Wie Urlaub am Meer

Grizzly Bear senden uns vom Olymp der Gitarrengötter ihre neueste Schöpfung: »Painted Ruins« entführt uns an die Westküste der USA, zu nächtlichen Küsten-Sonnenuntergängen, unter Wasser und in atmosphärische Höhen.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.
© Tom Hines

Fünf Jahre sind vergangen, seit Grizzly Bear mit dem Referenz-Album »Shields« in den Olymp der kontemporären Gitarrengötter aufgestiegen sind. Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Andererseits ist es auch verständlich, dass nach der geschehenen Heiligsprechung durch Medien und Fans ein Rückzug folgen musste.

Gemalte Ruinen

Das Nachfolgealbum heißt nun »Painted Ruins« und es ist sehr, sehr gut. Die Aufnahmen erfolgten in New York und Los Angeles, wo mittlerweile auch drei der vier Mitglieder des ursprünglich in Brooklyn formierten Quartetts leben. Die gemalten Ruinen erweisen sich als Küstenlandschaften mit besonderer Hingabe zu jenen Dingen, die im Schatten verborgen liegen. Die in ihrer Struktur sehr runden und umso sommertauglicheren Songs leuchten im Licht eines Küsten-Sonnenuntergangs um elf Uhr abends. Eine leise Melancholie durchhaucht bereits den Opener »Wasted Actress«. Die Single »Mourning Sound« spendiert der Platte ihren ersten Höhepunkt. Der an New Order erinnernde Song besticht mit unglaublich schönen Unterwasser-Synthie-Sounds und epischem New-Wave-Gedrumme. »Three Rings« klingt so mystisch und atmosphärisch, dass es ein geheimer Soundtrack-Wunsch für die neue »Twin Peaks«-Staffel ist. »Sky Took Hold« lässt die Platte energetisch aufgeladen auslaufen: »Your mind is racing, the time just froze« ist das besungene Kredo, wenn die Nadel die letzte Rille durchlaufen hat.

Urlaub am Meer – in einer Höhle

Mit dem Umzug von der Ost- an die Westküste sowie einem Labelwechsel von Warp zu RCA scheint sich auch ein künstlerischer Wandel vollzogen zu haben. Waren »Veckatimest« und »Shields« in ihrer experimentellen Herangehensweise zur Popmusik näher an dem typischen Brooklyn-Baltimore-Sound, wie ihn Bands wie Animal Collective oder Beach House praktizieren, klingt »Painted Ruins« wie die Konsequenz aus den mittlerweile zu Ende gedachten Westküsten-Songzyklen der 60er-Jahre. Die Platte liegt damit aber auch näher an der kalifornischen Küste, die bereits Bands wie die Byrds, die Beach Boys oder Buffalo Springfield für sich beansprucht haben. »Painted Ruins» ist das Album für den Urlaub am Meer – in einer dunklen, einsamen Höhle.

Bewertung: 8/10

»Painted Ruins« von Grizzly Bear erscheint am 18. August bei RCA Records. Sie touren im Herbst durch Europa, am 12. Oktober spielen sie in Berlin.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...