Wenn 200 Mitarbeiter nicht ausreichen

Einige der Köpfe hinter Neo, Rockstar Vienna und Games That Matter arbeiten derzeit in Kopenhagen bei IO Interactive. Kurz vor dem Release von »Hitman Absolution« haben wir sie zum Email-Interview erreicht.

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Welche Österreicher sind maßgeblich an »Hitman« beteiligt und was ist ihre Aufgabe?

Hannes Seifert ist Executive Producer/Production Director, Board Member und verantwortlich für alle IO-Produkte. Markus Friedl ist Producer (Lead Producer ist Hakan Abrak). Er war für den gesamten Environment Art-Bereich verantwortlich, sprich die komplette Level-Produktion inhouse und extern. Außerdem für Audio und war hauptverantwortlich für alle lokalisierten Versionen. Julian Kenning war Character Art Consultant und ist nun Outsourcing Line Producer. Außerdem noch Bernhard List, der als Editor und Capture Artist Szenen für Ingame Cutscenes, Intro und Marketing Material eingefangen hat. Und dann natürlich Martin Filipp, unser Production Manager und damit zuständig für eigentlich eh alles.

Kanntet ihr euch alle schon vorher oder wie ist dieses Team in so einer internationalen Branche entstanden?

Hannes Seifert: Lustigerweise haben wir alle fünf schon früher zusammengearbeitet. Martin, Markus und Bernhard haben ihre Laufbahn in der Spieleindustrie bei Neo Software begonnen, einem Unternehmen, bei dem wir alle schon gearbeitet haben. Danach haben manche von uns bis heute gemeinsam gearbeitet, manche getrennt Karriere gemacht.

Markus Friedl: Wir kennen uns alle schon seit einigen Jahren aus unserer gemeinsamen Zeit in Österreich. Die Spieleindustrie ist weltweit wie eine große Familie. Man begegnet sich in den Jahren selten nur einmal und es ergeben sich immer wieder Möglichkeiten, mit alten Bekannten und Freunden an neuen Projekten zu arbeiten. Und das ist sehr gut so.

Wie setzt sich das Team von »Hitman Absolution« generell zusammen? Sind das in erster Linie Leute, die die Marke seit Langem kennen, oder neu Hinzugekommene wie ihr?

Markus Friedl: Es gibt Leute im Team, die seit dem ersten »Hitman«-Teil dabei sind. Das Team ist aber absichtlich gemischt. Dies ist wichtig, um eine solide Basis dafür zu haben, jeden Titel im Vergleich zu den Vorgängern weiterentwickeln und verbessern zu können und das Feedback aus unserer treuen Fangemeinde richtig zu interpretieren. Für viele Mitglieder des Teams, das übrigens sehr international ist, ist es aber auch der erste Kontakt mit »Hitman«. Diese wiederum bringen neue Ansätze, Ideen und frische Perspektiven in die Produktion ein, auf die gerade ein »Hitman«-Titel nicht verzichten kann. Alles in allem haben wir wohl einen wirklich ausgewogenen Mix aus diesen Leuten im Team.

Martin Filipp und Hannes Seifert hatten schon zuvor mit internationalen Projekten zu tun, bei denen einzelne Teile des Spiels weit verstreut entstanden. Julian Kenning ist nun bei »Hitman« für die Zusammenführung dieser Teile zuständig. Was sind für einen Entwickler die Vorteile einer solchen Produktionsweise?

Hannes Seifert: Julian und Bernhard waren ebenfalls bei Games That Matter (wo »Cursed Mountain« auf diese Weise entwickelt wurde). Julian hat bei »Hitman: Absolution« als Character Consultant geholfen, den hohen Standard der einzelnen Figuren zu erreichen. Jetzt koordiniert er die Produktion mit unseren externen Partnern bei weiteren Projekten. Wir sind für ein AAA Studio mit 200 Leuten relativ klein. Insgesamt haben an »Hitman: Absolution« aber rund 1.200 Personen mitgearbeitet. Die Herausforderungen sind dabei immer dieselben: Wir wollen unseren eigenen Mitarbeitern langfristige Karrieren und Möglichkeiten bieten und nicht nach Projekten massenhaft abbauen. Das funktioniert nur, wenn wir mit starken, kreativen Partnern und Lieferanten zusammenarbeiten, die die notwendige Bandbreite während der entscheidenden Monate liefern.


