Fünf Redaktionsmitglieder über jene fünf Acts, die du beim Club- und Showcase-Festival Waves Vienna gesehen haben solltest.
Dominik Oswald
Die Nerven
— Do., 02.10.14, 22:00 — Flex Als ob sie mit einem Auftritt auf dem Roskilde nicht schon alles erreicht hätten, gehen die Posterboys der heurigen Deutsch-Post-Whatever-Welle schon wieder auf Tour durchs gesamte Einzugsgebiet. Mal schauen, ob die Stuttgarter nach zwei Konzerten in den engsten Gürtellokalen auch gut und groß genug für das Flex sind. Wie schon öfters erwähnt: Das Potenzial für ganz, ganz oben ist da. Carl et les Hommes-Bôites
— Fr., 03.10.14, 18:45 — Porgy & Bess Für jemanden, der sich in Belgien in französische Musik – und eine Kellnerin, die Audrey Tautou sehr ähnlich sah – verliebt hat, ist am Freitagabend das Porgy & Bess Pflicht. Carl schafft es, mit seinem stellenweisen Serge-Gainsbourg-Gedächtnis-Gesäusel eine soft-pornöse Stimmung zu erzielen, seine Klimbim-Homies an den Instrumenten machen daraus eine weirde Achtbahn- oder Tagadafahrt. Wicked. Everyhing Is Made In China
— Fr., 03.10.14, 22:00 — Elysium 1 Man kann es sich heute kaum noch vorstellen, aber Last.fm war einmal tatsächlich dazu da, neue Bands zu entdecken. Neben allerhand Schrott waren bei mir auch die Russen Everything Is Made In China dabei. Normalerweise ist Post-Rock ja ein bisschen grauslich, die Lieder sind viel zu lange und meistens singt niemand. Dennoch war „4“ – darauf wird gesungen! – eines meiner meistgehörten Alben 2007, das ist einfach schön. Vielleicht hauen sie ja beim Waves ein paar ihrer alten Hadern raus. Das wäre noch schöner. Spaceman Spiff
— Sa., 04.10.14, 20:45 — Brut Noch so eine alte Last.fm-Entdeckung, auf meinem virtuellen Notizblock immer noch als „Click Click Decker mit mehr Romance“ verzeichnet. Seit Anfang des Jahres und „Endlich nichts“ ist Hannes Wittmer auf Grand Hotel van Cleef – seitdem mit ordentlicher Kapelle im Hintergrund. Am Waves aber solo mit Gitarre. Sollte man sich anschauen, weil es eben manchmal auch Zeit ist, sein Mädchen an der Hand zu nehmen und Musik zu zweit zu genießen. Thees Uhlmann & Band
— Sa., 04.10.14, 23:30 — Brut Geißelt mich, aber für mich hat Thees – immerhin der Verfasser des besten deutschsprachigen Rockalbums namens „Hinter all diesen Fenstern“ – einen Sonderstatus. Mir ist es egal, dass er seit 2006 keinen guten Song mehr geschrieben hat, sein letztes Soloalbum eine Totalkatastrophe ist. Live kann er eben alles, nur wenige haben so viel Bock. Waves Vienna ist ja auch immer ein bisschen Anlass und Zeit für Nostalgie. Thees Uhlmann ist meine Gang Of Four.
Nicole Schöndorfer
Kwabs
— Do., 02.10.14, 22:30, Porgy & Bess Der Londoner Sohn-Mate Kwabs macht etwas, das man angeblich Synth’n’B nennt. Soll heißen, er singt mit seinem heißem Bariton über elektronische Musik. Wobei das B natürlich für Blues steht. Dabei hat er eigentlich Jazz studiert. Aber voll egal, denn fix ist, dass Kwabs heuer das ist, was Sohn letztes Jahr war. Verpasst man ihn, wird man definitiv ausgelacht. Crazy Bitch In A Cave
— Sa., 04.10.14, 21:15 — Heineken Music Space @ Alte Post Dieses unendlich lange Rapunzel-Haar. Schon bei der Präsentation seiner großartigen LP „Particles“ im Rhiz vor drei Jahren spielte Patrick Weber nicht einfach ein Konzert, sondern queeres Theater. Seine Stimme ist eine Sirene, die Musik schillernd und funky wie die von Prince, nur mit Beats und Bass. Außerdem hat er eine richtig aufdringliche Monobraue und liebt Conchita Wurst. Bravo. Redinho
— Sa., 04.10.14, 22:30 — Porgy & Bess Jessie Ware und Hudson Mohawke nennen sich Fans, wir Nobodys tun also gut daran, das auch zu tun. Vor kurzem erst erschien sein Debütalbum, die Single „Playing With Fire“ sorgt bereits seit Juli für Entzücken in der europäischen Clubkultur. Redinho erinnert in seiner Braininess manchmal ein bisschen an Dorian Concept und seine Jazz-affinen Wiener Freunde. An anderer Stelle aber auch überhaupt nicht. Sondern an Usher. Früh da sein, bitte. Noah Kin
— Fr., 03.10.14, 00:30 (Nacht vom Do. auf Fr.) — Heineken Music Space @ Alte Post Noah Kin macht Rap, ist irre jung und kommt aus Finnland. Wer jetzt an Yung Lean denkt, hat einen Punkt, liegt aber falsch, denn Kin meint es ernst. Nix mit Post-Ironie oder so. Dass seine Vorbilder nicht unbedingt aus dem Norden kommen, sondern Kanye, Kendrick und Nas heißen, hört man schnell. Und er ist so gut, dass man es überhaupt nicht mehr glaubt. Ehrlich. Tante Elze und Jimmy Pé
— Do., 02.10.14, 20:30 — Xpedit Lager
— Fr., 03.10.14, 20:00 — Heineken Music Space @ Alte Post Die beiden stehen im Line-up zwar getrennt, da sie aber total viel mit einander machen und fünf Empfehlungen eh zu wenig sind, kann man sie ruhig gemeinsam ankündigen. Während Tante Elze arg verschwurbelten Piano-Pop macht, der dem von Soap & Skin manchmal erschreckend ähnlich ist, macht Jimmy Pé feine Eiszapfen-Beats. Zusammen klingt das auch gut. Tante Elze und Onkel Jimmy.
