Aus Beton lassen sich ganz erstaunliche Bauten machen. Vom Wasserkraftwerk über Wotruba-Kirche bis zur neuen WU. 12 herausragende Beispiele.
Der graue Rohstoff ist für Stadtmenschen nichts Besonderes. Dass schwer modellierbare Masse aber auch künstlerische Aspekte hervorbringen kann, erkennt man manchmal erst beim zweiten Hinsehen. Beton hat einen schlechten Ruf. Zu Unrecht. Architektonische Kunst oder skulpturale Architektur aus Beton spielt mit den Einsatzmöglichkeiten dieses Baustoffs. Es muss nicht immer Plattenbau sein. Die Grenzen zwischen Kunst, Architektur und Design werden auch mit Beton aufgesprengt, manchmal in Richtung von Kunst im öffentlichen Raum.
Zehenspreizer und aufblasbare Betonkuppel
Eines dieser Bauwerke zwischen Architektur und Skulptur wurde mit dem »European Concrete Award« – in der Kategorie Hoch- und Tiefbau – ausgezeichnet, übrigens zum allerersten Mal in Österreich. Das Laufkraftwerk »Sohlstufe« im Salzburger Lehen sieht aus wie ein Zehenspreizer und wurde von den Architekten Max Rieder und Erich Wagner im Sinne skulpturaler Architektur entworfen. Nominiert wurde auch das »Festspielhaus Erl«, eine trapezförmige, schwarze Konzerthalle, die kontrastreich neben das runde, weiße »Passionsspielhaus« im Tiroler Kufstein gestellt wurde. Das Architekturbüro Delugan Meissl wählte eine dunkle Fassade, um das im Winter bespielte Festspielhaus der verschneiten Landschaft entgegenzusetzen.
Ein anderes Projekt ist eine Betonkuppel, die unter der Leitung von Prof. Johann Kollegger und DI Benjamin Kromoser vom Institut für Tragkonstruktionen im Rahmen des Forschungsprojektes »Freiformflächen aus Beton« an der TU Wien entwickelt wurde. Klassische Betonkuppeln brauchen aufwendige Holzkonstruktion als Stütze und werden deshalb kaum noch errichtet. Bei dieser Kuppel allerdings wird eine Betonplatte flach auf dem Boden ausgehärtet und danach mittels eines Luftpolsters unter der Platte aufgeblasen. Kurz darauf hat man eine stabile Schale. Diese kann man dann beispielsweise als Konzertüberdachung verwenden.
Dauerschleife
(Stahl-)Beton ist auch geeignet, um Kunst im öffentlichen Raum aufzustellen. Er ist in jede Richtung formbar. An der Donau-Uni Krems ziert »Loops«, eine von den Peanutz Architekten entworfene Betonschleife den Campus; in Hof am Leithagebirge wurde statt einem Zaun ein begehbarer Weg aus Stahlbeton-Brunnenringen errichtet. In Timmelsjoch, an der Grenze zwischen Tirol und Südtirol »schwebt« das von Werner Tscholl entworfene, rhombenförmige »Passmuseum«. Und in der Salzburger Bauakademie wölbt sich eine weiße, höhlenartige Decke. Dass der Rohstoff auch lange Zeit jeder Witterung standhält beweist etwa der Gefechtsturm im Augarten, der schon seit fast 70 Jahren dort steht oder die Wotrubakirche am Wiener Stadtrand, die 1976 errichtet wurde.
Beton dient nicht bloß als Rohstoff um funktionelle Architektur aus dem Boden schießen zu lassen, als künstlerisches Formmaterial war er immer schon sehr beliebt.
Kraftwerk Sohlstufe, Lehen, Salzach, 2013. Design: Max Rieder und Erich Wagner
Bauakademie Lehrbauhof Salzburg, 2012. Design: soma Architekten (© Florian Hafele)
Wotrubakirche am Georgenberg, 1976. Design: Bildhauer Fritz Wotruba und Architekt Fritz Gerhard Mayr (© cc by 2.0 AUTside)
WU Library & Learning Center, Wien, 2013. Design: Zaha Hadid Architects (© via imgur)
Speichersee ''Panorama'', Sölden, Tirol, 2010. (© Wolfgang Ehn)
''Passmuseum'' in Timmelsjoch, Tirol. Design: Werner Tscholl (© cc by-sa 3.0 Moto-strto)
Festspielhaus Erl bei Kufstein, Tirol, 2013. Design: Delugan Meissl Associated Architects (© Brigida Gonzalez)
''Blindgänger''. Raumhältiger Zaun in Hof am Leithaberge, Bruck an der Leitha, 2000. Design: The Next Enterprise Architects (© Margherita Spiluttini)
Aussichtswarte Kleeberg in Labuch, Steiermark, 2002. Design: Bildhauer Fred Höfler & Architekt Johann Wahlhütter (© cc by-sa 3.0 Ueb-at)
Aufblasbare Betonkuppel, 2014. Design: TU Wien (© TU Wien)
''Loops'' am Campus der Donau-Universität, Krems, 2004. Design: Peanutz Architekten (© Margherita Spiluttini)
Gefechtsturm im Augarten mit dem Codenamen ''Peter'', 1945. (© cc by-sa 3.0 Luftbildfotografie Von-Oben)
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