Waves Vienna ist in seiner Geschichte schon kreuz und quer durch Wien gezogen und hat dabei weit über tausend Acts auf die Bühnen gestellt. Heuer feiert das Showcase-Festival ein kleines Jubiläum. Fünfzehn Jahre im detailreichen Schnelldurchlauf.

2011 — Ahoi beim Waves Vienna!
Als erstes Showcase-Festival Österreichs ging Waves Vienna 2011 mit viel Erklärungsbedarf an den Start. Zum Beispiel hinsichtlich der Frage, was das überhaupt ist, ein Showcase-Festival. Im 166 Seiten starken, zweisprachigen Programmbooklet schrieb Festivaldirektor Thomas Heher: »Mit einem Ticket auf Entdeckungsreise durch die Wiener Clubszene gehen, etablierte Künstler*innen in neuem Rahmen auf sich wirken lassen, gehypte Acts erstmals live erleben und noch völlig unbekannte Musikperlen auskundschaften – dafür steht Waves Vienna.« Zu sehen waren Artists wie Gang of Four, Actress oder Photek, in Musikvenues und Off-Locations (vor allem) entlang des Donaukanals und im Prater – von Flex über Flucc (damals noch Fluc) bis Pratersauna. Auch eine Wiener-Linien-Bim wurde bespielt, genau wie zwei Schiffe, was sich auch im nautisch angehauchten Festivalsujet niederschlagen sollte. Bei der Eröffnung im Stadtsaal begeisterte Soap & Skin das Publikum. Die Waves Vienna Music Conference, damals im Collegium Hungaricum, verschrieb sich dem Überthema »East Meets West« und sollte »Basis und Inspiration für eine langjährige, gesamteuropäische Zusammenarbeit sein«. Als Keynote-Speaker konnte der britische Musikmanager Peter Jenner (Pink Floyd, Marc Bolan, The Clash, …) gewonnen werden. Mit dem TBA Daily (später Waves Daily) erschien sogar eine tagesaktuelle Printpublikation zum Festival.

2012 — Erstmals Gastländer im Fokus
Mit mehr als hundert Acts an vier Tagen und auf zwölf Bühnen ging es im zweiten Jahr ähnlich ambitioniert weiter. Mit dabei waren Bunny Lake, Ghostpoet, Gold Panda, Gravenhurst, Kavinsky, Mile Me Deaf, Pantha du Prince, The Soundtrack of Our Lives und viele, viele andere. Bei der Eröffnung im Gartenbaukino war die LCD-Soundsystem-Doku »Shut Up and Play the Hits« zu sehen. Die Konferenz widmete sich erstmals zwei Gastländern: Polen und Frankreich. Als Teil davon fanden Im Vorfeld des Festivals und in Kooperation mit dem Austrian Music Export Networkingsessions mit Showcases österreichischer Acts in Warschau und Paris statt. Neben dem Waves Daily dokumentierte das englischsprachige Waves Magazine (im Zeitungsformat) die Aktivitäten rund um Waves Vienna sowie rund um Wavesnet, »das partnerschaftliche Netzwerk zum Austausch innerhalb der zentraleuropäischen Musikmärkte«. Erstmals gab’s auch eine Festival-App. Und Fische – eigentlich Angelköder – hielten Einzug in die CI, also das grafische Erscheinungsbild, des Festivals.
2013 — Bratislava Meets Vienna
Mit sechs zusätzlichen Locations in der »Twin City« Bratislava wurde Waves Vienna 2013 um ein zweites, eigenständiges Festival erweitert. Shuttlebusse verkehrten zwischen den beiden Hauptstädten, die so nah beieinander liegen wie keine anderen in Europa. Am »Stammsitz« in Wien widmete man sich den Gastländern Slowenien und Belgien. Die Konferenz übersiedelte in die Urania. Attwenger, CSS, Nathan Fake, Kreisky, I-Wolf, Múm, Slut, Skream und Sohn waren Teil des gewohnt breiten Line-ups. Charli XCX war auch gebucht, musste aber leider kurzfristig absagen.
2014 — Ins Herz der Stadt
Die Waves Vienna Music Conference fand 2014 erstmals in den Räumlichkeiten der Universität für Musik und darstellende Kunst statt (gemeinsam mit den Vienna Music Business Research Days) – sowie zur Hälfte in Bratislava, wo auch das Konzertprogramm (auf zwei Tage) ausgebaut wurde. In Wien verlagerte sich das Festivalgeschehen mit neuen Venues wie der Alten Post, Brut, Haus der Musik, Konzerthaus und Porgy & Bess ins Herz der Stadt, in den ersten Bezirk. Die Gastländer des Jahres: Kroatien und Niederlande. Auf den Bühnen standen unter anderem: Crazy Bitch in a Cave, Manu Delago, First Aid Kit, The Hidden Cameras, Kommando Elefant, Scott Matthew, Alexis Taylor (Hot Chip) und Thees Uhlmann. Überdies wurde im Vorfeld von Waves Vienna das Waves Film Fest veranstaltet.