Markus Friedl: Die Zusammenarbeit mit starken und erfahrenen externen Partnern ist für eine Videospielproduktion in der Größenordnung von »Hitman: Absolution« absolut notwendig und in jeder Hinsicht vorteilhaft. Sie bietet uns die nötige Flexibilität in Bezug auf Bandbreite, Zeit und Spezialisierung und hilft auch, interne Prozesse laufend zu evaluieren und zu optimieren. Auch macht es ganz einfach eine Unmenge Spaß, mit Partnern aus aller Welt zusammenzuarbeiten und davon zu lernen, gelegentlich über den Tellerrand des eigenen Studios hinauszusehen.

Hannes, du warst in Wien an den Unternehmen, für die du gearbeitet hast, beteiligt. Wie ist die neue Arbeitssituation für dich?

Hannes Seifert: Square Enix ist ein großartiges Unternehmen für Entwickler, weil wir hier unabhängige kreative Freiheit haben. Natürlich müssen wir Ergebnisse liefern, ergo hohe Bewertungen und hohe Verkäufe. Aber solange wir profitabel arbeiten sind wir völlig unabhängig. IO ist neben den Japanischen Studios das einzige im Konzern, welches ausschließlich an eigenen Marken arbeitet. Das ist sehr spannend.

»Hitman« tritt diesen Herbst im Bereich der mörderischen Schleichgames – bei denen man auch auf Action setzen kann – gegen harte Konkurrenz wie das beliebte »Assassin’s Creed 3« und die neue Marke »Dishonored« an. Wie habt ihr als Entwickler versucht, »Hitman« da zu positionieren?

Hannes Seifert: Mit »Hitman« sind wir in der glücklichen Position, an einem Franchise zu arbeiten, das mit Erscheinen des ersten »Hitman«-Titels im Jahr 2000 den Grundstein zu einem ganzen Genre gelegt hat. Nicht umsonst nennen wir Agent 47 den Original Assassin. Und man kann natürlich sehr stolz sein, wenn man auf die letzten zwölf Jahre blickt. »Hitman« hat dank Millionen von Fans den Status einer wahren Videospiel-Ikone. Ein Franchise, das z.B. mit Büchern, Comics, Action-Figuren und einer Hollywood-Filmumsetzung schon lange ein fester Bestandteil der großen AAA-Marken unserer Branche ist. Uns freut es natürlich immer, wenn andere Entwickler durch unsere Arbeit inspiriert werden.

Andere Square Enix-Entwickler sind bekannt für ihre typisch japanischen Spiele wie etwas die »Final Fantasy«-Reihe. Ist »Hitman« etwas typisch europäisches? Gibt es überhaupt noch Spiele für bestimmte Märkte oder müssen große Titel international funktionieren?

Hannes Seifert: Es ist eigentlich eine einfache Rechnung: wenn man den Anspruch hat, an einem AAA-Titel zu arbeiten, muss er einfach auf globaler Ebene funktionieren. Immer bessere Hardware führt auch zu immer höheren Entwicklungskosten, die schon lange locker mit Hollywood-Blockbustern mithalten können. Einen weltweiten Flop mit vielen Millionen Dollar Entwicklungskosten kann sich eigentlich niemand mehr leisten. Die Kaufentscheidung für Spieler ist im Gegensatz zu früheren Zeiten enorm schwer geworden, da es einfach eine gewaltige Masse an Top-Games gibt. Es gilt also Wege als Entwickler zu finden, um aus der Masse an AAA-Games herauszustechen, aber im gleichen Atemzug auch eine breite Masse an Käufern anzusprechen. Keine leichte Aufgabe.

Werdet ihr fünf nach »Hitman Absolution« in Kopenhagen und bei IO Interactive bleiben?

Markus Friedl: Ich persönlich bin seit mittlerweile über sechs Jahren bei IO Interactive und »Hitman: Absolution« ist mein drittes Projekt. Das Arbeitsumfeld, das uns IO Interactive und Square Enix hier in Kopenhagen bietet, ist einzigartig. Ich denke, meine Kollegen sehen das genauso und freue mich sehr auf die nächsten gemeinsamen Projekte.

Hannes Seifert: Wir arbeiten hier für und mit einem großartigen Team und sind nicht nur für ein Projekt hergekommen. Wir haben auch schon gemeinsam andere Projekte hier gemacht und freuen uns schon sehr auf die zukünftigen.

Bild(er) © IO Interactive/ Square Enix; Arkane Studios
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