»Nichts zu verlieren außer unserer Langeweile.« Der junge Filmclub »Kino & Krawall« will Gesprächsstoff liefern und setzt mit Vorfilm, Talk und Party auf ein abendfüllendes Kinoerlebnis. Am Donnerstag ist es wieder so weit. Das »Kino & Krawall«-Team im Kurzinterview.
Eure Filmreihe nennt sich »Kino & Krawall« und versteht sich als »Der junge Filmclub im Stadtkino im Künstlerhaus«. Wer steckt dahinter und wie kann man sich eine typische »Kino & Krawall«-Vorführung vorstellen?
»Kino & Krawall« als monatliches Save-the-Date gibt es inzwischen seit knapp einem Jahr. Begonnen haben damals Amelie, Maria, Loïc und Daniel, dank Initiative von Wiktoria Pelzer (Geschäftsführerin Stadtkino Wien). Es galt: Wir Kinogänger*innen haben nichts zu verlieren außer unserer Langeweile. Das abendfüllende Format im Stil Film – Talk – Austausch – Party zündete sofort. Dabei ließ diese einfache Schablone immer Platz für Spielraum: Gespräche mit einem Jungregisseur (Franz Böhm) nach dem Film oder einen Poetry-Slam (Anna Hader) davor. Im Sommer ein Bier vor dem Stadtkino – oder aufgewühlt vom Film gemeinsam ins gegenüberliegende Sass weiterziehen. Das kam an und machte vor allem auch uns Spaß. Im Mai 2022 haben wir das Team dann erweitert: Antonia, Anna, Esther und Tom bringen seitdem frischen Wind. Dabei ist wichtig: Egal ob Cineast*in oder Gelegenheitskinogeher*in, im Fokus steht der gemeinsame Abend im Kino.
Nach welchen Kriterien wählt ihr eure Filme aus? Gibt es Genres, die euch mehr oder weniger ansprechen?
Wir haben im engeren Sinn keine Agenda. »Kino & Krawall« ist für uns eine Möglichkeit, das zu sehen, was sonst untergeht. Das macht es natürlich alles andere als unpolitisch! #krawall Angefangen haben wir mit »Systemsprenger«. Seitdem experimentieren wir mit Formaten wie Double-Features (»Trainspotting 1 & 2«), Nachwuchskino (Youki-Festival-Gewinner*innen-Filme, Filmakademie-Abschlussfilme) oder Schwergewichten der Filmgeschichte als Frühstücksfilm (»Hiroshima, mon amour«). Genre ist dabei kein wichtiges Kriterium. Abwechslung im Programm bleibt natürlich ein Faktor. Was zählt, ist ein interessantes Thema, zu dem wir ein dichtes Programm basteln können. Zum Queer-Cinema-Abend haben wir vorab zum Beispiel auf Instagram eine Interviewreihe zur queeren Filmlandschaft gepostet. Im Kinosaal gab es dann ein Gespräch mit einer queeren Filmemacher*in, deren Kurzfilm wir vor »Tomboy« von Céline Sciamma gezeigt haben. Wir wollen Gesprächsstoff liefern!
Im Rahmen der neunten Ausgabe von »Kino & Krawall« zeigt ihr »Force majeure« von Ruben Östlund. Was reizt euch besonders an diesem Film?
Als »Force majeure« 2014 bei der Viennale als Abschlussfilm gezeigt wurde, meinte der damalige Festivalleiter Hans Hurch bei der Einführung, dass dieser Film wahnsinnig diverse Reaktionen auslösen werde. Tatsächlich haben einige Zuschauer*innen Tränen gelacht, während andere zutiefst schockiert waren. Ein Film, der so stark polarisiert, bietet viel Raum für Diskussion. Da es bei »Kino & Krawall« ja auch darum geht, Kino wieder als sozialen Ort des Austausches und der Debatten zu etablieren, freuen wir uns schon sehr darauf zu sehen, wie unser Publikum auf den Film reagieren wird.
Im Vorprogramm ist der Kurzfilm »Guy Proposes to His Girlfriend on a Mountain« – inklusive Gespräch mit Regisseur Bernhard Wenger – zu sehen. Haben die beiden Filme Gemeinsamkeiten, die über das winterliche Setting hinausgehen?
Bernhard Wenger ist aus Wiener-Filmakademie-Holz geschnitzt. Die lose Parallele des Settings war damit vollkommen ausreichend. Was nicht heißen soll, dass es nicht mehrere gibt. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein Vorfilm die Gespräche im Anschluss deutlich lebendiger macht. Kurzfilme eignen sich super dafür und bekommen sowieso zu wenig Screentime. Irgendwie auch eine coole alte Tradition. Ein bisschen wie die Ouvertüre in der »Space Odyssey«. Wenn die Filme miteinander sprechen, ist das also immer produktiv, finden wir. Diesen Dialog schreiben wir nicht vor und nehmen ihn dementsprechend an dieser Stelle auch nicht vorweg. 😉 Wir sind schon gespannt, welches Gesamtbild dann entstehen wird.
Wie geht’s weiter mit »Kino & Krawall«? Was könnt ihr uns schon über das Programm der nächsten Monate verraten?
Im Februar thematisieren wir die Folgen des Angriffskriegs in der Ukraine. Film als Fenster, durch das ein scharfer Wind peitscht, der uns alle betrifft. Dafür haben wir uns für die jetzt schon prämierte Dokumentation »The Earth Is Blue As an Orange« entschieden. Im März feiern wir Einjähriges, dafür haben wir uns etwas Besonderes ausgedacht. So viel können wir sagen: Wir haben den Kinosaal abstimmen lassen. Wir freuen uns!
Im Rahmen von »Kino & Krawall #9« sind am 19. Jänner 2023 um 20 Uhr die beiden Filme »Force majeure« von Ruben Östlund (zuletzt: »Triangle of Sadness«) und »Guy Proposes to His Girlfriend on a Mountain« von Bernhard Wenger im Stadtkino im Künstlerhaus in Wien zu sehen.