2015 — Gewohnte Vielfalt
Im fünften Jahr schwamm wieder ein Schiff auf den Wellen der Waves-CI. Diverse Tiere sollten darin ab sofort auch eine Rolle spielen. Erstmals richtete sich der Blick des Festivals gleich auf drei Gastländer: Estland, Lettland und Litauen. Mit Acts wie Austra, Avec, Ebony Bones, Kids N Cats, Little Boots, Mynth, Oddisee, Mike Skinner (The Streets), We Walk Walls oder Young Rebel Set war das musikalische Angebot – aus den Musikbiotopen Indierock, Folk, Pop, Elektronik und Hip-Hop – vielfältig wie gewohnt. Filmvorführungen und Lesungen (etwa mit Andreas Dorau, Stefanie Sargnagel und Dirk Stermann) ergänzten das Programm. Mit Squirrel’s Finest, einem hopfengestopften Session IPA, gab es ein eigenes Festivalbier. Und ein letztes Mal wurde auch bei Waves Bratislava genetzwerkt und neue Musik entdeckt.
2016 — Neuer Bezirk, neues Glück
Der neunte Wiener Gemeindebezirk sollte ab 2016 für einige Jahre die neue Heimat von Waves Vienna werden. In der und um die Festivalzentrale Wuk wurde Acts wie Avec, Black Honey, Gold Panda, Holy Fuck, Jardier, Lola Marsh, Mule & Man und We Are Scientists eine Bühne geboten. Diverse Off-Locations – etwa das Café Weimar oder das Schubert Theater – sorgten für außergewöhnliche Konzertsettings. »Wir verstehen uns als Entdecker*innenfestival und wünschen uns, dass sich die Besucher*innen von einem großartigen Musikbeitrag zum nächsten treiben lassen, sich austauschen und vernetzen und am Ende des Abends bereichert nach Hause gehen«, fasste Festivaldirektor Thomas Heher die Idee hinter Waves Vienna damals zusammen. Bei der Konferenz bot Conchita Wurst Einblicke in ihre Musikkarriere und das neue Format der Pop-up-Sessions sollte den ungezwungenen Austausch mit namhaften Musikprofis ermöglichen. Als Gastländer waren Deutschland und Israel vertreten. Auch ein Label Markt und der Music Hack Day waren Teil des Programms. Um ein Zeichen zu setzen, wurde in diesem Jahr außerdem das Produktionsteam ausschließlich mit Frauen besetzt.

2017 — Ab sofort mit Award
Mit der sehr stimmungsvollen Canisiuskirche und der Modeschule gleich hinter dem Wuk setzte Waves Vienna 2017 auf zwei weitere Locations in direkter Nachbarschaft seiner Festivalzentrale. Dreizehn Bühnen waren es in diesem Jahr und abermals etwa hundert Acts – unter anderem At Pavillon, Louis Austen, Chuckamuck, Clap Your Hands Say Yeah, Forest Swords, Lubomyr Melnyk und Wandl. Ein Craft Beer & Street Food Market sorgte fürs leibliche Wohl. Fokusländer waren Italien und Tschechien. Neu und im Rahmen der Konferenz verliehen: der XA – Music Export Award. Die gemeinsame Initiative von Mica – Music Austria, Austrian Music Export, Austro Mechana / SKE Fonds, Radio FM4 und Waves Vienna unterstützt österreichische Acts mit besonderem Exportpotenzial und ging bei ihrer Premiere an Cari Cari.

