Wennst bsoffn wirst, singst immer nur Wanda

Wanda und Der Nino aus Wien spielten gestern im völlig ausverkauften Flex das Konzert der Stunde. Die Menschen rasteten aus, Niko Ostermann fotografierte, Stefan Niederwieser stellt sich vor diese Stadt heißt Amore.

Wann hat Wanda das geschafft, so eingespielt zu sein? Von der ersten Sekunde an, war Druck, Stimmung und Präsenz zu spüren, ganz anders als sonst, wenn Bands versuchen an einem Freitag zur Hauptsendezeit ein paar Lieder zu spielen. Im Idealfall vergisst man ja, dass da überhaupt eine Band steht, mit ihren Rollen und Registern, was zählt, ist dann nur mehr der Song. Mac DeMarco kann das. Sonst nicht viele. Wanda auch.

Da stand sie, sang und lachte über den Tod und die Amore, die Band der Stunde, die der Spiegel schon vorab für alle Bestenlisten vorgeschlagen hatte. Laut.de hatte prompt „Bologna“ zum Song des Jahres gekürt, sogar Quizduell will wissen, welche italienische Stadt von der Wiener Band Wanda besungen wird. Nur Ö3, hallo? Ihr wolltet ja immerhin einmal eine Quote erfüllen, seit euch die Politik in der Richtung mächtig auf die Zehen steigt. Die Cousine, mit der Wanda in „Bologna“ vielleicht gar nicht schlafen möchte, für sie bräuchte es ein wenig Mut, um sie in der regulären Senderotation zu spielen. Aber „Auseinandergehen ist schwer“? Spielt das jetzt unbedingt. Nino spielt ihr doch auch. Und wer schreibt sonst solche Zeilen, die wirken, als wären sie direkt aus der Seele geschnitten?

Sterben wirst du leider in Wien


Wanda schienen solche Diskussionen derweil herzlich egal. Sie singen vom Schnaps, dass jeder am Ende jeder einsam sein wird und man halt leider in Wien stirbt. Aber das eigentlich nie in einer mitleidigen, trotteligen Besoffenheit, sondern mit Witz, Tempo, Bock und gelegentlich auch mal anspruchsvollen Harmonien. Immer wieder gibt es kleine Gesten von Sänger Marco Michael Wanda für das Publikum, da ein Lacher, dort zeigt er auf jemanden, Arme ausbreiten und noch ein Scherz über die Tour. Wie es in Wien halt doch am Schönsten ist nämlich. Applaus ernten, verbeugen, Abgang.

Es fällt schwer sich vorzustellen, wie Wanda tatsächlich weiterhin auf diesem schmalen Grat Songs schreiben kann, zwischen bierseligem Austropop, Schmäh und den kaputten, letzten Dingen. Früher oder später werden diese Lieder auch in mittelmäßigen, österreichischen Filmen landen. Oder Wanda schreiben etwas, „bei dem sie es wissen wollen“. Darüber kann, aber muss man derzeit nicht spekulieren. Gerade sind Wanda die Band, auf die sich sehr, sehr viele Menschen zurecht einigen können.

Diese Stadt heißt Amore

Der Nino aus Wien hatte dann kurz über „die Vorband“ gescherzt und wusste da natürlich, dass man im Frühling gemeinsam mit Wanda den Gasometer ausverkaufen wird. Es ist erstaunlich wie viel sich in den letzten Jahren getan hat. Nicht nur, dass man mit eher verqueren Liedern eine Halle füllen kann, es war auch immer wieder ein gewisser Wienstolz zu spüren. Was sich erst einmal seltsam anhört. Man hat lange gelernt dieser Stadt und diesem Land zu misstrauen. Man redet darüber was nicht passt, sagt etwas ist eben typisch österreichisch, dazu noch ein bisschen Selbsthass. In der Musik ist das heute ein wenig anders. Gerade als man glauben konnte, das oft beschworene Wiener Songwritingwunder ist wieder vorüber – das vielleicht sogar nur eingebildet war –, da sprengen Wanda die Feuilletons. Dass es andere gab und gibt, die das alles vorbereitet haben, diese spezielle Art zu texten, konnte man bei Nino aus Wien sehen und hören. Seine Songs konnten an diesem Sonntag mindestens so viele Menschen mitsingen. Und als dann am Ende auch Wanda noch einmal am Schlagzeug, Piano und tanzend mithalfen, war alles erleuchtet. Kinder stellt euch vor, diese Stadt hieß Amore.

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