Existenzialismus, Politisches und Schwermut auf spröde Gitarren gebettet – so lässt sich das 2021 erschienene Debütalbum von Zinn zusammenfassen. Mit dem Wort »großartig« ginge es auch. Was kann da noch kommen?
Die vergangenen beiden Jahre, in denen die Welt ganz im Bann dieser unsäglichen Pandemie gestanden ist, haben auch bei Zinn Spuren hinterlassen: »Meine Kreativität ist total eingebrochen«, erzählt Margarete Wagenhofer (Gesang, Gitarre), aus deren noch englischsprachigem Soloprojekt Small Night Searching die Band Ende 2018 hervorgegangen ist. »Ich hab gemerkt, ich hab nix mehr zu geben. Keine Inspiration, jeder Tag ist irgendwie gleich – und ›Lethargie‹ haben wir ja schon gemacht«, ergänzt sie mit einem Schmunzeln.
Der Song, den Wagenhofer anspricht, hat sich – mit Trompete ausgestattet und durchaus tanzbar – zum Soundtrack der Corona-Dauerträgheit entwickelt: »Oh, Lethargie, was soll i nur mit dir mochn?« Die Einschränkungen und Unsicherheiten dieser Zeit haben Zinn nicht nur als große psychische Belastung erlebt, sie haben dem Trio – vervollständigt wird es von Jasmin Strauss am Bass und Lilian Kaufmann am Schlagzeug – auch die Möglichkeit genommen, die Veröffentlichung ihres Debütalbums standesgemäß zu feiern. Mit einem angemessenen Release-Konzert, bei dem alle Mitwirkenden dabei sind, und mit Resonanz vom Publikum, damit Songs wie »Lethargie« oder die gleichermaßen großartigen »Diogenes« und »Black Lake« nicht »einfach so im Raum verschwinden«, wie es die Band umschreibt.
Schon noch melancholisch
Nach ein wenig Konzertnormalität letzten Sommer ist es nun endgültig an der Zeit, guten Mutes in die Zukunft zu blicken: »Es ist endemisches Licht am Horizont zu sehen«, meint Wagenhofer. Dazu passt, dass Zinn im März neue Lieder aufnehmen werden. Sie sollen etwas punkiger sein als jene ihres Debütalbums, jedoch kein Stilbruch (die Selbstbeschreibung pendelt zwischen apocalyptic weird-folk und lo-fi krachpop). »Die Grundstimmung ist positiver, aber schon noch sehr melancholisch«, erläutert Lilian Kaufmann. Während Wagenhofer eine wesentliche Inspiration ins Spiel bringt: »Wir sind gerade sehr von Donna Haraway beeinflusst. Sie weist uns in eine gute Richtung, ist unsere Muse und Göttin.«
Die US-Amerikanerin gilt als feministische Vordenkerin und radikale Wissenschaftsphilosophin, die sich mit den Verwerfungen des Anthropozäns beschäftigt und dabei – durchaus ermutigend – ein artenübergreifendes Sorgetragen als Zukunftsmodell sieht, in dem der Mensch sich nicht als Krone der Schöpfung versteht. Kein Wunder, dass die Band hier Anknüpfungspunkte findet. Kaufmann: »Wir haben alle drei ein Auge für Ungerechtigkeiten und Missstände. Feminismus ist natürlich ein wichtiges Thema für uns, wie auch Kapitalismuskritik oder Umweltschutz – das hängt eh alles zusammen.«
Bei Zinn werde viel über diese Dinge diskutiert, sagt die Musikerin. Sogar im Interview, wenn sich die Bandmitglieder Leseempfehlungen und Denkansätze wie Bälle zuwerfen. Dabei fallen googelnswerte Begriffe à la Ökofeminismus oder petro-masculinity – und auch ein Satz, dem man nur zustimmen kann: »Darüber müssen wir einen Song schreiben.«
Zinn sind im Rahmen der Feierlichkeiten zu »Ein Vierteljahrhundert The Gap« am Freitag, dem 22. April 2022, im Fluc Wien live zu sehen. Limitierte Early-Panda-Tickets für unser großes Geburtstagsfest sind bis 22. März – frei nach dem The-Gap-Geburtsjahr – um € 19,97 hier erhältlich. Danach gilt der reguläre Vorverkaufspreis von € 25.