Zum 12. Mal Tanz und Diskurs

Europa und Clubmusik in Graz feiern und diskutieren – das Elevate lädt in diesem Jahr bereits zum 12. Mal zu Tanz und Diskurs ein. Wir haben mit den Veranstaltern über das diesjährige Festival, die Initiative "We Are Europe" und Clubkultur in Graz gesprochen.

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Alles neu macht 2016? Nicht ganz, aber Neuerungen gibt es beim diesjährigen Elevate Festival in Graz dennoch einige. Die wohl größte: Das Elevate ist nun Teil der Initiative von "We Are Europe", einem Zusammenschluss verschiedenster europäischer Festivals, die sich gegenseitig unterstützen. Im Fokus steht dabei nicht nur die Musik, sondern – wie beim Elevate schon seit Beginn an – auch der Diskurs, der sich, im Gegensatz zu vielen ähnlichen Festivals, nicht allein auf Musik und Kunst beschränkt. Während das Team des Elevate-Festivals beim Nuit Sonores in Lion eine Bühne und das Diskursprogramm mitgestaltet hat, bekommen die Grazer bei der Gestaltung in diesem Jahr Input vom c/o Pop, dem Resonate Festival und dem Nuits Sonores. Die Festivals unterstützen das Elevate bei der Kuratierung der Bühnen und erfreuen das Tanzpublikum mit Acts wie Lone, Mount Kimbie, Luke Vibert oder DVS1 – beim Diskursprogramm setzt das Elevate dem Motto entsprechend in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf europapolitische Themen. Wir haben mit den Veranstaltern Daniel Erlacher, Roland Oreski und Bernhard Steirer über das diesjährige Programm, Clubkultur in Graz und die Initiative We Are Europe gesprochen.

Eine der größten Neuigkeiten in diesem Jahr war vermutlich die Kooperation mit We Are Europe. Was erwartet ihr euch direkt für eure Veranstaltung und wie kam es zu diesem Zusammenschluss?

Der Zusammenschluss mit den anderen Festivals hat sich über persönliche Kontakte unseres Teams zum französischen Festival Nuits Sonores ergeben, das bei der Konzeption und Einreichung des Projekts federführend war. Wir haben dort auch in diesem Jahr eine Bühne und das Diskursprogramm mitgestaltet.

Eine direkte Folge des Projekts sind neue programmatische Impulse, neue Kontakte und Anregungen, die sich direkt von dem persönlichen Austausch mit den Festivals auf vielen Ebenen ergeben.

Viele der Partnerfestivals haben bereits stattgefunden – was kann man sich von Veranstaltungen wie dem Sonar, dem c/o pop oder dem Reworks abschauen?

Jedes der involvierten Festivals hat einen sehr eigenen Charakter und eine eigene Historie, die über die Jahre zu bestimmten Qualitäten und Charakteristika geführt.

Was für uns am Bemerkenswertesten zu beobachten ist, ist die Art und Weise wie die anderen Festivals mit ihren jeweils unterschiedlichen Herausforderungen umgehen.

Von großen und schon länger etablierten Festivals kann man auf alle Fälle auch eine sehr große Professionalität oft in Bezug auf sehr kleine Details beobachten, speziell was Marketing und Kommunikation betrifft.

Euer Musikprogramm ist großteils elektronisch und auch sehr clubtauglich. Die Grazer Clubkultur hat in den vergangenen Jahren immer wieder unter Einschränkungen gelitten – wie schätzt ihr das aktuell ein? Sind das Elevate und vielleicht auch das Spring Oasen in der Partywüste oder tut sich wieder was?

Die Clubkultur ist in Graz seit einiger Zeit tatsächlich als ein wenig rückläufig zu bezeichnen, was leider hauptsächlich mit behördlichen Repressalien gegenüber verschiedenen Locations zu tun hat. Es gibt aber nach wie vor sehr viele Crews, die unterschiedlichste Formate von Konzerten über elektronische Clubveranstaltungen planen und umsetzen, das heißt von einer Wüstenlandschaft kann keine Rede sein.

Festivals wie Elevate und Spring waren und sind jährliche Peaks, die natürlich auch direkt auf das Bezug nehmen, was an lokalen Aktivitäten in der Stadt passiert, von dem her würden wir uns in Zukunft wieder mehr Mut und Kooperationsbereitschaft von behördlicher Seite wünschen, vor allem was Zwischennutzungskonzepte und spontane Veranstaltungsformate betrifft.

Was würdet ihr euch vielleicht auch im Speziellen für Graz in der Hinsicht wünschen?

Es wäre toll, wenn Politik und Gesellschaft mehr Offenheit und Wertschätzung für die kreative Kultur- und Musikszene zeigen würden und nicht nur für die Kreativwirtschaft. Auch im monetären Sinn wäre es natürlich wünschenswert, wenn die Freie Szene noch mehr Förderungen erhält als es derzeit der Fall ist.

