»Wenn man es erzwingt, ist es nie geil«

Ant Antic haben mit »Wealth“ kürzlich ihr erstes Album veröffentlicht, heute feiern sie Album-Premiere im B72. Sänger, Produzent und Multiinstrumentalist Tobias Koett hat mit uns über die Anfänge, die glückliche Ant-Antic-Fernbeziehung und das neue Album gesprochen.

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Zwei Jahre ist es her, dass Tobias Koett und Marco Kleebauer mit ihrem ersten Konzert bei Club Nolabel auf sich aufmerksam gemacht haben. Die Zeit ohne Label beschränkte sich letztendlich auf ein Konzert, wenig später folgte die erste EP. Alles richtig gemacht, könnte man sagen. Heute präsentieren Ant Antic ihr erstes Album genau dort, wo sie begonnen haben: im B72. Wir haben mit Tobias Koett über »Wealth« und die unkomplizierte offene Fernbeziehung, aus der dieses Baby entstanden ist, gesprochen.

Zur Albumpremiere kehrt ihr ins B72 zurück, an den Ort, an dem ihr damals bei Club No Label das erste Mal gespielt habt. Nach dem Konzert ist einiges passiert … Wie hast du die Zeit damals in Erinnerung? Was hat sich seitdem verändert? 

Club No Label war das erste Konzert, da hatten wir effektiv drei Songs und haben zwei Wochen davor angefangen, das Live-Set zu konzipieren. Wir haben uns dann vier Live-Songs aus den Fingern gezogen, wovon einer jetzt auch am Album ist. Das ist eigentlich der einzige, der von den ursprünglichen Proberaum-Songs übrig geblieben ist: »Shamona«, der Dance-Track.

Es hat sich eigentlich alles verändert. Man muss sagen, dass es ein Wahnsinn war, was mit den drei Songs der EP passiert ist. So etwas kann man nicht wirklich planen, uns wurden wirklich viele Türen geöffnet, was normalerweise nicht so leicht ist. Wir haben uns jetzt schon relativ viel Zeit gelassen, obwohl ich eigentlich die letzten zwei Jahre nur an dem einen Release gearbeitet hab … Wirklich viel und immer. (lacht) Es war wirkliche eine lange und teilweise auch mühsame Arbeit, aber wenn man das erste Album releast, muss es auch so sein, dass man sagen kann: Okay, das ist genauso wie ich es möchte.

Die Zusammenarbeit zwischen Marco und dir war ja nur für einen Track geplant. Wieso hat es dann so gut gepasst?

Wir haben für Karma Art damals einen Track gemeinsam gemacht und da haben wir uns nicht gekannt. Das heißt, der Track war fertig, bevor wir uns kennengelernt haben. Das lief alles über E-Mail. Wir haben uns dann beim Konzert von Marco kennengelernt, wo ich auch gesungen habe, und haben uns dann öfter getroffen und festgestellt: Wir haben Material, wo ich als Produzent dabei bin, und es klingt nicht mehr nach Karma Art, es ist etwas Neues und es fühlt sich gut an. Dann haben wir mehrere Tracks produziert und jetzt … haben wir ein Album. (lacht) Ich glaube, so was muss sich ergeben und wenn man eine Person gefunden hat, mit der man gut Musik machen kann, dann passt es … Es ist schon ein bisschen wie in einer Beziehung: Wenn man es erzwingt, ist es nie geil.

Wenn wir schon bei Beziehungen sind: Marco hat ja auch mit Leyya ein krasses Jahr hinter sich. Gibt es auch mal Troubles wegen den Prioritäten?

Nein, dadurch, dass Marco und Sophia meine zwei Besties sind, ist das schon voll okay. Es ist auch ein bisschen eine Frage, wie man kommuniziert. Ich spiele alle Shows, die nicht in Österreich sind, mit einem anderen Schlagzeuger. Man muss sich logistisch einfach was überlegen, man kann sich nicht teilen. Leyya wird definitiv nicht weniger erfolgreich die nächsten Jahre und Ant Antic wird hoffentlich auch nicht weniger erfolgreich, und das heißt, man muss einfach schauen, wie es für alle passt. Und es ist einfach auch schön, wenn man sich gegenseitig supporten kann. Ich und Sophie müssen oder sollten uns da absprechen, aber wir geben uns da gegenseitig auch krasse Unterstützung, damit das mit dem Partner-Sharing funktioniert.

Ansonsten kann man sich das wirklich ein bisschen wie eine Fernbeziehung vorstellen. Wir besuchen uns alle drei Wochen und verbringen dann ein Wochenende miteinander. Wir haben aber auch davor schon etwa 50 Prozent der Songs separat produziert … Das war schon bei der EP so. Einer von uns arbeitet eine Idee aus und schickt sie dann dem anderen. Dadurch spart man sich extrem viel Zeit, weil gerade die kreative Anfangsphase, in der man stundenlang an den Ideen schraubt, aus denen sich dann erst ein Beat formt, sehr lange dauert. Wenn man das schon zu zweit macht, dauert alles einfach länger, weil man sich dann in den noch nicht ausformulierten kreativen Gedanken gegenseitig unterbricht.

Wie oft passiert es, dass man mit einer ausformulierten Idee zur anderen Person kommt und der dann sagt »Nein, geht gar nicht«?

