In Zeiten von Internet-TV und gratis Online Streaming müssen sich Medienmacher alternative Geschäftsmodelle einfallen lassen um mithalten zu können. Leicht gesagt, aber wie könnte das in der Realität aussehen?
„Bezahlen muss letzten Endes immer der Konsument“
Wer zukünftig für die TV-Inhalte bezahlen wird liegt eigentlich auf der Hand und wird sich im Vergleich zu Heute auch nicht ändern: der Konsument. Denn egal ob im Free-TV oder beim kostenlosen Internetfernsehen, letzten Endes wird immer die gewonnene Aufmerksamkeit des Zusehers an die Werbewirtschaft verkauft. Dieses Modell der Ökonomie der Aufmerksamkeit steckt in der klassischen Fernsehbranche aber bereits in doppelter Weise in der Krise. Einerseits wegen der Wirtschaftskrise, andererseits weil es den FernsehmacherInnen in Zeiten ständig wachsender gesellschaftlicher Diversität immer schwerer fällt zu erkennen, wer denn jetzt eigentlich ihr Publikum ist. Die noch vor gar nicht allzu langer Zeit gepriesenen Sinusmillieus bilden diese nämlich auch schon längst nicht mehr verlässlich ab. In dieser Hinsicht bietet das Internet den durchaus kritisch zu hinterfragenden "Vorteil", da seine Nutzer weitaus „gläserner“ sind als die vor den Fernsehbildschirm und Werbung so viel zielgerichteter an den Konsumenten gebracht werden kann.
Keine Sorgen machen muss man sich um die gesamte Unterhaltungsbranche, da sie ohnehin den Großteil der Aufmerksamkeit des Publikums bekommt. Für Information - und hier vor allem für die in der Herstellung immer noch teure, weil zeit- und personalintensive, qualitativ hochwertige Information - wird es wohl andere Modelle der Finanzierung brauchen. Wobei hier wohl kein Weg an medien- und ordnungspolitischen Eingriffen des
Staates vorbeit führt, liegt es doch nicht nur in seinem Interesse, sondern im Grunde in seiner demokratischen Selbstverpflichtung dafür zu sorgen, dass eine transparente und qualitativ hochwertige Berichterstattung über gesellschaftspolitisch relevante Themen auch weiterhin angeboten werden kann. Denn Modelle, wie das Private Funding, durch das sich Amy Goodmans mehrfach ausgezeichnete Welt-Nachrichtensendung „Democracy Now“ finanziert (seit Dezember 2009 von Montag bis Freitag um 23:05 auch auf Okto zu sehen) sind, das zeigt die Erfahrung aus zahlreichen anderen
Bereichen, auf Europa nicht so ohne weiters übertragbar. Daher wird es längerfristig wohl Sinn machen, nichtmehr Gebühren für einzelne Empfangsgeräte einzuheben und diese dann mehr oder weniger unhinterfragt den seit jeher gebührenfinanzierten Sendern zukommen zu lassen, sondern so etwas wie eine generelle Telekomsteuer einzuführen. Frankreich und Spanien versuchen hier ja bereits einen solchen Weg zu gehen. Begleitet
werden müsste eine solche Maßnahme in jedem Fall durch ein transparentes und nachvollziehbares Regelwerk, das die sinnvolle und zweckgebundene Verwendung der so lukrierten Steuermittel garantiert. Nur so werden wir langfristig aktuell und vor allem demokratiepolitisch problematischen Entwicklungen wie der Vergrößerung der Wissenskluft bei gleichzeitiger Verkleinerung der Vielfalt entgegen wirken können.
„Mehr Toleranz gegenüber dem ORF“
Wie lange das klassische Fernsehen in seiner jetzigen Form noch existiert, das kann heute noch keiner sagen. Sicher ist aber, dass umgedacht werden muss und es dabei auch neue Geschäftsmodelle braucht. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es noch lange einen Bildungsauftrag für den ORF und somit auch staatlich gefördertes Fernsehen geben wird. Anders wäre es auch nicht möglich diese Masse an Informationssendungen und Kulturangeboten zu produzieren. Worauf wir uns aber auch immer stärker konzentrieren ist der freie Markt, denn Gebühren sind zwar schön und gut, aber alleine in den öffentlich-rechtlichen Teil des ORF - 34 Informationssendungen, Filmförderung, technische Verbreitung und Erhaltung, RSO, Ö1, RadioKulturhaus etc. - fließen ein Großteil dieser Gelder. Was in diesem Zuge auch zunehmend kommen wird ist "Video On Demand" gegen Entgelt, mit einem dementsprechenden Internetauftritt. Durch die Digitalisierung des Fernsehens wird es weiterhin immer einfacher für den Zuseher interaktiv ins Programm einzugreifen, was uns wieder neue Wege eröffnet. Auch die Möglichkeiten der Mehrwertnummer, wie sie etwa bei "Dancing Stars" und "Starmania" zum Einsatz kommen, sind noch lange nicht ausgereizt. Weitere Wege sich zu finanzieren bieten die Programmvermaktung von eigen- und mitproduzierten Sendungen, sowie der Vertrieb von DVD's. Worauf wir uns weiterhin konzentrieren müssen, und das gilt für alle österreichischen Sender, ist die Produktion von österreichischem Content. Für die Zukunft würde ich mir etwas mehr Toleranz gegenüber dem ORF wünschen. Denn wenn Privatsender weiterhin alles machen können und dürfen, beim ORF aber immer wieder aufs neue eine Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Auftrag ausbricht wenn Filme und Serien gezeigt werden, dann brauchen wir uns wahrscheinlich nicht einmal mehr Geschäftsmodelle für die Zukunft überlegen.
