Martin Puntigam sagt wo es lang geht

Martin Puntigam präsentiert ab Mitte November sein neues Programm »Supererde«. Ein neuer Planet will gefunden und bewohnt werden, damit endlich alles gut wird.

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Kannst du einen kurzen Einblick geben, worum es im neuen Programm »Supererde« geht?

Die Vergreisung des Abendlandes wird von Katzenjammer begleitet: Es wollen zwar alle seit jeher nur das Beste, aber es wird offenbar immer schlimmer. Das Klima verändert sich, in den Meeren wohnen immer weniger Fische, viele Rohstoffe gehen zur Neige, die Kriege werden nicht weniger, die Menschen dafür immer mehr, die Schulden steigen überall, Tiere soll man nicht mehr essen dürfen und der Primat der weißen Rasse geht auch zur Neige. Wie soll man da Gerechtigkeit herstellen unter Beibehaltung der Herrschaftsverhältnisse? Das kann niemand verlangen.

Wie gut, dass seit Anfang der 90er Jahre Supererden entdeckt worden sind, Planeten, die um andere Sterne kreisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Supererde dabei ist, auf der Leben möglich sein könnte, ist groß, und der Protagonist meines neuen Solos bereitet sich genau auf die Auswanderung dorthin vor. Wo noch alles frisch und neu und unverdorben ist. Eine Reise ins Glück mithin.

Hat das etwas mit der Forderung nach dem Anthropozän zu tun?

Anthropozän ist ja mehr ein Kampfbegriff als eine Forderung. Die Menschen haben allerdings den Planeten Erde in den letzten Jahrtausenden tatsächlich sehr erfolgreich bewirtschaftet, möglicherweise aber langfristig nicht nur zu ihrem eigenen Vorteil. Der Erde selber wird das im Weiteren jedoch letztlich herzlich egal sein, davon können wir getrost ausgehen, und einen Weltuntergang, unter anderem das Geschäftsziel praktisch aller Religionen, die die Menschen erfunden haben, bringt die Menschheit bei aller Gier und Ausbeutung nicht einmal im Spaß zusammen. Dafür reicht es bei Weitem nicht.

Ein neuer Planet, alte Menschen – wie hoch ist deines Erachtens die Wahrscheinlichkeit, dass auch ein neuer Versuch scheitert?

Wenn ich hinfliege und endlich bestimmen kann, wo es lang geht, dann wird alles gut. Das ist zumindest die Vorstellung des Ich-Erzählers von »Supererde«. Es gibt viele heilige Bücher, es gibt viele gut abgehangene Gesetze und Moralvorstellungen, wenn man die behutsam remixt, sollte doch eine bessere Welt möglich sein. Mit Bestimmtheit wissen werden wir es aber erst dann, wenn ich gelandet bin und die Herrschaft installiert habe.

Wann setzt es bei dir aus und was lässt dich an der Menschheit verzweifeln, was gibt dann doch vielleicht wieder Hoffnung?

Ich habe bestenfalls eine normale Lebenserwartung für europäische Männer zu erwarten, das heißt nach 44 absolvierten Jahren bleiben mir statistisch noch 31,5. Das ist eindeutig zu wenig Zeit, um sie damit zu verbringen, an der Menschheit zu verzweifeln. Das sollen andere machen. Ich gehe davon aus, dass die Menschen auch weiterhin das tun, was sie in den letzten Millionen Jahren hervorragend gemacht haben, nämlich überleben. Wie viele, weiß man natürlich nicht, aber mehr Hoffnung hat es genau genommen nie gegeben.

Kabarett ist in Österreich oft kritisch und gern mit politischer Agenda. Hat dein Programm eine Botschaft?

Naja, so kritisch ist das Kabarett in Österreich gar nicht, wenn man genauer hinschaut. In der Regel ist es eine Zierleiste bürgerlicher Kultur, und, wenn über Politik geschimpft wird, in der Regel eine Ergänzung des Bestehenden. Selbstverständlich hatten alle meine Programme seit jeher eine Botschaft, sie lautet ungebrochen: »Liebes Publikum, kaufen Sie sich um Ihr Geld eine Eintrittskarte für mich und nicht ein neues Telefon oder einen Cluburlaub. Ich habe mich sehr bemüht, und wenn alle ordentlich mittun, dann wird die gemeinsam verbrachte Lebenszeit nicht vergeudet sein.« Wer mehr Botschaft verlangt, darf sich nicht wundern, unbescheiden genannt zu werden.

Was hat das Plakat, in dem du vor einer Wand mit »Fick die Polizei«, Partyhut und Feuerwerksrakete im Anus mit dem aktuellen Programm jetzt genau zu tun?

Wenn man genau hinschaut, dann steht erstens überhaupt nicht »Fick die Polizei« auf dem Plakat, das liest nur der, dessen Gehirn das Muster so vervollständigt, und zweitens ist überhaupt nicht erkennbar, ob die Rakete den Enddarm tatsächlich genetzt hat. Und damit ist der Zusammenhang mit dem Programm auch schon klar: gut gelaunt genau hinschauen, lieber einmal mehr überlegen, dann können wir dem Leben furchtlos gegenübertreten und es krachen lassen.

Bild(er) © Ingo Pertramer
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