2018 — Sync Rights und andere brennende Themen
An die einhundert Newcomer und etablierte Acts zierten auch das Line-up der achten Ausgabe von Waves Vienna. Mit dabei: Chad Valley, Neneh Cherry, Futurski, The Go! Team, Mile Me Deaf und WWWater. Dives konnten die XA-Jury von sich überzeugen. Der alljährliche Länderfokus richtete sich auf Portugal und die Slowakei. Im Rahmen der Konferenz tauschten sich heimische wie international Professionals zu den aktuellen Themen der Musikbranche aus: Wie bringen Künstler*innen ihre Musik in Filmen, Serien und Videospielen unter? Schlagwort: Sync Rights. Lässt sich eine Karriere als Musiker*in mit dem Familienleben vereinbaren und wie steht es dabei um die soziale Verantwortung der Branche? Welche Bedeutung haben Musikblogs für die Karriere junger Künstler*innen? Spielt Radio noch eine wichtige Rolle?
2019 — Jeder dritte Act aus Österreich
Auch 2019 standen die Branche und die Waves Vienna Music Conference natürlich nicht still: Unter dem Titel »Agent of Change« wurden aktuelle Herausforderungen und Zukunftsperspektiven für Kultur- und Musikzentren sowie für das kommunale Leben aufgezeigt – inklusive Best-Practice-Beispielen wie dem Konzept des Nachtbürgermeisters, das in Form der Vienna Club Commission zwischenzeitlich auch in Wien umgesetzt worden ist. Eine Podiumsdiskussion zum Thema Cancel Culture widmete sich dem Umgang mit in Verruf geratenen Künstler*innen. Mit 34 Acts war das Konzertprogramm zu einem Drittel mit Künstler*innen aus Österreich bestückt, beispielsweise mit den damaligen XA-Gewinner*innen Anger, Good Wilson, Bernhard Eder, Lisa Pac, Petrol Girls und Titus Probst, um nur ein paar zu nennen. Als internationale Vertreter*innen seien noch Alyona Alyona, Iris Gold, Martin Kohlstedt, Dan Mangan, Marissa Nadler und Shortparis erwähnt. Die Fokusländer in diesem Jahr: Ungarn und Schweden.
2020 — Corona und die Folgen
Das erste große Jubiläum – zehn Jahre Waves Vienna! – hatte man sich anders vorgestellt: Die Coronapandemie hatte die Welt fest im Griff, Veranstaltungen mussten reihenweise abgesagt werden oder konnten nur unter erheblichen Einschränkungen stattfinden. Für ein Showcase-Festival, bei dem es um Austausch und Networking zwischen der heimischen und der internationalen Musikszene geht, eine kleine Katastrophe. Mit einem Hybridkonzept versuchte man, das Beste daraus zu machen. Die Konferenz fand im Wesentlichen online statt (mit Covid-19 auch als thematischem Fokus) und die Konzerte wurden gestreamt – inklusive Public Viewing im Hof des Wuk. Wie ursprünglich geplant gab’s zum Zehnjährigen eine neue CI mit auffälligen, welligen Grafikelementen, eine Vinyl-Compilation mit den acht XA-Nominierten (als Gewinnerin ging in diesem Jahr Oska hervor) und natürlich auch zwei Fokusländer: UK und Ukraine.

2021 — Back to (Almost) Normal
Corona war noch nicht ausgestanden, aber Indoor-Konzerte unter gewissen Auflagen (Masken!) wieder möglich, weshalb wir uns 2021 über ein Comeback von Waves Vienna in alter Form freuen durften. Wegen Renovierungsarbeiten fiel die Modeschule als Location aus, zusätzliche Bühnen in den Räumlichkeiten der Canisiuskirche sorgten für adäquaten Ersatz. Auch der Länderfokus wurde neu gedacht: Speziell hervorgehoben wurden in diesem Jahr die zehn Länder des Donauraums – also Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, die Republik Moldau sowie die Ukraine. Bei der Konferenz wurden deren Musikmärkte vorgestellt und grenzüberschreitende Themen diskutiert. Den XA räumte Florence Arman ab. Live zu sehen waren außerdem: 52 Hertz Whale, Aze, Discovery Zone, Eli Preiss, Faux Real, Hearts Hearts, Mira Mann, Rahel, Sparkling, Zinn und viele andere mehr.
2022 — Diversity als neues Generalthema
Eine Plattform zu schaffen, über die sich die Musikszenen Ost- und Westeuropas austauschen können, stand als Gründungsgedanke am Anfang von Waves Vienna. Dieser Brückenschlag ist unauslöschlich in die DNA des Festivals eingeschrieben. Ohne ihn aus den Augen zu verlieren, nahm das Team rund um Thomas Heher 2022 auch gesellschaftspolitische Anliegen mit auf die Agenda. Dafür wurde sogar ein Beirat ins Leben gerufen. Dem neuen Generalthema Diversity, also dem »wertschätzenden, bewussten und respektvollen Umgang mit Verschiedenheit und Individualität«, näherte man sich bei der Konferenz in diesem Jahr über den Aspekt des Micro-Activism. Und sonst so? Kanada war »Guest of Honor«, erstmals waren auch einige der stadtbekannten Gürtelclubs mit von der Partie und Farce erhielt den XA – Austrian Music Export Award. Weitere Highlights: Bibiza, Bipolar Feminin, Finley Quaye, Levin Goes Lightly, Lil Julez, Naima Bock, Oskar Haag, Salò, Superorganism, The Haunted Youth, The Psychotic Monks, W1ze, Wallners und Zack Zack Zack.

