Vea Kaiser macht den Regener und damit ihrem Ärger über diverse Ebookpiraten und – wie sie schreibt – deren Versklavung von Autoren Luft. Hat damit auch der Literaturbetrieb seine Urheberrrechtsdebatte?
Sven Regener hatte es gereicht. Letztes Jahr trat er im Zündfunk eine breite Diskussion darüber los wie eine Gesellschaft mit ihren Musikern und Künstlern umgehen soll. Andere taten es ihm gleich, Wir sind die Künstler traten gegen den Diebstahl geistigen Eigentums auf. Das Verständnis dafür war begrenzt.
Währenddessen tut in Österreich die Initiative Kunst Hat Recht so als würden sie vor allem die Künstler und nicht auch die Majorlabels vertreten. Immer wieder befeuern sie sich mit der Lobby gegen die Festplattenabgabe mit Pressemitteilungen, die die Diskussion vor allem vernebeln.
In diesem Fall ist es allerdings eindeutig: die Autorin Vea Kaiser reicht es. Darin spricht sie davon, dass Ebook-Plattformen, die Texte ungefragt zum Download anbieten die Autoren versklaven würden. Die Reaktionen sind vorprogrammiert, oder?
Der Brief von Vea Kaiser ("Blasmusikpop") an die Ebook-Piraten, den sie hier auf ihrer privaten Facebookseite veröffentlicht hat:
Liebe Ebook-Piraten,
Ich fürchte zwar, Ihr werdet meine Nachricht nicht veröffentlichen, aber:
ich bin Autorin eines der Ebooks, die Ihr gratis zum Download anbietet und ich fühle mich von Euch bestohlen und ausgebeutet – bin entsetzt, was Ihr hier tut. Ich habe jahrelang an diesem Roman geschrieben und finanziere mir mühsam durch den Verkauf mein Studium und mein Leben – das ist nicht besonders luxuriös, aber dafür kann ich an meinem nächsten Roman arbeiten. Ich bin auf diese Buchverkäufe angewiesen, und indem Ihr mein Buch für jedermann zur unbeschränkten kostenlosen Weiterverbreitung anbietet, nutzt Ihr mich aus. Ihr denkt Euch jetzt vielleicht, es is ja nicht anders als borgen. Nunja: Es ist ein Unterschied ob ich einem Freund ein Buch borge, oder Kopien für die ganze Stadt anfertige und sie am Marktplatz zur freien Entnahme aufstelle. Oder glaubt Ihr, wir Autoren würden ohnehin alle so gut verdienen, dass es egal ist, ob Ihr für unsere Arbeit bezahlt oder nicht? Ken Follett wird es vielleicht nicht kratzen, aber junge Autoren, innovative Stimmen sind von jedem verdammten Buch abhängig.
Was Ihr hier macht, ist nichts anderes als Diebstahl. Und was ich so schlimm finde, Ihr schämt Euch nicht einmal, sondern animiert Euch gegenseitig weiterzustehlen. Ihr nennt das " Bücher befreien" – ist Euch bewusst, dass Ihr damit die Autoren versklavt? Ihr zwingt Autoren, gratis für Euch zu arbeiten, Ihr anerkennt unsere LEistung nicht, laut Euch steht uns NICHTS zu. Jahrelange Arbeit nur damit Ihr kostenloses Lesevergnügen habt? Das ist Sklaverei. Wären alle Leser so wie Ihr, dann gäbe es keine Bücher mehr, denn wir Autoren hätten nicht die Möglichkeit zu schreiben. Warum ich Euch das sage? Weil ich im Herzen daran glaube, dass Leser gute Menschen sind und Bücher, sowie deren Autoren, schätzen. Zumindest schreibe ich für Leser, die die Arbeit eines Autors auch zu schätzen wissen, und bereit sind, dafür zu zahlen. Denn sind wir uns ehrlich: 10-20 Euro für ein Buch ist verdammt wenig. Zwei Kinokarten, 4 Packerl Zigaretten, 1/4 Tankfüllung. Das rechnet nie die jahrelange Arbeit, und wir Autoren tun’s trotzdem. Wenn Ihr aber so weitermacht, zerstört Ihr die Vielfalt. Klar, Bücher wird es immer geben. Aber überlegt mal, ob Ihr noch lesen wollt, wenn es nur noch Megaseller wie Shades-of-grey gibt, weil sich anderes nicht mehr rentiert, weil junge Autoren keine Chance haben, weil innovative Ideen nicht mehr möglich sind. Ach, und dann habt Ihr ja Euer Argument, Ihr wollt doch nur die "Content-Mafia" umgehen, legitimiert Ihr Euer Treiben damit, dass Ihr meint, es bräuchte keine Verlage? Nur dass Ihr wisst: Verlage entdecken neue Autoren, verwirklichen mutige Bücher und helfen dem, was Ihr nachher gut findet, aus dem Ei. Das sind keine üblen Verwertungsmaschinen, die einen Autor ausquetschen, sondern Menschen mit Herz, die einem Projekt ins Leben helfen. Ohne deren Mut, Expertise und stützende Strukturen gäbe es einen ziemlichen Einheitsbrei, denn das Durchsetzen von Neuem in diesem gewaltigen Markt überfordert die Möglichkeiten eines einzelnen Menschen. Wenn Ihr das wollt: dann macht weiter so. WEnn nicht, überlegt doch mal, ob Ihr dem Buchhändler um die Ecke nicht einen Besuch abstatten wollt. Dort gibt es übrigens auch persönliche Beratung, Hilfe, Lektüre zu finden, die Ihr sonst nicht gefunden hättet, oder Lesungen, die Möglichkeit, Autoren mal kennenzulernen. Geht doch mal zu einer Lesung und schaut Euch den Menschen an, der das Buch geschrieben hat und erklärt mir dann bitte, wieso dieser Mensch Euer Sklave sein soll – das würde mich nämlich wirklich interessieren, wieso Ihr der Meinung seid, dass Ihr mit Eurem Diebstahl uns Autoren und Verlage ausbeuten dürft.