„So schlecht sieht die Zukunft für die Glotze gar nicht aus.“
Durch die Digitalisierung multiplizieren sich die Vertriebswege. Echte Fernsehjunkies zahlen gerne für über digitale Plattformen erworbenen Lieblingsserien.
Dass sich darüber das Publikum TV-Gebühren oder Kabel-TV nicht mehr leisten will, ist nicht zu erwarten. Fernsehen ist als Alltagsmedium etabliert. Nicht jeden Abend sind Zuschauer gewillt, ihr Programm selbst zu gestalten.
Das viel größere Problem das sich derzeit stellt ist die steigende Anzahl jener, die das Programm zeitversetzt nutzen und Werbung wegschalten. Modelle, wie damit umzugehen ist, scheinen noch keine Lösung zu bieten. Vielleicht so: Internetfernsehen erfährt im Moment eine atemberaubende Professionalisierung. Gelingt dieser Qualitätssprung, brauchen sich jene, die ihn mittragen, keine Sorgen um Finanzen zu machen.
„TV-Sender müssen überall präsent sein.“
Der öffentlich-rechtliche Bereich wird in Österreich bestimmt auch in Zukunft
sehr dominant sein. Wie es bereits in anderen Ländern der Fall ist, könnte aber
auch hierzulande anstelle der Rundfunkgebühren eine Steuer eingeführt werden.
Auch die Möglichkeit Satellitenempfang extra zu vergebühren steht ja
mittlerweile im Raum. Ob öffentlicher oder privater Sektor, die neuen
Möglichkeiten des Internets werden alle nutzen, da die Player natürlich
versuchen, auf allen Vertriebskanälen mit ihrer Marke präsent zu sein. Im Zuge
dessen werden die Fernsehsender bestimmt versuchen, sich ihren Content auch
bezahlen zu lassen. Aber das wird der freie Markt auf die eine oder andere Weise
selbst regeln.
The whole world is turning, und dieser Wandel macht auch vor der Medienwelt keinen plötzlichen Halt. Die Konkurrenz mit der Zeitungen und Verlage schon lange zu kämpfen haben, ist allmählich dabei einen weiteren Medienmarkt zu Erobern. Das Internet bietet massig Gelegenheiten sich Fernsehsendungen, Filme und Nachrichten anzusehen ohne das dafür bezahlt werden muss. Zumindest die eigentlichen Fernseh- und Medienmacher gehen heute noch meist leer aus, auch wenn es diese Leute und Unternehmen sind, die für die Inhalte finanziell aufkommen müssen die sich da so wunderbar gratis auf allerlei Plattformen im Internet präsentieren. Können klassische Fernsehgeschäftsmodelle überhaupt weiterhin funktionieren, wenn niemand mehr klassisch in den Fernseher guckt, sondern sich anstelle der 124. Wiederholung von „Wer erschoss Mr. Burns“ lieber die neueste Staffel gratis im Internet ansieht? Die Fernsehbranche wird sich in jedem Fall etwas überlegen müssen um mit dem rasanten Fortschritt des Internetfernsehens in letzter Zeit und der generellen Angebotsvielfalt im Internet mitzuhalten, bzw. überhaupt nachzukommen. Die Digitalisierung des Fernsehens und die sich dadurch bietenden Möglichkeiten sind freilich eine enorme Hilfe und ein großer Schritt in die Zukunft und Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Internet. Sich damit zufrieden zugeben wird aber nicht genug sein. Wie jetzt schon immer mehr „Video On Demand“ Projekte von TV-Sendern zeigen, braucht das Fernsehen das Internet in bestimmten Punkten und die Zukunft wird wahrscheinlich viel mehr in einem Miteinander als einem Gegeneinander zwischen TV und Web liegen. Wie solch verschränkte Geschäftsmodelle funktionieren können, welche Alternativen der Fernsehbranche der Zukunft bleiben oder wir vielleicht sogar bald eine Art „Fernsehen 2.0“ über die Bildschirme rieseln sehen, haben wir in der heimischen Medienszene nachgefragt.