»Ein sicherer Raum zum Ausprobieren« – Lisa Kainz und Sophia Hochedlinger vom Youki Festival im Interview

Seit 25 Jahren sorgt das Youki Festival dafür, dass junge Medienschaffende in Wels einen Ort haben für niederschwellige und gemeinschaftliche Experimente mit (neuen) Medien. Heuer haben Lisa Kainz und Sophia Hochedlinger die Leitung des Festivals übernommen.

© Leah Hochedlinger

Ihr bezeichnet euch selbst als »Internationales Jugend-Medien-Festival«. Medien sind ja ein weites Feld – wie schränkt ihr den Begriff ein?

Lisa Kainz: Im Grunde schränken wir den Begriff, der sehr inflationär verwendet wird, nicht ein, sondern dehnen ihn aus. Das bietet Möglichkeiten, sich immer wieder neu Gedanken über den Status quo zu machen. Youki möchte junge Menschen zur aktiven Beteiligung einladen und das Interesse am Experiment wecken. Bei uns geht es nicht nur um einen Filmwettbewerb, sondern um gemeinsames Ausprobieren. Da hilft uns ein breiterer Medienbegriff.

Sophia Hochedlinger: Alle Formen von Medien, mit denen sich junge Menschen, vor allem popkulturell, gerne auseinandersetzen, sollen bei Youki Platz haben. Auch wenn der Filmwettbewerb einer unserer Schwerpunkte ist – bei uns geht es genauso um einen kreativen, kritischen und experimentierfreudigen Zugang zu Internetkultur, Musik, zu redaktionellem Arbeiten und zu Literatur.

Was werden eure Schwerpunkte im heurigen Jahr sein? Welche Programmpunkte möchtet ihr besonders hervorheben?

Lisa: Beim Thema Programm steckt Sophia gerade voll drin. Wir steigen beide zur 25. Ausgabe des Festivals neu ein. Das ist schon eine beachtliche Zahl und gleichzeitig ist alles ganz frisch.

Sophia: Unser thematischer Fokus liegt dieses Jahr auf Gemeinschaft, Coming-of-Age und queeren Perspektiven. Wir haben heuer besonders viel queeres Erzählen in unserer Filmauswahl. Das Coming-of-Age-Thema dreht sich um Formen der Zuneigung, des Sich-Annäherns und des Zusammenhalts. Highlights sind sicher die Nightline am Freitag, den 13. Oktober, mit Endless Wellness, Zak!, DJ Rich Parents und Treibhaus, das Screening des ukrainischen Spielfilms »Stop Zemlia« inklusive Filmgespräch mit dem Coming-of-Age-Experten Andi Eli am Samstag, den 14. Oktober, und die Ausstellung zu 25 Jahren Youki-Festivalgeschichte im Medien Kultur Haus, kuratiert von unseren Vorgänger*innen Anna Rieder und Philipp Feichtinger.

Was ist eure Motivation, ein Festival explizit für junge Menschen zu organisieren?

Lisa: Als junger Mensch hat man noch eine Art von Offenheit, die irgendwann ein bisschen schwindet. Auch weil man sich – zum Beispiel beruflich bzw. künstlerisch – in einem bestehenden System bewähren muss. Bei einem Festival wie Youki gibt es die Möglichkeit, sich in einem sichereren Raum auszuprobieren, Fehler zu machen und zu lernen, das finde ich sehr schön. Oft sind sehr junge Filmemacher*innen schon äußerst professionell. Das ist wahnsinnig beeindruckend, aber manchmal stehe ich dem auch ein wenig wehmütig gegenüber.

Sophia: Bei uns steht besonders im Vordergrund, dass junge Menschen ihr Interesse an Medien, am Kino, an Kultur teilen können. Und, dass es einen, wie Lisa sagt, sicheren Raum und eine Plattform für erste Schritte gibt. (Film-)Festivals, bei denen sich eine ganze Branche trifft, mit vielen Menschen, die schon älter und etablierter sind und mehr Erfahrung haben, können da einschüchtern und Niederschwelligkeit sowie Freiraum nehmen.