Kevin Reiterer (© Daniel Schatz)
Kwabs
— Do., 02.10.14, 21:45 — Porgy & Bess Diese eindringliche und zugleich soulige Stimme, diese verletzlichen aber bärenstarken Lyrics, gepaart mit feinsinnigen Produktionen, u. a. von Everybody’s Darling Sohn, ergeben eine fast unschlagbare Kombination. All das vereint Kwabs in seinen Neo-Soul- und Future-R’n’B-Hymnen. Funk-Soul-Brother also. Check him out, now! Disco Demons b2b Aka Tell
— Fr., 03.10.14, 21:00 — Rave Tram Disco Demons und Aka Tell besitzen die Durchschlagskraft von Bud Spencer und Terence Hill, die Trinkfestigkeit und den Witz von Waldorf und Statler, sowie den Style der Blues Brothers. Ein waschechtes Duo infernale also. Gemixt wird, was ihnen so in die Hände kommt – Future Techno, Rave Classics und Vodka. Frei nach ihrem Motto: For those who can’t sleep. Mount Kimbie
— Sa., 04.10.14, 01:00 (Nacht von Fr. auf Sa.) — Alte Post Viele Worte erfordert es wohl nicht, um das südenglische Duo vorzustellen. Zwei unglaublich starke, aber mindestens genauso diverse Alben, hypnotische Live-Shows und tricky, but always dancy DJ-Sets. Egal wie und wo, der Funke scheint in jeder Umgebung überzuspringen und für Überraschungen sind sie sowieso immer gut. Pional
— Sa., 04.10.14, 20:00 — Porgy & Bess Die Musik von Pional braucht vor allem eines: Platz zum Atmen. Kleine Kämmerchen und verrauchte Hinterräume reichen nicht aus, um die Größe, Komplexität und Wucht der Sounds zum Leben zu erwecken. Klingt jetzt verkopfter als es ist, im Endeffekt muss man, ähnlich wie bei Producer-Compadre John Talabot, nur eines: spüren. Redinho
— Sa., 04.10.14, 22:30 — Porgy & Bess Auch wenn starke Einflüsse von New Wave und 80s Funk, sowie seine Vocoder-Vocals den Unterbau bilden, klingt Redinho keineswegs altbacken, sondern so, als würde alles gerade jetzt passieren – frisch, konkret und ohne Schnörkel. Hinter jedem cheesy wirkenden Popsong steckt so viel Liebe zum Detail – jede Melodie, jede Harmonie scheint nur für diesen einen Augenblick gemacht zu sein.
