6 Fragen an Thomas Heher

Das Waves Vienna läuft vom 4. bis 7. Oktober über diverse Bühnen rund um den Donaukanal. Der Festivaldirektor Thomas Heher ist uns per Mail Rede und Antwort gestanden – auch wenn er gerade im selben Büro sitzt.

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Wie stark ist das Line-up?

Unglaublich stark! Nein, im Ernst, wir haben wie schon im Vorjahr versucht eine gute Mischung zwischen etablierten Acts und Acts, von denen wir glauben, dass sie in der nächsten Zeit international relevant werden zu gestalten. Im Großen und Ganzen ist das Line-Up im Vergleich zum letzten Jahr etwas dichter und bietet noch ein paar mehr Highlights als 2011.

Mit Ema, TEED, Actress oder Dry The River gab es letztes Jahr Volltreffer. Auf wen muss man heuer besonders achten?

Acts, bei denen schon spürbar ist, dass der große Sprung kurz bevorsteht, hören heuer auf Namen wie Sun Glitters, Mario & Vidis, Einar Stray, Botibol, Fenster, Rangleklods, Tu Fawning, Housse De Racket, Muijuice, Rocketnumbernine, Thomalla oder HVOB – Her Voice Over Boys.

Sun Glitters lassen mit einem zauberhaften Mix aus sphärischer Electronica und verhallten Melodien aufhorchen, Mario & Vidis haben mit "Changed" schon einen respektablen Hit vorgelegt und werden von Leuten wie Gilles Peterson in den Himmel gelobt, Einar Stray verzaubern mit wunderschönem Indie-Pop der von tiefgreifenden Piano-Parts getragen wird, die Band wird von ihren Anhängern schon als Methadon für Bon Iver- und Sigur Ros-Fans gehandelt. Botibol ist in Frankreich schon längst kein Geheimtipp mehr, sind in der einer ähnlichen Ecke zuhause, Fenster sind nichts weniger als die deutsche Antwort auf The XX. Rangleklods sollten mit ihren organischen Techno-Drones Trentemöller bald als Kronprinzen der verwaschenen Clubbeats ablösen, Tu Fawning schlagen in eine ähnlich großartige Kerbe wie Einar Stray, aber haben eine Portion mehr Arcade Fire im Blut, Housse De Racket verzücken mit unpeinlicher Indie-Disco, die vor Hitpotenzial nur so strotzt, der russische Song- und Soundbastler Muijuice werkelt an einem völlig neuartigem Soundentwurf, der bereits weit über die Grenzen seiner Heimat strahlt, Rocketnumbernine sind nicht nur die besten Kumpels von Four Tet sondern releasen auch auf seinem Label und schrauben mit ihm gemeinsam an grandioser Musik. Thomalla hat soeben Apparat ganz offiziell geremixt und die österreichische Electropop-Band HVOB – Her Voice Over Boys beigeistern durch einen zuckrigen Popentwurf, der Star-DJ Oliver Koletzki nicht nur zu Begeisterungsstürmen hinreißt, sondern ihnen auch einen fetten Künstlervertrag auf seinem Label Stil Vor Talent eingebracht hat. Wenn ich mir das Line-up genau anschaue, würde sich die Liste lang so fortsetzen lassen.

Außerdem haben wir mit Acts wie Gold Panda, Rustie, Dillon, Ghostpoet, Gravenhurst, Scout Niblett oder Kavinsky auch Hype-Acts dabei die den Sprung ins große internationale Rampenlicht bereits geschafft haben. Und nicht zu vergessen sind natürlich die alten Hasen, denen wir auch heuer wieder ein wenig Platz eingeräumt haben. Allen voran The Soundtrack Of Our Lives, die am Waves ihr letztes Konzert in Österreich und so wie es aussieht überhaupt außerhalb von Schweden spielen und sich nach einem großartigen Album im Mai bei ihren Fans be- und danach abdanken. Eigenlob stinkt zwar, aber ich glaube wir haben heuer wirklich genügend Zeit ins Booking investiert und es hat sich gelohnt.

Das Line-up ist deutlich elektronischer – Absicht?

Wir versuchen eine Balance zwischen Gitarre und Elektronik zu halten – und sowieso sind viele Acts aus dem letzten Jahr aber auch im diesjährigen Programm schwer in eine Elektronik- oder eine Gitarren-Ecke zu stellen. Einen Plan jetzt mehr elektronische Acts zu buchen gab es nicht wirklich, wenn das so rüberkommt, dann ist es uns vielleicht eher passiert. In erster Linie zählt für uns, ob ein Künstler interessant ist und zum Festival passt.


