Hat Andreas Gabalier recht, wenn er beklagt, die Amadeus-Jury werde seinem Erfolg nicht gerecht, weil er – trotz ausverkaufter Stadien – nicht in der Kategorie »Bester Live-Act« nominiert ist? In gewisser Weise ja. Aber.
Er hat es wieder getan: Andreas Gabalier, selbsternannter Volks-Rock-’n’-Roller, hat die Gunst der Stunde erkannt und sich in einem natürlich ausgiebig mit Likes, Kommentaren und Shares bedachten Video über ein Fehlverhalten der Jury der Amadeus Austrian Music Awards beklagt. Mit einer außergewöhnlichen Mischung aus Beleidigtsein und Überheblichkeit hat er den Mitgliedern der Jury Ignoranz und Unprofessionalität unterstellt. Dass er für einen Preis, der die größten Erfolge des vergangenen Jahres auszeichne, trotz einer »noch nie dagewesenen Stadientournee« in der Kategorie »Bester Live-Act« nicht einmal nominiert ist, sei ein Armutszeugnis für ebendiese Jury. Süffisant legt er nach: »Für den Fall, dass mein Name noch in irgendwelchen anderen Kategorien vorkommen sollte – und ich habe mir die Mühe nicht angetan weiterzulesen –, dann tut’s mir und euch selbst einen Gefallen und tut’s ihn weg und gebt’s den Preis bitte jemandem, der eine Freude damit hat.«
Geschickte Selbstvermarktung
Es ist kein großes Geheimnis, dass die oft sehr erfolgreichen VertreterInnen (Binnen-I, auch das noch …) der Kategorie »Schlager / Volksmusik« von Branchenmenschen, Presse, aber auch KollegInnen aus anderen Genres gerne belächelt werden. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass Gabalier immer wieder mit Aussagen auffällt, die nahelegen, er hänge einem überholten Gesellschaftsbild nach – ganz zu schweigen vom gerne provokanten, rechten Heimatkitsch, den er in seiner Musik verbreitet. Dabei ist Ersteres, also die snobistische Geringschätzung eines Teils der Branche, die sich am Amadeus ja schon vor allem auch selbst feiert, ein tatsächlich frag- und kritikwürdiges Verhalten. Wenigstens kann sich dieser Teil der Branche – im Gegensatz zu anderen – über konstant gute Verkaufszahlen freuen. Zweiteres jedoch – also Gabaliers »Weltbild«, das auch aus seinem aktuellen Jury-Diss spricht – ist einfach geschickt getarnte und auf gewisse Weise rücksichtslose Selbstvermarktung.
Dass er das »Millionenpublikum, das jahrein, jahraus auf diese Konzert pilgert« im Video als größte Auszeichnung für sich bezeichnet, dass er seinem Publikum, aber auch dem »Kollegenkreis« Wertschätzung ausspricht, zeigt nur, Gabaliers Strategie der polemischen Polarisierung: dort die abgehobene links-liberale Meinungselite, die das »Volk« längst nicht mehr versteht, hier der Andi, einer von euch, die ihr euch ebenso wenig wohl damit fühlt, dass diese Welt zunehmend komplexer wird, dass man manche Dinge nicht mehr sagen oder gar tun darf und dass früher eigentlich ja doch alles besser gewesen ist. Eine Strategie, die man nicht zuletzt aus rechtskonservativen politischen Kreisen kennt.
Konservativ, unsouverän
Ganz abgesehen davon, dass Gabalier schon mehrfach bei den Amadeus Awards ausgezeichnet worden ist – zuletzt 2017 in der Kategorie »Volksmusik«, 2012 und 2015 aber etwa auch in der Kategorie »Best Live-Act«: Gabaliers Aufregung ist ein durchsichtiges Marketing-Manöver, mit dem er bei seinen Fans nach weiterer Solidarisierung sucht. Wer sich als konservativer Gegenpol zu einem ungeliebten liberalen Zeitgeist versteht, muss auch regelmäßig anecken, andere vor den Kopf stoßen. Der souveräne Umgang damit, einmal nicht für einen Award nominiert zu sein, zumal man doch eigentlich eh das viel größere Glück eines Millionenpublikums für sich verbucht, bleibt dann halt schon mal auf der Strecke. »Ein riesengroßes Dankeschön dafür!«
Der Autor ist nicht Mitglied der Amadeus-Jury. Die Awards-Show findet am 23. April in der Wiener Stadthalle statt. Andreas Gabelier ist auch in keiner der weiteren Kategorien nominiert.