Das Popfest hat einen neuen Kurator: Patrick Pulsinger. Im The Gap-Interview spricht er über die Vielfalt der österreichischen Musikszene und die Herausforderung der Organisation. Ende Juli kann man das dann am Wiener Karlsplatz besichtigen.
Was hat dich gereizt das Festival zu übernehmen? Wie kommt man zu einem solchen Job?
Anfänglich hat es mich nicht sehr gereizt diesen Kuratorenjob zu übernehmen. Ich wusste nicht, ob ich die nötige Zeit aufbringen kann ein gutes stimmiges Programm zusammenzustellen – zumal Robert Rotifer die Latte in den letzten Jahren schon recht hoch gelegt hat. Nach Telefonaten mit ihm und ein paar Besprechungen mit dem Popfest-Team habe ich mich dann doch getraut. Ich finde das neue System mit einem wechselnden Kurator spannend und wollte mir diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Wie wird sich das Festival verändern? Du bist ja definitiv stärker mit der elektronischen Szene verbunden als Robert Rotifer? Wird das Festival allein von dir kuratiert werden oder werden auch Acts dabei sein, die noch Rotifer an Land gezogen hat? Ein zweites Phonotaktik?
Ich bin alleine für das Programm zuständig. Robert ist beratend zur Stelle, wenn man ihn braucht – hält sich beim Programm aber völlig raus. Natürlich sollte und wird so ein Festival die Handschrift des Kurators tragen und ich habe eine genaue Vorstellung welche Richtungen man hier noch mehr entdecken und zeigen kann. Mein persönlicher Musikgeschmack reicht ja auch über elektronische Musik hinaus. Mir ist aber völlig klar, dass es sich um ein Popfest handelt, ein Festival bei freiem Eintritt, welches den aktuellen Stand der Musikszene in Österreich repräsentiert. Das Popfest wird sicher das Festival bleiben, das sich in den letzten Jahren großem Zuspruch erfreut und mittlerweile zu einem wichtigen Showcase für heimische Künstler geworden ist. Überraschungen bei Programm und Spielstätten wird es trotzdem geben.
Du bist ja vor allem als Produzent tätig. Band oder Artists, die du produziert oder gemastert hast, werden sicherlich auch am Festival vertreten sein. Hast du da Bedenken?
Nein. Wenn ich die hätte, könnte ich den Job nicht machen. Es treten an vier Tagen Popfest über 50 Bands auf. Dass ich mit dem einen oder anderen in den letzten Jahren mal irgendwie zu tun hatte, lässt sich sicher kaum vermeiden, aber diese Überschneidungen werden minimal ausfallen. Und falls das doch jemanden stören sollte, dann kann man ja nächstes Jahr einen Bäcker kuratieren lassen.
Wie schätzt du die Möglichkeiten des Festivals ein mit der Limitierung auf österreichische Acts? Budgettechnisch? Welche Bedeutung hat das Festival für die österreichische und wienerische Musikszene und die Stadt? Kultur ist ja mittlerweile auch ein Baustein im neoliberalen Städtewettbewerb?
Ich empfinde das keinesfalls als Einengung. Ein gratis Festival, das sich ausschließlich um die heimische Musik kümmert, ist doch ein Idealfall. Vor allem für junge Künstler, die gerade versuchen durchzustarten, kann das eine große Gelegenheit sein sich einem neuen Publikum zu präsentieren. Bereits etablierte Bands zeigen wie professionell und auf welchem hohen Niveau in Österreich Musik gemacht wird. Einige Leute im Publikum kommen vielleicht nicht vordergründig, um ein Konzert zu sehen, werden dann aber überrascht und lernen eine Band kennen, die in den Mainstream-Medien nicht vorkommt.
Sollten sich die Verantwortlichen der Städte entscheiden, ihrer Verpflichtung nachzukommen zeitgenössische Kunst und Musik stärker zu fördern, so werden sie auch feststellen, dass man nicht nur mit Mozart, Fiakern und Shopping-Meilen Publikum anziehen kann. Alles was hier investiert wird ist begrüßenswert und stärkt die Wahrnehmung österreichischer Acts im In- und Ausland. Dort wo Geld in die Hand genommen wird, gibt es klarerweise immer Kritik. Deshalb müssen solche Aktionen im engen Kontakt mit der Szene entstehen und permanent Ideen gesammelt werden. Das Popfest ist ein guter Anfang.
Das Popfest zahlt sehr gut. Manchmal wurde es deshalb verdächtigt Bookingpreise kaputt zu machen. Wird das trotzdem beibehalten?
Tja, da gehen die Meinungen stark auseinander. Einige etablierte Acts finden die Bezahlung nicht so gut und verweisen auf höhere Gagen bei kommerziellen Festivals im In- und Ausland. Andere Bands verdienen am Popfest sicher wesentlich besser als im Musiklokal in ihrem Bezirk. Und genauso passt das auch. Es gibt keine überzogenen Gagen und auch keine Band, die für einen Bettel spielen sollen. Zwischen den Bühnen und den Bands existieren natürlich Unterschiede, sonst wäre das Festival nicht finanzierbar, aber diese Unterschiede halten wir für vertretbar.
Das Festival hat ein gewisses Budget und das lässt sich nicht erweitern, da auch bei tollem Erfolg und Andrang nicht mehr Geld eingenommen wird. Dadurch gibt es aber beim Booking auch keine rein kommerziellen Überlegungen. Wer dabei sein will ist dabei und bekommt OK bezahlt, wem es nicht reicht kommt eben nicht – auch OK.
Warum glaubst du gibt es in Wien kein großes internationales Musikfestival, wie in Oslo, Barcelona, London, etc.?
Keine Ahnung. Kurzsichtigkeit?
Das vierte Popfest am Wiener Karlsplatz findet vom 25.-28. Juli statt. Das Line-up wird frühestens im Mai präsentiert.