Christoph Prager alias Minor Sick und Felix Wolfersberger alias Feux haben ihre Namen und ihre musikalische Arbeit vor rund zehn Jahren zu Mieux fusioniert. Nach einer Reihe von gemeinsamen Releases steht nun ihr Debütalbum »Rulers« beim Wiener Label Affine Records in den Startlöchern. Das Ergebnis ist ein ein Bouquet aus allen möglichen Spielarten elektronischer Musik. Im Interview sprechen die beiden über Genregrenzen, ihre musikalischen Einflüsse und ihre magische Art zu kooperieren.
Vielleicht reden wir zu Beginn nicht über euer Album. In einem The-Gap-Interview aus dem Jahr 2013 habt ihr über eure Utopie von Clubs gesprochen, weil ihr mit eurer Musik ja kaum ein Genre wirklich tiefergehend bedient. Felix hat damals gesagt: »Ich wünsch mir manchmal einen Club von und für Producer. Nach englischem Vorbild.« Wie würde dieser Club aussehen?
Felix: In London gab’s diese CDR-Clubnächte, also eine Veranstaltung, bei der ein DJ spielt und Produzent*innen ihre Demo-Tapes und neuesten Produktionen abgeben konnten, die dann in die Sets eingewoben wurden. Im Fluc gab es das früher auch als »Beatmaker Sessions«. Aber das wär mir heute fast zu workshoppy.
Klingt eigentlich nach einer spannenden Idee, da grad zu beobachten ist, wie die anfängliche Corona-Solidarität im Clubkontext wieder ziemlich verpufft. Wo verortet ihr euch in diesem Spannungsfeld von Clubgig, Konzert und Partynacht?
Christoph: Strugglen wäre der falsche Begriff, aber wir gehen schon mit diesem Spannungsfeld um bzw. agieren darin. Manche unserer Nummern haben ja Parts, die definitiv im Club funktionieren würden, »Params« etwa. Das kombinieren wir dann halt mit krassen Breaks, die in andere Welten gehen.
Felix: Wir arbeiten jedenfalls nicht mit der Intention, Club-Banger zu produzieren, obwohl wir sehr clubinspiriert sind.
Haltet ihr euch dabei aus gewissen, mittlerweile typischen Dynamiken raus? Dabei spiele ich beispielsweise auf Inszenierungen an. Euer öffentlicher Auftritt wirkt als ob ihr absichtlich unter dem Radar herumfliegen würdet.
Felix: Wir wollen uns nicht großartig aufdrängen oder jemandem unsere Musik aufzwingen.
Christoph: Wir sind einfach keine lauten Charaktere.
Felix: Wir freuen uns, wenn wir entdeckt werden. Über unsere Musik, nicht durch die Inszenierung.
Offenbar ist es auch nicht so nötig. Ihr seid ja doch schon zehn Jahre miteinander unterwegs und habt einen Haufen Releases vorzuweisen. Dennoch gibt es diesen neoliberalen Drang, auf möglichst vielen Flyern zu stehen und möglichst viel Platz einzunehmen, den man in der Szene von Anfang an lernt.
Felix: Wir machen da ja auch mit, aber fühlen uns nicht gezwungen, das zu sehr zu bedienen.
Christoph: Allerdings hat sich das Game in der Hinsicht in den letzten fünf Jahren drastisch geändert. Während wir früher auch noch ohne großen Social-Media-Auftritt auskommen konnten, kann man das heute einfach nicht mehr. Aber wir müssen mittlerweile auch aktiv diese Aufmerksamkeit generieren.
Versteht ihr dieses Zurücktreten auch als Privileg? Immerhin muss man es sich auch leisten können, sich nicht ständig zu vermarkten.
Christoph: Natürlich. Wir wollen uns damit ja auch nicht profilieren und so tun, als würde das für alle gleichermaßen funktionieren. Wir meinen damit, dass der Abstand zu sozialen Medien unsere Musik besser macht. Mieux hat für uns als Experimentierwiese begonnen, das haben wir beibehalten, um es für uns interessant zu halten. Stünden wir jetzt vier Nächte pro Woche im Club, würde das unseren Sound genauso verändern, wie wenn wir uns mehr mit Social Media beschäftigten.
In dem vorhin erwähnten Interview sagt ihr auch, dass ihr nicht oft in Clubs, sondern eher bei euch daheim seid. Einmal am Tag draußen sein muss reichen, heißt es dort. Lasst uns das gerade nach dem vergangenen Jahr nochmal updaten.
Christoph: Wir haben die privilegierte Position, dass wir unsere Arbeit in unseren Studios daheim machen können. Der Satz gilt daher für mich nach wie vor. Aber ich feier das jetzt auch nicht unbedingt ab. Es ist halt so.
Felix: Bei mir heißt es daily spazieren gehen und Sachen in der eigenen Hood entdecken. Mir ist aufgefallen, dass sich das Vorkommen von Street-Art intensiviert hat und das fand ich eigentlich relativ schön.
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