischen Lehre Koenigleopolds nicht existent. Ihre Songs sind zweifellos kein Pop, trotzdem kein Anti-Pop, sie sind experimentell, durch ihre Ausbildung merklich von Jazz informiert, theatralisch und total exzentrisch sowieso. „Schlager-Scheiße“ murmeln sie beim Interview, den Bart zwirbelnd und mit ernster Miene.
Schlager-Scheiße, Suizid-Hip-Hop, Brachial-Metal
Schlager-Scheiße, also. Tatsächlich ergibt das erstaunlich viel Sinn. Der erste Song „Horizont“ deutet sie an, diese feine Affinität zur deutschsprachigen Volksmusik, der Schlager in all seiner herrlichen Pracht lässt auf sich warten, entfaltet sich aber schließlich in „Südsee von Palermo“ bis hin zum alleräußersten Kitsch. Ob sie das ernst meinen? Sicher. So wie Kanye. Sofort versucht man sich einen Reim darauf zu machen, Verbindungen zu ziehen, Informationen zu entwirren. Zack – Neunziger – Der Scheitel. Die komische Coverband um Klaus Egger, Michael Krupica und FM4-Sumpfist Fritz Ostermayer hatte das vor gut zwanzig Jahren vorgemacht und den knalligsten Schlagern ein seriös-balladeskes Gesicht verpasst, dass sie nach heiligem John Cale und Nick Cave klangen. Diese ernsten Müll-Aneignungen tauchen immer wieder bei heimischen Songwritern auf, von der Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune oder Attwenger bis zu Binder & Krieglstein und sogar Kontrust. Weil Lukas König und Leo Riegler aber gern Erwartungen unterlaufen, haben sie mit „Jay-Rap“ noch unterschichtigen Suizid-Hip-Hop und brachialen Death Metal auf ihrem Albumdebüt untergebracht.
Bankiers, eine bedrohte Spezies
Besorgt sind Koenigleopold zudem über die Hetze gegen Bankiers und Manager in Künstlerkreisen. Sich selbst zählen sie dazu nicht. Sie haben sich entschieden, die Bankiers, diese bedrohte Spezies, mit ihrer Musik zu unterstützen. Daher geht ein Euro pro verkaufter CD an die Bankenrettung. Echte Charity, eh klar. Nicht klar ist allerdings, warum dieses wahnsinnige Arrangement aus Musiktheater, Kabarett und Komposition so einleuchtend funktioniert. Was es ja tut. Im Booklet steht „Ihr kotzt mich alle so verschissen an“. Publikumsbeschimpfung, noch so ein ur-österreichisches Thema, das sie, wie so vieles, in ihr grandios-garstiges Debüt einflechten. Pardon, Majestät, wir verneigen uns.
„Eure Armut kotzt mich an“ von Koenigleopold ist bereits erschienen.