Kunst kann erschreckend einfach sein. Kunstfilm schon überhaupt. Zumindest konnte man diesen Eindruck gewinnen, wenn man am vergangenen Mittwoch zwei Filme von Josef Dabernig im Mumok gesehen hatte.
Die Diskussion nach der Projektion von „Wars“ und „Hypercrisis“ war aufschlussreich und erstaunlich. Da saß nun eine Runde aus sieben Leuten aufgefädelt vor der Filmleinwand, die allesamt bereits in Filmen von Josef Dabernig mitgespielt hatten und im Kunstbetrieb gut verankert sind: Befreundete Künstler und Kunstkritiker. Die Wortmeldungen zu dem eben Gesehenen waren großteils karg und unaufgeregt.
Da freu ich mich
Allen voran der Künstler selbst: „Ich schneid ja analog und wenn ich das dann sehe, freu ich mich, und … ja.“ Oder das übliche Ich trenn ja nicht zwischen Beruflichem und Privatem. Wer Referenzen auf Tarkowski oder Kubricks „Shining“ vermutete, erfuhr, dass der Macher eigentlich gar nicht so viele andere Filme kennen würde. Und über die Motivation und Handlung: „Die Krise des Dichters ist ja nur so eine Idee, damit man Förderungen für den Dreh bekommt, etwas Handfestes, wahrscheinlich hat er deswegen einen Preis bekommen, normalerweise bekomme ich das ja nicht.“ Denn die Dichterfigur in seinem Kurzfilm „Hypercrisis“ (2011) scheint nur teilweise in der Krise, schon gar nicht in der Hyperkrise, sein zauderndes Wandern durchs Unterholz eines armenischen Waldes wird von dem entschlossenen Rhythmus von Cans „Halleluwah“ kontrastiert.
Erst gegen Ende der Diskussion deutete Dabernig dann doch an, dass er mit pythagoreischen Formeln arbeitet, nur um im nächsten Atemzug anzufügen, dass er sich dann aber nie daran hält. Kunst kann so einfach sein. Da hat ein prämierter Kunstfilm eben nur eine Pseudogeschichte. Man fragt halt Leute aus dem Bekanntenkreis, ob sie mitspielen wollen. Ein Drehort – ein Erholungsheim für Künstler in der ehemaligen Sowjetunion – ist toll und wurde einem empfohlen, der Rest des Filmes ergibt sich dann daraus, weil ja die Idee Kurorte für Staatskünstler zu bauen doch recht eigenartig ist. Auch die Darsteller sehen die Großartigkeit nur halb, große Direktiven würde Dabernig nicht vorgeben, da spielt man sich dann auch selbst und seine enttäuschten Erwartungen; und weil zweimal abdrehen auf analogem Material schon recht teuer ist, hat man nicht so viel Möglichkeiten. Hybris sieht anders aus.
Korrumpierte Hoffnungspotenziale
Georg Schöllhammer von der Springerin bemüht sich dann doch darum gewichtige Bedeutungsträger im Film auszumachen. Dass diese von Dabernig nur intuitiv eingesetzt werden, ändert ja nichts daran, dass sie da wären. Denn immerhin würde es in Dabernigs Filmen häufig um Hoffnungspotenziale gehen, die bereits korrumpiert sind – wie eben ein abbruchreifes Erholungsheim, das in den letzten Zügen der Sowjetunion errichtet wurde, ein System, das antrat alle Proletarier zu befreien und eine klassenlose Utopie umzusetzen.
Auch wieder wahr. Mehr muss man auch nicht mehr sagen. Am Ende bekommt Dabernig dann noch ein kyrillisches Schild vom Drehort überreicht. Der: „Da freu ich mich.“
Weiteres Kinoprogramm im Mumok: www.mumok.at/programm/kino