Ehrlich gesagt ist das noch nie vorgekommen. Es ist eher so, dass wir beide ziemlich viel produzieren und viel Output haben und dementsprechend bleiben auch manche Sachen liegen. Es ist natürlich so, dass das, was jetzt erscheint, nur ein Bruchteil von dem ist, was wir produzieren. Wir haben schon viel gekickt, aber das ist das Schöne beim Duo – es gibt keine Demokratie, sondern immer nur Konsens-Entscheidungen. Mit Marco ist es eigentlich super entspannt, er ist ähnlich pragmatisch wie ich und wir sparen uns dadurch viel Zeit bzw. wir haben einen sehr konstruktiven Workflow. Ich kenne aber auch kaum andere Menschen, mit denen das so gut funktioniert, wie mit Marco.

Euer neues Album unterscheidet sich ja doch von der EP, ist zum Teil vielleicht etwas komplexer als »Blood Sugar«. Inwiefern spiegelt das auch eure Entwicklung wider? 

Ich glaube, wir sind einfach weniger naiv geworden. Gerade bei der »Blood Sugar«-EP war es so, dass wir in das Ganze einfach reingerutscht sind. Diese Sache, dass wir Produzent, Songwriter und Komponist in einem waren und dass wir da ein DIY-Ding auf die Beine stellten, war auch für uns neu. Dadurch war die EP auch sehr frei, was den Sound betrifft. Beim Album hatten wir einen viel konkreteren Plan. Wenn man lernt, Ideen schneller zu konkretisieren, kann man sich auch schneller rauslehnen und auch tiefgängigere Musik machen, ohne die Angst zu haben, dass das niemand versteht. Man bekommt ein Gefühl dafür, was einem selbst gefällt, was dem eigenen technischen Anspruch entspricht und was gut ankommt.

Du hast mit Monophobe und Ritornell zusammengearbeitet, Marco hat noch Leyya und Karma Art als Nebenprojekte. Ist vielleicht gerade dieses Wechseln und In-mehreren-Projekten-aktiv-Sein wichtig, damit man sich weiterentwickelt?

Dadurch, dass jeder wirklich einen krassen Output hat, kann man das nicht wirklich in ein Projekt kanalisieren. Das geht ja von Motown-Sounds bis zu harten Club-Tracks und jeder hat zwar seinen eigenen Stil, aber man schaut natürlich, wo bestimmte Elemente passen. Das Schöne an Wien ist, dass es einen kleinen überschaubaren Haufen an Menschen gibt und man alle, die etwas mit Musik machen, sehr schnell kennenlernt. Ich glaube dadurch unterstützt und pusht man sich gegenseitig auch sehr schnell. Ich habe fürs letzte Ritornell-Album beispielsweise eingesungen, obwohl das schon in eine andere Richtung geht, als die Sachen, die ich sonst mache. Ich sehe das als neue Challenge, das geht stark in Richtung Jazz und das ist Musik, die ich selbst nicht machen würde – teils weil ich zu dumm bin dafür, teils weil ich es schon auch gut finde, wenn ein Song konkret und on point ist. Aber es ist einfach super interessant, wenn mir der Richard Aigner von Ritornell eine Track-Idee schickt, die aus konfusen Sounddesign-Jazz-Fetzen besteht und ich dann nur mit meiner Stimme versuche, das zu konkretisieren und auf den Punkt zu bringen oder vielleicht auch zu drehen. Bei einem Track vom neuen Album, bei dem ich auch mitwirke, habe ich mir im Vorfeld gedacht: Nice, ich höre gerade superviel The Internet, Steve Lacy, Sachen, die in Richtung Jazz und Hip-Hop gehen und habe versucht, die Vocals eben in diese Richtung zu bringen. Was er dann damit macht, ist natürlich seine Sache und ich bin auch supergespannt, aber man kann halt dann ganz neue Sachen generieren und Sachen machen, die man im eigenen Projekt nie so umsetzen würde.

Du wirst in Artikeln immer als »Sänger und Multiinstrumentalist« bezeichnet, deshalb schließe ich mich hier gleich an. Aber: Wie hat deine musikalische Karriere begonnen, typisch mit Blockflöte? 

Nein, mit Geige. Meine Eltern haben mir eine Blockflöte in die Hand gedrückt und ich habe gesagt: Nein, Blockflöte mag ich nicht. Da war ich etwa fünf Jahre alt. (lacht) Dann war ich irgendwann auf einem klassischen Konzert und danach wollte ich Geige lernen. Ich habe mir aber vorgestellt, dass eine Geige so 20 bis 30 Saiten hat und man eigentlich nur die einzelnen Saiten anstreichen muss. (lacht) Bei meiner ersten Geigenstunde kam dann die Ernüchterung, dass man eigentlich nur vier Saiten zur Verfügung hat und sehr viel machen muss, um da mehrere Töne zu erzeugen. Das war die klassische Musikschulausbildung – danach bin ich auf Bratsche umgestiegen, dann habe ich E-Bass gelernt, danach Gitarre … und dann Klavier, das muss man ja irgendwie auch können. Ich glaube ich bin jetzt kein Virtuose, bei keinem der Instrumente, im Gegenteil, aber das muss man auch nicht sein. Es ist aber superspannend, wenn man einfach probiert und macht und nicht viel darüber nachdenkt.

»Wealth« von Ant Antic ist am 9. Juni 2017 bei Seayou Records erschienen. Heute präsentiert das Duo sein Album live im B72, am 23. Juni im OKH in Vöcklabruck und am 24. Juni beim Augartenfest in Graz.

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