Waves Vienna ist ein Showcase-Festival. Wie sorgt man dafür, dass die richtigen Leute vor Ort sind? Und zahlen die voll für die Konferenz?

Es gibt mehrere Gründe, warum internationale Delegates das Waves besuchen wollen. Einerseits haben wir im letzten Jahr eine solide Basis für einen Austausch zwischen Ost- und Westeuropa geschaffen und auf unser Konferenz-Programm wirklich sehr gutes Feedback bekommen. Und zwar nicht nur nach dem Festival im letzten Jahr direkt, sondern sogar Monate später in persönlichen Gesprächen bei anderen Festivals und Konferenzen. Auch die zahlreichen Kooperations-Anfragen von Musikexport-Organisationen und anderen Festivals beweisen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind die Veranstaltung und damit auch Wien auf die europäische Showcasefestival-Landkarte zu setzen. Darüber hinaus merken wir beim Zusammenstellen des Konferenz-Programms, dass Speaker und Delegates die Veranstaltung bereits kennen und es damit auch einfacher ist, interessante Vortragende zu bekommen.

Wir haben für die Besucher der Konferenz in diesem Jahr einige Kooperationen mit Verbänden, Organisationen und Institutionen national und international, die über Kartenkontingente Rabatte für ihre Partner und Mitglieder weitergeben.

Wie kommt es zu den Gastländern? Wie relevant ist Frankreich derzeit? Und wo liegt überhaupt Polen? Was kommt in den kommenden Jahren?

Wir hatten schon im letzten Jahr einige Kooperationen mit Festivals in Polen, wie etwa dem Tauron und waren überrascht wie groß das Interesse an unserer Konferenz war. Es waren 17 Delegierte und Journalisten aus Polen bei der Konferenz und auch das Presse-Echo war enorm. Und Polen ist ohnehin einer der dynamischsten Musikmärkte und hat eine großartige Festivallandschaft. Das gepaart mit einer vielfältigen Musikszene hat den Ausschlag gegeben, Polen als Gastland einzuladen.

Frankreich als westeuropäischer Vertreter ist vor allem wegen der sprachlichen Situation und dass es als Binnenmarkt für Künstlerinnen, Künstler und Labels hervorragend funktioniert etwas Besonderes. Aus Frankreich kommt derzeit ja wieder einiges Elektronisches, was wir mit Kavinsky und z.B. den Juveniles abbilden möchten. Im nächsten Jahr werden wir uns voraussichtlich Slowenien etwas genauer ansehen. Beim westeuropäischen Gastland sind wir uns noch nicht ganz einig, aber es muss natürlich auch von der Größe her zu Slowenien passen. England ist da vielleicht eher wenig geeignet.

Was bringt es an Vorteilen ein Festival nicht auf die grüne Wiese zu stellen? Mieten sind doch teurer, Bareinnahmen fehlen, am Ende sind auch Tickets teurer?

Ein Festival auf der grünen Wiese und ein Clubfestival sind ja zwei völlig verschiedene paar Schuhe –Gummistiefel und Sneakers sozusagen. Clubfestivals ziehen eher ein etwas älteres Publikum an – eines, das nicht mehr so gerne in Zelten übernachtet und am Nachmittag in der Sonne brütet. Es geht beim einem Clubfestival auch mehr um die Musik an sich, Bands in intimeren Rahmen zu erleben und Acts zu entdecken, auf die man so vielleicht nicht gestoßen wäre. Auf der einen Seite sind wir natürlich nicht so wetterabhängig, dafür müssen wir andererseits das Programm sehr genau gestalten, weil Clubs nur begrenzte und oft kleine Kapazitäten haben und das Line-Up in den Clubs selbst, aber auch im Ganzen auf einander abgestimmt sein muss. Einnahmen von den Bars fallen weg und wir zahlen Mieten in den Clubs, dafür brauchen wir keine Bühnen und Tonanlagen aufstellen – außer in ein paar Off-Locations. Auch haben wir bei der Infrastruktur weniger Kosten, Toilettanlagen und Verpflegung gibt es, wir brauchen keine Parkplätze.

Waves Vienna

Mit Rustie, Soundtrack Of Our Lives, Gold Panda, Dillon, Tu Fawning, Mile Me Deaf, Gravenhurst, Sex Jams, Kavinsky, uvm.

4. bis 7. Oktober, Wien, diverse Locations

www.wavesvienna.at

Anmerkung: Das Waves Vienna wurde 2011 im selben Medienhaus wie The Gap gegründet. Mittlerweile ist das Waves Vienna in einer unabhängigen GmbH organisiert.

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