Unter dem Motto »Theater für jede Stimme« fanden am 22. und 23. März die ersten Nekuonnex Days im Musischen Zentrum und im Dschungel Wien statt. Um die fünfzig Kulturvermittler*innen kamen hier zusammen, um sich über das Theater der Zukunft, Diversität, Hierarchien und vieles mehr auszutauschen.

Über ein Jahr lang waren die Nekuonnex Days in Planung. Das Ergebnis ließ sich Ende Mai bestaunen: ein Wochenende voller abwechslungsreicher Programmpunkte für Kulturvermittler*innen. Alles drehte sich dabei um das »Theater der Zukunft«. Im Rahmen verschiedener Workshops wurde überlegt, wie dieses aussehen könne. Ein Anlass dafür war die Coronapandemie. Während dieser wurde nämlich vielen Personen im Kulturbetrieb die Prekarität ihres Berufes ganz besonders bewusst. Ebenso wie die Tatsache, dass viele Menschen gar nicht wissen, was insbesondere Kulturvermittler*innen überhaupt machen. Die Veranstalter*innen glauben deshalb, dass es schon allein ein wichtiger Schritt in die Zukunft wäre, mehr Bewusstsein für die oft unsichtbare Arbeit im Kulturbetrieb zu schaffen. Beispielsweise indem Kindern und Jugendlichen diese Berufsmöglichkeit als Option vorgestellt werden. Theater- bzw. Kulturarbeit überhaupt als Arbeit zu sehen und zu werten sei schon ein großer Schritt.
Tatsächlich kommt es in einem Bereich, wo der Mythos herrscht, dass alle diese Aufgaben zum Spaß und aus Leidenschaft machen würden, schnell zu Selbstausbeutung und Unterbezahlung. Da Personen im Kulturbetrieb diese Arbeit ja meist tatsächlich gerne machen, nehmen sie diese Bedingungen eher hin, um ihrer Leidenschaft nachgehen zu können. Im Rahmen dieses Festivals konnte gemeinsam über diese und ähnlichen Problemstellungen diskutiert und daran gearbeitet werden. Denn Netzwerke stärken sowohl die Branche als auch die eigene Arbeit.

Österreich – eine Kulturnation?
Neben diesem zentralen Themenkomplex wurde bei den Nekuonnex Days auch versucht auf Fragen rund um Fair-Pay und Arbeitsrecht im Rahmen von Workshops Antworten zu finden. Österreichische Politiker*innen positionieren Österreich gerne als „Kulturnation“. Doch stimmt das so? Kann man in Österreich von Kunst und Kultur wirklich leben? Zudem wurden noch kollektiven Theaterbesuchen inklusive Nachbesprechungen sowie weiteres durchmischtes Programm angeboten, zu dem unter anderem auch diverse inspirierende Masterclasses zählten.
So befasste sich etwa Katharina Oberlik – Dozentin, Regisseurin, Performerin, Mitgründerin von She She Pop und Gründerin der Ghettoakademie Hamburg – in ihrer Masterclass »Mystory to Be Told« mit dem autobiografischen Erzählen sowie Performen auf der Bühne. Zum Einstieg gab es hier körperliche Bewegung und Tanz, um eine Abwechslung zum vielen Sitzen und Reden zu bieten. In ihrer Arbeit stellt Oberlik sich immer wieder Fragen dazu, wessen Geschichte erzählt wird und von wem. Wie vermeidet man Betroffenheitsalarm? Und was für ein Verhältnis bauen wir zum Publikum? Dabei betonte sie, gemeinsam mit den Teilnehmenden in einem Kreis am Boden sitzend, dass Perfektion eine Illusion sei und die autobiografische Erzählung als eine kollektive Medizin funktionieren könne.
Gleichzeitig dazu fand in einem anderen Raum des Musischen Zentrums die Masterclass »Rassismuskritisch Denken & Handeln« von Steffen Jäger statt. Hier war das Setting mehr mit einem Seminar vergleichbar. Steffen Jäger ist Regisseur, Schauspielprofessor und seit 2024 stellvertretender Leiter des Max Reinhardt Seminars. Im Rahmen seines Vortrages thematisierte er, dass Rassismus eine Struktur und keine Ausnahmeerscheinung sei. Wie ein 10.000-Teile-Puzzle, setze dieser sich aus vielen verschiedenen Kleinigkeiten und Interaktionen zusammen, um insgesamt ein großes, strukturelles Problem zu bilden. Die Teilnehmer*innen konnten im Rahmen der Masterclass auch Erfahrungen aus ihren Arbeitsbereichen teilen, Ressourcen und – mitunter sehr unterschiedliche – Wissensstände austauschen. Die Leitfrage war: Was können Theater und andere Kulturinstitutionen tun, um rassismuskritisch zu arbeiten? Denn Repräsentation ist erst die Grundlage für Gleichberechtigung.

Ehrenamtliche Organisation
Organisiert wurden die Nekuonnex Days unter anderem von den zwei ehrenamtlichen Organisationen Nekudak und Theaterkonnex. Nekudak wurde 2021 als Netzwerk zur Kulturvermittlung in den darstellenden Künsten gegründet. Das Ziel des fünfköpfigen Vorstandes (Anna Lukasser-Weitlaner, Christoph Daigl, Florian Bösel, Anja Sczilinski und Teresa Stoiber) ist die Vernetzung und gegenseitige Unterstützung von Kulturvermittler*innen in den darstellenden Künsten. Mittlerweile hat Nekudak österreichweit über hundert Mitglieder, sie streben allerdings einen den gesamten DACH-Raum-umfassenden Verband für Kulturvermitller*innen an.
Theaterkonnex (bestehend aus Edith Hamberger, Christina Polzer, Florian Granzner, Simone Rupp, Lisa Koller und Jürgen Heigl) ist hingegen eine österreichweite Plattform zur Vernetzung künstlerischer Mitarbeiter*innen an öffentlich geförderten Theaterhäusern. Ihre Angebote umfassen Aufklärungsarbeit und Beratungsstellen. Unter anderem zählen eine höhere Gagentransparenz, gemeinsame Kollektivverträge sowie Austausch zwischen Theatermacher*innen und der Kulturpolitik zu ihren erklärten Zielen. Weiters hinterfragen sie die Sinnhaftigkeit, der häufigen Unterteilung in freie Szene und etablierte Institutionen.
Eine Fortführung der Nekuonnex Days ist angedacht, aber noch nicht gesichert. Weitere Informationen finden sich auf den Websites von Nekudak und Theaterkonnex.