Wortwechsel Fotografie: Werner Sobotka

Wie zeitgemäß ist die Gewerbeordnung für Fotografie in Österreich? – »Kann man die Fotografie zum Handwerk degradieren?«, fragt Werner Sobotka von der Photographischen Gesellschaft.

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Seit 2004 ist das Fotografengewerbe in Deutschland kein geschützter Berufszweig mehr, sodass jeder, der glaubt, die Tätigkeit ausüben zu können, dies auch tun darf. Den Fotografenmeister und die Ausbildung zum Fotografen gibt es aber nach wie vor – uns diese schrenken ein, wie man sich Bezeichnen darf. (Berufs)Fotograf, das darf sich nämlich nur derjenige nennen, der auch eine entsprechende Ausbildung oder einen Befähigungsnachweis vorlegen kann. Aber auch diese Bezeichnung ist nicht einzig und allein durch die Meisterprüfung abgedeckt, andere nachweise wie universitäre Ausbildungen und Fachhochschulabsolventen sind in der EU sogar noch höherwertig anzusiedeln. Nicht geschützte Bezeichnungen, wobei die bekannteste sicher Fotodesigner, Bildjournalist oder einfach Fotografie ist, dürfen alle verwenden und auch damit Geld verdienen. Fotografie ist also in der EU kein Gewerbe mehr.

In Österreich ist dies leider nicht der Fall und mit einem Gewerbeschein oder der Meisterprüfung glaubt man eine finale Lösung auch für die Beurteilung der Qualität gefunden zu haben. Dies ist ein großer Irrglaube, denn die Meisterprüfung ist ein Relikt aus der Vergangenheit und gibt keinerlei Auskunft über die Qualität des Geprüften in einer Zeit, in der die Technologie den meisten Prüfern bereits davongerannt ist. Doch von diesen wird in Österreich keinerlei Nachweis ihrer Befähigung oder Weiterbildung verlangt. Prüfer ist eine selbsternannte Befähigung und meiner Meinung nach sollten die Prüfer geprüft werden und nicht die Kandidaten. Die Prüfer sind darüber hinaus pädagogisch völlig unausgebildet und besitzen keinerlei wirkliche Ausbildung in der Fotografie. Weder akademisch noch ingenieurmäßig, Praxis allein ist für Prüfer nicht ausreichend. Auch merkt man bei Prüfungen das Voreingenommensein gegenüber den wirklich Ausgebildeten an der Grafischen oder der Ortweinschule in Graz oder gegenüber Fotografen mit Hochschul-Ausbildung.

Meister sein heißt noch lange nicht ein Fotograf zu sein, dazu gehört wirklich mehr. Andere Länder, auch über die EU hinaus wie etwa die USA bilden Fotografen an Universitäten aus und zwar nicht nur unter dem Sammelsurium Fotograf, sondern mit Ausbildungen zum Pressefotografen (gibt es auch in Deutschland), zum Portraitfotografen, zum Fototechniker oder zum wissenschaftlichen Fotografen. All diese Kompetenzen fehlen in Österreich – sicher einem kleinen Land, doch auch hier sollte die Qualität über kleinlichem Gewerberecht angesiedelt werden. Passbilder oder Hochzeiten sind kein Gradmesser für professionelle Fotografie.

Denn diese ist mehr als solides Handwerk. Gegen dieses habe ich keinerlei Einwände, sehr wohl aber gegen eine Regulierung gegenüber Personen, die fachlich, künstlerisch und auch was die Visionen betrifft, weit darüber anzusiedeln sind. Denn so wird in vielen Fällen auf Systeme und Fotografen auch ohne Gewerbeschein aus dem Ausland zurückgreifen und Bilddatenbanken zeigen bereits, dass die Konkurrenz nicht in ungeprüften Künstlern liegt, sondern in einer digitalen Medienwelt, in der Daguerre und FoxTalbot bereits der Vergangenheit angehören.

Schon in alten Zeiten haben sich Fotokünstler Amateurfotografen genannt. Auch die erste Ausstellung anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Photographischen Gesellschaft in der Albertina zeigte, dass Qualität keine Frage eines Gewerbescheines, sondern eine Frage der Qualität des Fotografen und seiner Ausbildung ist. Genau festgelegte Curriculae an der Graphischen oder an den vielen Universitäten und Hochschulen sind hier ein Weg. Ein akademischer Titel, ein Master oder gar ein PhD in Fotografie, ist weitaus höher anzusiedeln, als eine Meisterprüfung im einzigen Land der EU, wo diese noch Konsequenzen hat. Auch wird in Österreich noch der Ingenieurtitel für Fotografie verliehen – auch hier ist eine höherwertige Ausbildung, die noch dazu eine vierjährige Praxis vorsieht, nicht mit der Meisterprüfung ident und muss noch durch eine um viele Stufen schlechtere Qualifikation durch nicht ausgebildete Prüfer nachgewiesen werden. Ein absurdes System im Kakonnien der österreichischen Fotografie.

Werner Sobotka, 65, Präsident der Photographischen Gesellschaft und bis 2008 Abteilungsvorstand für Fotografie und audiovisuelle Medien und Multimedia an der Graphischen.

Die Beiträge:

Übersicht

Astrid Bartl: „Der Markt regelt sich selbst.“

Elfi Semotan: „Ich will nicht, dass die Konkurrenz ausgeschaltet wird.“

Michael Weinwurm: „Die Stellung ‚P‘ steht eben nicht für professionelles Fotografieren.“

Werner Sobotka: „Kann man die Fotografie zum Handwerk degradieren?“

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