Texta gibt es jetzt seit 20 Jahren. Das sind 20 Jahre österreichischer Hip Hop, der einiges erlebt hat. Im Interview erzählen sie von Erfahrungen, Erlebnissen und Eazy-E.
Mit dem Jubiläumsalbum "XX" feiert Texta 20 Jahre Bandgeschichte. Früher war zwar alles anders, deswegen aber nicht unbedingt besser – eine der vielen Weisheiten, die wir von Texta mitnhemen können. Genauer: von Flip und DJ Dan. Die zwei zählen mit dem Rest der Gruppe mittlerweile zu den österreichischen Rap-Urgesteinen. Trotzdem zeigen sie sich nicht müde, sondern immer noch aktiv rappend und produzierend. Allerdings gewinnt man mit den Jahren mehr Entspannung, was das "Rapgame" betrifft.
Zum Einstieg: vor Kurzem haben wir auch Moneyboy interviewt. Er kommt auch aus Österreich und macht Rap, ist aber sonst ganz anders als ihr. Kennt ihr ihn? Was haltet ihr von seiner Musik?
Flip: Den kennt doch jeder heutzutage, oder? Ich denke der ist bei seinen Fans auch eher für seine Hood-Reports und sowas beliebt als jetzt für die Musik. Man weiß bei ihm nicht so genau, ob das jetzt ernst gemeint ist. Das ist sein Geheimnis. Obwohl er mittlerweile schon ein besserer Rapper geworden ist. Das ist halt Entertainment. Er ist neben Chakuza der einzige bekanntere Rapper in Deutschland.
Dan: Wir haben ihn auch bei Autofahrten viel gehört, aus Spaß. Aber wir kennen uns nicht mal.
Flip: Das kann man nicht mal haten, weil es so absurd ist. Da muss man Spaß dran haben.
Euch gibt es ja mittlerweile 20 Jahre. Hat sich seit dem Anfang in der Rap-Szene viel verändert in Österreich? Was hat sich bei euch getan?
Flip: Klar hat sich da viel verändert. Anfangs hatten wir keine Ahnung, da war das alles viel komplizierter, wo bekommt man einen Sampler her, wie macht man Beats. Der erste Sampler hat 40.000 Schilling gekostet…
Dan: Wir wussten auch noch nicht, ob Rap in Österreich überhaupt eine Zukunft hat.
Flip: Es hat damals keine Bücher über das Thema gegeben. Wir haben uns damals das Source Magazin gekauft … das MZEE-Magazin … sowas war halt die einzige Quelle für uns. Oder Yo! MTV Raps.
Dan: Das war die Informationsquelle überhaupt. Viele Videos, neue Bands, neue Rapper. FM4 Tribe Vibes war auch interessant. Damals hat man halt zugehört und versucht, sich das alles zusammenzusuchen. Heute bekommt man alles im Internet, Tutorials und sowas.
Habt ihr das Gefühl, dass sich durch diese Entwicklungen die Qualität der Musik verändert hat?
Flip: Es gibt halt mehr von allem. Da leidet auch die Qualität. Früher waren es weniger Gruppen, das Lernverhalten war anders. Heutzutage ist das leichter zugänglich, Tunes zu produzieren. Ich kriege immer wieder Anfragen von irgendwelchen Leuten, die mich fragen, ob wir sie signen können. Da ist auch weniger Demut dabei. Früher haben wir uns das alles angelernt, antrainiert.
Dan: Es geht einfach alles viel schneller. Du hast viel schneller einen Beat fertig.
Was waren anfangs eure Vorbilder?
Flip: Advanced Chemistry, das war die Initialzündung. Dann sind wir auch oft nach Deutschland gefahren, auf diverse Jams. Die deutsche Szene, Massive Töne, Absolute Beginner, MC René, Ferris, Blumentopf. Da gab es eine Jam-Szene, bei uns gab es das noch nicht. Das hat bei uns erst 1995 begonnen, 1993 war das in Deutschland schon voll im Gange. Graffiti, DJs. Das war auf einem anderen Level als bei uns. Mein erstes Album war von den Fat Boys, also amerikanisch. Mit MTV kamen dann die Videos dazu.
Dan: Man hat die Alben damals auch viel mehr aufgesaugt … da gab es nicht so viel neue. Das Musikverständnis ist nicht vergleichbar mit dem heutigen. Nicht schlechter, aber anders.
Flip: Die Kommerzialisierung von Rap hat ihm schon ein wenig die Unschuld genommen.
War Rap Anfang der Neunziger noch spaßiger, weniger geprägt von Gewalt und Sexualisierung?
Flip: Als „The Chronic“ von Dr. Dre rausgekommen ist, war alles anders. Das war das erste Mainstream-Album, das diese Gangster-Klischees bedient hat. Danach haben die Labels auch anders nach Künstlern gesucht. Es war wichtig, wie man die Künstler danach ausschlachten kann. A Tribe Called Quest und Wu-Tang Clan haben damals die letzten rohen Alben gemacht, dann kam zum Beispiel „Doggystyle“ von Snoop Dogg. Genau vor 20 Jahren. Snoop Dogg war ein Mega-Star, er hat damals 4 Millionen Alben verkauft. Puff Daddy hat dann Notorious B.I.G. großgemacht. Ab da ist die Idee umgefallen, dass es nur um DJ und Rapper geht. Da war dann klar, dass da eine Menge Geld drinnensteckt. Auch in Deutschland. Das Splash Festival, Labels haben viele Gruppen gesignt. Eine Art Goldgräberstimmung, die ging bis 2001, 2002. Dann kam Aggro Berlin, Straßenrap auf Deutsch, das war bis dahin auch ungesehen.
War das für euch jemals ein Thema, über solche „Straßen“-Themen zu rappen?
Flip: Nein, das war für uns komplett unrealistisch.
Dan: Anfang der 90er war Gangster-Rap schon faszinierend. Mir hat das voll gefallen, als Teenager. Ich fand die deutschen Gangster-Rapper auch nie schlecht. Aber Sachen wie De La Soul, Flower Power Hip-Hop, haben wir auch gefeiert. Es gibt da mehrere Richtungen. In Amerika haben ja auch alle Rapper alles gehört.
Flip: Gangster-Rap ist halt auch Authentizität. N.W.A. war zum Beispiel schon durchkalkuliert, von denen war eigentlich nur Eazy-E ein Crackdealer. Aber die hatten auch einen politischen Anspruch. Rap war immer auch irgendwie Repräsentation der Straße. Kool G Rap hat Streetstories erzählt aus Queens, Nas erzählt auch von der Straße. Die Frage ist, wie das glorifiziert wird.
Dan: N.W.A. hat auch wegen dem Schockfaktor funktioniert.
Flip: Genauso bei Sido und Bushido.
Dan: So funktioniert’s halt.
Flip, du machst ja die Beats. Arbeitest du daran alleine, oder ist das eine Kollaboration zwischen euch?
Flip: ja, also eigentlich schon. Ich hab halt mein Studio, und dort werden Beats gemacht. Früher war es mit Skero auch so, dass wir da viel mit Email verschickt haben. Aber großteils gibt es eine Rohversion vom Instrumental, dann werden die Raps aufgenommen, Dan kommt mit seinen Scratches … Das ist ein gemeinsamer Prozess.
Dan: Mit Dropbox ist es schon auch einfach, weil halt jeder Zugriff darauf hat. Aber es passiert halt hauptsächlich im Studio, gemeinsam.