Stefan Schallert
Scott Matthew
— Mi., 01.10.14, 19:30 — Konzerthaus Zugegeben: Scott Matthew ist wirklich keine Neuentdeckung, gastiert der gebürtige Australier doch regelmäßig in unserer schönen Stadt. Aber es ist jedes Mal ein Erlebnis, ihn auf Gitarre, Ukulele und Piano herumklampfen zu sehen. Matthews teils getragener Kammerpop ist an und für sich keine leicht verdauliche Kost für den gemütlichen Festivalabend, er bringt Herzschmerz und morbide Gedanken aber galant und schwerelos auf die Bühne. Und sollte das nicht immer gelingen, sind die Sequenzen zwischen den Liedern fast schon komödiantisch und ein Erlebnis für sich. Us Lights
— Do., 02.10.2014, 18:00 — Red Bull Brandwagen „Dark Pop“ nennen Kollegen den distanzierten, unaufgeregten Sound der fünf Amerikaner. In anderen Worten ausgedrückt handelt es sich dabei um Synth-Spielereien, eine mächtige Rhythmusfraktion, verspielte Riffs und langgezogene Vocals. Us Lights sind der richtige Act, um den Kopf in den Nacken zu legen, die Augen zu schließen und einfach mitzufließen. Maur Due & Lichter
— Do., 02.10.14, 20:00 — Heuer Noch einmal zugegeben: Waves Vienna ist vielleicht nicht die ideale Gelegenheit, um einem Lokalmatador seine Treue zu beweisen, aber Maur Due & Lichter haben trotz Wiener Herkunft eh noch nicht den Platzhirsch-Status. Maur Due & Lichter sind düster, melancholisch und vielschichtig, also alles, was man an elektronischer Musik mögen muss und deshalb nicht verpassen sollte. Still Parade
— Fr., 03.10.14, 20:45 — Flex Hype-Wirbel mag ja keiner so recht, aber im Falle von Still Parade ist er auf jeden Fall gerechtfertigt. Angeblich ist ein „Icke“ für die nötige Portion Dream-Pop am Waves verantwortlich. Die Mischung aus Synths und akustischer Musik harmoniert bestens und wird fixer Programmpunkt am Freitag. Garden City Movement
— Sa., 04.10.14, 01:45 (Nacht von Fr. auf Sa.) — Brut Das Trio aus Tel Aviv hört Four Tet und Bonobo und wahrscheinlich auch Mount Kimbie, und zwar ganz zurückgelehnt. Denn so lässt sich der Ambient-Sound von Garden City Movement irgendwie zusammenfassen.
Christoph Kranebitter
Die Nerven
— Do., 02.10.14, 22:00 — Flex Deutschland hat’s gut. Nicht weil es heuer diesen, mir persönlich wurschten, Pokal gewonnen hat. Nein. Viel mehr, weil aus ihm in letzter Zeit Bands wie Die Nerven und Trümmer hervorgegangen sind. Erstere wollen, laut eigener Aussage, eigentlich nur „hart ficken“ – hauptsächlich Konformanden, Konformisten und jene, die immer über Gruppen wie Die Nerven lachen. Tocotronic taugt’s. Die Gruppe um Dirk von Lowtzow mimt im Video zu „Angst“ die eigentlichen Bandmitglieder. Adelung quasi. Dass die Nerven ihren räudigen Punk selbst am Besten unter die Leute bringen können, wird dann am Donnerstag im Flex bewiesen werden. Also, wichtig: hingehen. Bitte. Schmieds Puls
— Do., 02.10.14, 23:15 — Brut Wer, so wie ich, am Popfest aufgrund der üblichen Verführungen – also Biertrinken und im Park rumsitzen – nicht dazugekommen ist, sich Schmieds Puls anzusehen, hat jetzt wieder Gelegenheit dazu. Das Trio um Rotschopf Mira Lu Kovacs klingt meist verführerisch, immer aber angenehm unaufdringlich. Live darf einem diese Mischung aus Jazz, Akustik und Kunst dann auch mal gern in die Magengrube schlagen. Amore. Grande. Mirel Wagner
— Fr., 03.10.14, 21:00 — Haus der Musik Wikipedia spuckt derzeit nur (für mich) unverständliches Finnisch über die Dame aus. Auch die Sub-Pop-Website hält sich eher bedeckt. Ein klares Indiz dafür, dass sich die Wellen des Fame (äh, Waves und so …) noch nicht endgültig auftürmen konnten. Somit sicherlich eine supere Gelegenheit, um sich die zart gehauchten Goth-Folk-Klänge reinzuziehen und, natürlich, um dann beim nächsten Konzert der aus Äthiopien stammenden Musikerin damit anzugeben, dass man sie eh bereits am Waves gesehen hat. Jaakko Eino Kalevi
— Sa., 04.10.14, 18:45 — Porgy & Bess Der zottelige Finne mit dem schwierigen Namen eröffnet am Samstag den Abschlusstag des Festivals. Hierzulande eher unbekannt geistert der Teilzeit-Tramfahrer bereits länger in der Szene herum. Seine EP wurde beispielsweise hier besprochen. Spannend wird auf jeden Fall, wie es der Finne schafft, die verspielten Lo-Fi-Pop-Versatzstücke mitsamt den Disco-Anleihen auf die Bühne zu hieven. First Aid Kit
— Sa., 04.10.14, 22:00 — Flex Wenn die zwei Schwedinnen nicht gerade damit beschäftigt sind, sich quer übers Land zu zerstreuen oder dem Oberst dabei helfen, alten Hadern einen zweiten Frühling zu verpassen, entlassen sie ihre neuen Nummern in den herbstlichen Konzerthimmel. Bevor First Aid Kit dann endgültig nur mehr die Burnout-Klinik bespielen, sollte man sich noch im Flex von ihren Live-Qualitäten überzeugen. Oder man holt sich halt das Update zum neusten Hut- und Lippenstift-Trend.