Wortwechsel Fotografie: Astrid Bartl

Wie zeitgemäß ist die Gewerbeordnung für Fotografie in Österreich? – »Der Markt regelt sich selbst«, meint Astrid Bartl.

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Ich arbeite seit 15 Jahren als selbständige Pressefotografin und bin seit 2 Jahren Vollfotografin. Den Zugang zur Vollfotografin erwarb ich mir durch die individuelle Befähigung und das trotz Fotografeninnung, meiner Standesvertretung, die mich in keinster Weise unterstützte. Obwohl es mittlerweile in Österreich als Zugangsmöglichkeit im Fotografengewerbe neben der Meisterprüfung auch die Möglichkeit der individuellen Befähigung gibt, kenne ich bis dato keine positive Bewilligung seitens der Innung. Ich persönlich habe in meinem Fall auf Anraten der WKO einen unabhängigen gerichtlich beeideten Sachverständigten engagiert.

Nun bin ich vor Gesetz Vollfotografin, das heißt ich darf entgeltlich nicht nur für Zeitungen, sondern auch für Firmen, Werbung und Private fotografieren. Als Pressefotografin wurde ich von renommierten Medien wie profil, Zeit, la liberation, Spiegel engagiert. Da sich die Medienlandschaft durch die Finanzkrise und mein Leben durch Familienzuwachs drastisch verändert hat, war ich gezwungen mein Berufsfeld neu zu justieren. Nun fotografiere ich für Firmen, Werbeagenturen und habe mich auf exklusive Hochzeitsreportagen spezialisiert.

Der Printmedien-Markt hat sich in den letzten Jahren frappant verändert. Aufträge für Pressefotografen sind rar und unterbezahlt. Damit diese fotografisch hochqualifizierte Berufsgruppe nicht beim AMS landet, ist es auch in Österreich notwendig, ihnen die ungehinderte Ausübung ihres Berufes zu ermöglichen. Die Fotografeninnung sollte alle Mitglieder – 2/3 Pressefotografen, 1/3 Vollfotografen – vertreten, anstatt die Mehrheit in die Illegalität zu treiben. Ich persönlich kenne nahezu keinen Pressefotografen, der es sich leisten kann ausschließlich von Zeitungsaufträgen zu leben. Anstatt ihre zahlenden Mitglieder anzuzeigen, ist die Fotografeninnung gefordert ihre Mitglieder, in diesen Umbruchszeiten zu unterstützen.

Die Argumentationen für das reglementierte Gewerbe, wie Verhinderung von Preisdumping und Qualitätsverfall kann ich angesichts einiger Meisterfotografenbetriebe nicht nachvollziehen. Zu denken gibt auch, dass EU-weit einzig in Österreich das Vollfotografengewerbe kein freies Gewerbe ist. Der Markt regelt sich selbst, ob einem das gefällt oder nicht. Mit rigiden Zugangsbestimmungen hilft man uns Fotografen und Fotogräfinnen nicht.

Astrid Bartl, 41, arbeitet als selbständige Fotografin. Betreibt seit 2009 ihr Atelier in Retz/Weinviertel.

www.fotograefin.com

Die Beiträge:

Übersicht

Astrid Bartl: „Der Markt regelt sich selbst.“

Elfi Semotan: „Ich will nicht, dass die Konkurrenz ausgeschaltet wird.“

Michael Weinwurm: „Die Stellung ‚P‘ steht eben nicht für professionelles Fotografieren.“

Werner Sobotka: „Kann man die Fotografie zum Handwerk degradieren?“

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