Michael Wagner von der Donauuniversität Krems zieht Rückschlüsse aus dem Online-Bewerb YPD Challenge 2009. Digital-analoges Feedback mit einigen Überraschungen.
Michael Wagner, Universitätsprofessor für Technologieunterstütztes Lernen und Multimedia an der Donau Universität Krems begleitet heuer zum zweiten Mal die YPD Challenge, bei der sich heuer Schüler und Studenten um außergewöhnliche Praktikumsplätze matchen. Über Möglichkeiten die Beobachtungen im Online-Bewerb auf die Realität zu übertragen:
Welche Eigenschaften werden bei den Gewinnern von YPD gesucht?
Bei der YPD Challenge werden junge Leute gesucht, die sich durch Einsatzwillen, Teamfähigkeit und Kreativität auszeichnen. Es geht im Wesentlichen darum, Jugendliche mit sehr hohen Managementkompetenzen ausfindig zu machen.
Sie meinten kürzlich, dass sie selbst überrascht waren, wie sehr sich die Beobachtungen im Verhalten der Teilnehmer bei den Online-Aufgaben auf das Verhalten bei analogen Aufgaben übertragen ließ. Wie genau kann man sich das vorstellen?
Wir wissen aus der wissenschaftlichen Untersuchung von Online Communities, dass sich das Online-Verhalten nicht ohne weiteres auf die reale Welt übertragen lässt. Daher war es auch nicht klar, in wie weit die Online-Aufgabenstellungen auch reale Kompetenzen und Fähigkeiten abfragen konnten. Aus diesem Grund gab es bei der ersten YPD Challenge ein umfangreiches Finale mit sehr klassischen, realen Aufgabestellungen. Wie wir allerdings sehen konnten, stimmte das Ergebnis des Finales weitgehend mit dem Ergebnis der Online-Challenge überein. Das war so deutlich nicht zu erwarten. Es war weiters im Vorfeld nicht klar, in wie weit bei den einzelnen Teams so genante "Free Rider", also Teilnehmer die nur über die Kompetenzen ihrer Teammitglieder weiter kommen, ins Finale einziehen. Interessanterweise war dies ebenfalls nicht der Fall.
In welchen Bereichen trafen diese Beobachtungen im Besonderen zu? Und gibt es auch Bereiche, in denen sich eine Übertragung von Eigenschaftsbeurteilungen als besonders schwierig erweist?
Besonders traf dies auf die Bereiche Einsatzwille und Kreativität im Finden von Problemlösungen zu. Schwieriger ist es im Bereich der Teamfähigkeit. Hier lassen sich nur eingeschränkt Aussagen übertragen. Besonders schwierig waren inhaltliche Aussagen. Die Tatsache, dass jemand im Spiel Aufgaben rund um eine gewissen Produktmarke lösen konnte, hatte nur wenig Zusammenhang mit seinem oder ihrem Wissen um dieses Produkt in der Realität.
In wieweit ist der Online-Teil von YPD überhaupt Spiel? Laut strengen Definitionen von Spiel, werden hier Grenzen überschritten – etwa die realen Auswirkungen des Spielergebnisses.
Die YPD Challenge hat ja keine echten realen Auswirkungen. Nimmt man etwa Jesper Juuls Definition von Spiel, so ist zumindest die Verhandelbarkeit von realen Auswirkungen durchaus erlaubt. Tatsächlich verschwimmen die Begriffe hier natürlich ein bisschen und das Ganze wird zu einer etwas akademischen Diskussion. In der von mir verwendeten Interpretation des Spielbegriffs ist die YPD Challenge durchaus als Spiel zu verstehen.
Allgemein geht man davon aus, dass eine Übertragung von in spielerischer Umgebung Geübtem in den Alltag stark von der situativen Rahmung abhängig ist. Also während sich in Ausbildungssituationen durchaus ein Transfer des Erlernten erreichen lässt, ist dieser bei rein spielerischer Beschäftigung (Freizeit) nicht automatisch zu erwarten. YPD geht den umgekehrten Weg und versucht Rückschlüsse auf das Verhalten durch die Beobachtungen des Verhaltens in spielerischer Umgebung zu ziehen. Welche Rolle spielt hier die Rahmung und in welche Weise wirkt sie?
Der Rahmen ist hier natürlich extrem wichtig. Über die Öffentlichkeitsarbeit rund um die YPD Challenge wird hier eine Verbindung zur Realität geschaffen, die für den Erfolg dieses Ansatzes nicht nur wichtig, sondern unerlässlich ist. Hätte man nicht den engen Zusammenhang zwischen der YPD Challenge als Spiel und der Anknüpfung an die Realität über die zu gewinnenden Praktikumsplätze, so würde dieses Konzept nicht funktionieren.
Mich erinnert YPD ein bisschen an Berichte vergangener Jahrzehnte in denen Personalchefs Bewerber angeblich etwa anhand ihres Verhaltens im Straßenverkehr zu beurteilen versuchten. Lassen sich die Erfahrungen von YPD für die Wirtschaft in diesem Sinne auf breiterer Basis nutzen? Wie sehr lassen sich die Aufgabenstellungen und Test der Online-Challenge praxisnah verkürzen und komprimieren, um zu einem noch brauchbaren Ergebnis zu kommen?
Da wir hier auch Einsatzwillen abtesten, ist eine Verkürzung nicht wirklich sinnvoll. Meiner Meinung nach funktioniert die YPD Challenge in erster Linie deshalb, da dieses Spiel einen gewissen Umfang hat. Aus kurzen Beobachtungen lassen sich nur wenig Rückschlüsse auf die Kompetenzen ziehen. Tatsächlich ist es aber ein Ziel der YPD Challenge, das Konzept auf eine breitere Basis zu stellen. Dazu dient die dieses Jahr eingeführte Zertifizierung.
Die Online-Challenge von YPD ist speziell für diesen Einsatz entworfen worden. Lassen sich nach einigen Studien ähnliche Ergebnisse erwarten, würde man etwa das Verhalten von Personen auf Social Media-Plattformen oder in Online-Games wie "World of Warcraft" oder "FarmVille" untersuchen?
Es muss der enge Zusammenhang mit der Realität gegeben sein. In den meisten Online-Spiele wie zB "World of Warcraft" ist dies nicht der Fall. Bei Social Communities sieht dies etwas anders aus. Die Ergebnisse lassen sich also nicht übertragen, es ist aber zu erwarten, dass sich zumindest in einzelnen Bereichen ähnliche Ergebnisse einstellen könnten.
Ihre Arbeiten mit YPD sind wohl international Aufsehen erregend. Gab es Rückmeldungen von Kollegen und anderen Forschern? Diese Ergebnisse lassen sich kapitalisieren, sind sie Eigentum von YPD oder der Donau Universität Krems?
Wir hatten zahlreichen Anfragen aus dem Ausland, speziell aus Deutschland, da die Berichterstattung nahezu ausschließlich in Deutsch durchgeführt wurde. Die Ergebnisse sind alleiniges Eigentum der Firma ACTS als Veranstalter der YPD Challenge.
Die YPD Challenge 2010 hat bereits begonnen. Bis 13. März können sich die Team aus Schülern und Studenten anmelden und um Praktikumsplätze bei Red Bull, Niki, Mc Donalds oder anderen großen Unternehmen.