Eure Ticketpreise sind angesichts des Line Ups ja durchaus moderat. Andere ähnlich ausgerichtete Festivals hatten oder haben teilweise zu kämpfen. Wie schwer ist oder war es, ausreichende Förderungen und Sponsoren zu finden?

Die Akquise von finanziellen Mitteln für das Festival, sei es von öffentlicher oder privater Seite nimmt einen großen Teil unserer Arbeit ein, nur so sind wir in der Lage große Teile des Festivals bei freiem Eintritt bzw. zu sehr moderaten Ticketpreisen anzubieten. Die Situation ist im Laufe der letzten Jahre sicher nicht einfacher geworden, von weiten Teilen der politischen EntscheidungsträgerInnen fühlen wir uns aber sehr gut verstanden bzw. sehen wir, dass das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Festivals vorhanden ist.

Seit dem Elevate 2005 ist viel Zeit vergangen. Was waren die größten Learnings der letzten Jahre? Was ist einfacher geworden, was schwieriger?

Learnings und Entwicklungen über die letzten Jahre hinweg betreffen vor allem den Bereich der Kommunikation, wo wir im Laufe der Zeit viel ausprobiert haben um unser Programm möglichst gut an die zum Teil unterschiedlichen Zielgruppen, bedingt durch die beiden Kernbereiche des Festivals – Musik und Diskurs – zu kommunizieren.

Einfacher ist die Organisation sicherlich dadurch geworden, dass mit vielen unserer Kooperationspartner mittlerweile ein vertrautes, etabliertes Verhältnis besteht, sei es im Bereich der Medien oder auch mit vielen Agenturen und KünstlerInnen, mit denen wir im Fall des musikalischen Programms zusammenarbeiten.

Dass sich die Situation mit Gagen, vor allem was internationale Bookings betrifft nach wie vor in eine Richtung bewegt, die uns oftmals vor gewisse Grenzen stellt ist kein Geheimnis, hier hoffen wir auf eine Entspannung der Verhältnisse.

Das nächste Elevate findet ja schon im März statt. Warum die Veränderung und wie groß ist der dadurch entstehende Zeitdruck? Normalerweise bleibt euch ja ein Jahr zwischen den Veranstaltungen…

Der Schritt zu dieser Veränderung hat in erster Linie mit dem heimischen und internationalen Angebot an Veranstaltungen zu tun, dass sich übers Jahr verteilt sehr stark verändert hat seit wir mit Elevate begonnen haben.

Durch eine Vielzahl von neuen Festivals die im Frühjahr und Sommer dazugekommen sind haben wir zum Teil mit gewissen Einschränkungen zu tun was Bookings betrifft, aber auch, was den Umfang mancher Medienkooperationen angeht.

Die Herausforderung zwei Festivalausgaben innerhalb relativ kurzer Zeit zu planen und umsetzen zu müssen ist keine kleine. Dadurch, dass wir die Entscheidung aber schon einige Zeit mit uns herumtragen, haben wir aber bereits sehr viel für die März-Ausgabe des Festivals gleichzeitig auf Schiene gebracht, anders wäre die Umsetzung auch nicht möglich.

Was sind eure persönlichen Highlights in diesem Jahr?

Von der Music & Arts Seite her sind wir heuer sehr froh darüber viele Artists mit neuen Alben im Gepäck bei uns begrüßen zu dürfen. Sei es Saul Williams, der am Eröffnungsabend des Festivals auftreten wird, oder Acts wie Kaitlyn Aurelia Smith, Lone oder auch FunkinEven. Abgesehen davon freuen wir uns auch schon auf den Auftritt von Mount Kimbie, in großer Bandbesetzung, sowie auf das Abschlusskonzert im Orpheum mit Swans und Anna von Hausswolff.

Im Diskursbereich freuen wir uns auf so viele internationale TeilnehmerInnen wie nie zuvor – vor allem auch bedingt durch die drei We Are Europe-Partnerfestivals (c/o pop, Nuits Sonores/Europeann Lab und Resonate) die heuer Inhalte gemeinsam mit dem Elevate Team kuratiert haben. Hier sind international höchst respektierte und spannende Persönlichkeiten wie Sarah Harrison von Wikileaks und engste Mitarbeiterin von Julian Assange sowie Begleiterin von Edward Snowden von Hongkong nach Moskau dabei oder auch Srećko Horvat, der kroatische Philosoph, der die pan-eurpäische Demokratieinitiative DiEM25 gemeinsam mit Yanis Varoufakis, Slavoj Zizek und vielen anderen gegründet hat.

Das Elevate Festival 2016 für zeitgenössische Musik, Kunst und politischen Diskurs findet von 20.10. bis 23.10.2016 in Graz statt.

Bild(er) © Elevate
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