Das Youki findet in Wels statt. Gibt es besondere Herausforderungen oder Potenziale für Kulturveranstaltungen abseits der Bundes- und Landeshauptstädte?

Lisa: Ich habe Wels durch Youki vor mehr als einem Jahrzehnt richtig kennengelernt. Ich denke, die Herausforderung liegt darin, hier bei der Veranstaltung auch ein Publikum zu gewinnen. Den Leuten etwas zu bieten, mit dem sie sich identifizieren können. Das geht in einer größeren Stadt vielleicht schneller, aber egal, wo man etwas veranstaltet, es ist immer eine große und wichtige Aufgabe. Das größte Potenzial sehe ich bei der Stadt selbst, sie kann sich den Leuten, die zu Besuch kommen, und eigentlich auch denen, die hier leben, zeigen. Die Akteur*innen der Stadt haben ja auch Einfluss auf die jeweiligen Veranstaltungen.

Sophia: Grundsätzlich finde ich es einfach wichtig, dass es nicht nur in den größeren Zentren ein vielfältiges Kulturprogramm gibt, weil das fürs Zusammenleben essenziell ist. Die größte Herausforderung ist, unterschiedliche Publikumsgruppen zu gewinnen: Kulturnerds wie Festivalneulinge, Welser*innen und Menschen von weiter weg, jüngere und ältere Menschen mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen.

Medienpädagogik hat auch einen Platz auf eurem Festival. Welchen Stellenwert hat dieses Feld eurer Meinung nach in der heutigen Gesellschaft?

Lisa: Geredet wird viel darüber. Wie es »richtig« geht, ist natürlich die große Frage. Vor allem, weil es hier kein »richtig« und »falsch« gibt. Es gibt nur verschiedene Blickwinkel. Dazu braucht es Diskurs, nicht nur innerhalb des Klassenzimmers. Davon haben alle etwas, Schüler*innen und Lehrlinge, Pädagog*innen und wir Veranstalter*innen, weil wir in erster Linie voneinander lernen.

Sophia: Ich denke auch, dass es wichtig ist, jungen Menschen nicht zu erklären, wie Medien richtigerweise zu nutzen sind, oder die Nutzung bestimmter Medien aus dem Unterricht zu verbannen. Eine Schülerin hat vermutlich in der Regel eh mehr Praxiswissen zu Mediennutzung als eine Lehrkraft. Ich bin keine Pädagogin, aber ich denke, es geht vor allem darum, einen bewussten und kritischen Umgang mit Medien zu lernen. Und ich habe das Gefühl, dass wir uns da grundsätzlich schon in eine gute Richtung bewegen.

Das Youki gibt es ja bereits seit 1998. Gibt es Langzeiteffekte, die ihr beobachten konntet? Hat sich etwas an der Szene in Wels geändert?

Lisa: Um festzustellen, wie die Szene in Wels vor Youki war, sind wir beide zu jung. Aber wir können sehen, wie sehr Youki in Wels verankert ist. Mir persönlich ist das seit meiner ersten Berührung mit dem Festival klar. Richtig sichtbar wird es mit meiner neuen Position für mich – in Gesprächen mit Vertreter*innen der Szene und mit Partner*innen von Youki.

Sophia: Genau. Ich erlebe es auch so, dass Youki aus Wels und aus dem Medien Kultur Haus nicht mehr wegzudenken ist. Viele Menschen waren wegen Youki zum ersten Mal in Wels oder kehren regelmäßig zurück, weil sie gern da sind und sich hier wohlfühlen. Das Festival ist ein angenehmer, freundlicher und inspirierender Ort.

Das Youki Festival 2023 findet von 10. bis 14. Oktober in Wels statt. Veranstaltungsorte sind das Medien Kultur Haus und der Alte Schlachthof.

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