2023 — Entlang des Gürtels
Den bislang letzten Umzug (und das letzte Redesign) brachte Waves Vienna im Zuge seiner dreizehnten Ausgabe über die Bühne. Da umfangreiche Renovierungsarbeiten das Wuk für längere Zeit in Beschlag nehmen sollten, wurde die Ausgehmeile entlang des Gürtels, wo sich Lokal an Lokal reiht, zum neuen Herzstück des Festivals. Im nahegelegenen Metropol gab es ebenfalls Konzerte. Und die Konferenz fand im West Space, im Gebäude der ehemaligen Wirtschaftsuniversität, statt – zum Thema »Unconscious Bias«. Gastland 2023 war die Schweiz. Neben dem »klassischen« Waves-Vienna-Line-up – etwa mit Ada Oda, Anda Morts, der XA-Gewinnerin Bex, Cousines Like Shit, Endless Wellness, Güner Künier, Annie Taylor, Shelf Lives und Sam Quealy – stellte das Festivals im Rahmen von »Upbeat« erstmals auch aufstrebende Global-Pop-Acts aus ganz Europa vor.
2024 — Konferenzen im Doppelpack
Auch letztes Jahr bespielten wieder hundert heimische und internationale Artists zehn Venues, dieses Mal ausschließlich entlang des Gürtels. David Arcos, Eat-Girls, Freak Slug, Gatafiera, I Hate Myself Because, Leber, Low Life Rich Kids, Edna Million, Modular, Power Plush und Unflirt hießen ein paar davon. Lucy Dreams holten sich den XA – Austrian Music Export Award und Lara Cortellini erhielt den erstmals vergebenen The-Gap-Nachwuchspreis für Musikjournalismus. Wir gratulieren! Kolumbien als Gastland und – wie gewohnt – die Konferenz rundeten die 2024er-Ausgabe von Waves Vienna ab. Im Rahmen von Letzterer gab es erstmals ein Treffen des Dachverbandes der europäischen Musikexportbüros (EMEE) sowie eine Kooperation mit der parallel stattfindenden Musikwirtschaftskonferenz Bzzzz.

2025 — Vorfreude jetzt!
In seinem Jubiläumsjahr setzt Waves Vienna auf altbewährte Stärken und holt wieder spannende neue Acts aus Österreich sowie weiten Teilen Europas auf die Festivalbühnen entlang des Gürtels. Viele davon mag man noch nicht kennen, aber es lohnt sich zumeist, sie kennenzulernen. Die Eröffnung im Volkstheater wird von Oska gehostet. Die Musikerin wird dabei mit Christina Stürmer, Josh, Teya, Yasmo, Hans Platzgumer, Oskar Haag, Hearts Hearts und Farce auftreten. Für den XA sind dieses Mal Beaks, Filiah, Jo the Man the Music, Kid’s Don’t Smoke, Lovehead und Sanna Frankie nominiert. Und bei der Konferenz wird unter anderem über Machtmissbrauch in der Musikbranche, die Chancen, die der Eurovision Song Contest für Österreichs Musikszene birgt, sowie den Musikmarkt des Gastlandes Spanien gesprochen. Außerdem wird erstmals der Central European Indie Festivals Award (CEIFA) verliehen. Wir sehen uns vor Ort!
Das Club- und Showcase-Festival Waves Vienna findet heuer von 1. bis 4. Oktober statt.
Offenlegung: Der Autor dieses Textes war lange Jahre bei Waves Vienna für die Pressearbeit mitverantwortlich. Seit 2024 übt er keine Funktion mehr beim Festival aus.