Wie zeitgemäß ist die Gewerbeordnung für Fotografie in Österreich? – »Die Stellung ›P‹ steht eben nicht für professionelles Fotografieren«, meint Michael Weinwurm.
Die Fotografie hat sich vor zehn Jahren dramatisch verändert. Durch die Digitalisierung sind die Preise für die Ausrüstungen gesunken. Dank dieser Technologie ist es relativ leicht, unter hunderten Auslösungen ein richtig belichtetes Foto zu finden. Dabei ist der Zugang in die Berufsfotografie einfach. Die Pressefotografie ist ein freies Gewerbe; der Berufsfotograf ist ein reglementiertes Gewerbe.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Gewerbeberechtigung zu erhalten: Ausbildung in Lehre oder HTL – Abschluss sind jeweils die Meisterprüfung oder die individuelle Befähigung nach §19. Noch nie hatten wir so viele Neuzugänge. Aber es streben auch viele Amateure auf den Markt. Ich habe mit guten und engagierten Kollegen, die die Fotografie als ihre Berufung sehen, überhaupt kein Problem. Nur versuchen sich viele ein Zubrot zum Hauptberuf zu verdienen, meist vorbei am Finanzamt, zu ruinösen Preisen, in einer oft minderen Qualität. In Deutschland, wo die Fotografie freigegeben wurde, ist die Branche am Boden. Angebote folgen nur mehr über den Preis. Es werden Bilder geliefert, die nicht die Bezeichnung Foto verdienen: Technisch schlecht, Ausschnitt und Aufnahmezeitpunkt fehlerhaft. Die Folgen sind verunsicherte Konsumenten, Bildredaktionen ohne Material und Firmenkunden, die verzweifeln. Die Fotografie verkommt zum Kostenfaktor und ist nicht mehr die hochwertige Ergänzung geschriebener Inhalte.
Ein dramatisches Beispiel ist auch die Hochzeitsfotografie: Preise im Keller, Qualität teilweise unter jeder Kritik, Kunden, die oft kein einziges brauchbares Foto bekommen. Danach ist man schlauer – leider aber zu spät. Traurig ist, dass kaum einer der Quereinsteiger wissen will, was er tut. Es wird solange probiert bis es in etwa brauchbar ist. Die Stellung »P« steht eben nicht für professionelles Fotografieren.
Michael Weinwurm, 47, Berufsfotograf, Landesinnungsmeister Wien
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Michael Weinwurm: „Die Stellung ‚P‘ steht eben nicht für professionelles Fotografieren.“
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