In seinen besten Jahren war der Amadeus Award bemüht. Heute taugt „der Amadeus“ bestenfalls noch als Reibebaum für Bands, die sich lautstark davon distanzieren.
Widmen wir uns also ein – wie es aussieht – allerletztes Mal den Amadeus Awards, dem vom Verband der hiesigen Musikindustrie (IFPI) ausgerichteten österreichischen Musikpreis. Seit 2000 findet der statt und wurde eine Zeit lang sogar im ORF-Fernsehen übertragen. Ziel des Preises war es, die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit auf österreichische Musik zu lenken. Geld war für die Ausgezeichneten ohnehin nie vorgesehen. Stoßrichtung: Glanz und Blitzlichtgewitter, Ruhm und Ehre. Eine Zeit lang funktionierte das mit den gemeinsam mit dem ORF aufgebauschten „Stars“ sogar irgendwie. Wir erinnern uns an Christl Stürmer. Wieviele Amadeus-Statuetten sie zu Hause stehen hat, weiß die Dame vermutlich nicht einmal selbst mehr.
Das Unterfangen war redlich, durchaus bemüht, ist aber endgültig als gescheitert zu betrachten. Seit ein paar Jahren dümpelt die Chose vor sich hin. Der ORF hat – Ausnahme: FM4 vergibt einen Preis in einer eigenen, über allen musikalischen Genres stehenden Kategorie. – das Interesse an der Veranstaltung verloren. Man widmet sich lieber den ”Dancing Stars“. Sonst muss man sparen, kürzt und streicht auf Kosten des Kreativstandorts. Eine Rückkehr des Amadeus in den Schoß des ORF war insgeheim immer das Ziel seiner Veranstalter. Doch die schien nie ferner als heute. Weil ein auf Glanz und Glamour abzielender Award aber Medien braucht, musste man als Veranstalter nehmen, was die private Medienlandschaft halt so hergibt. Womit wir beim nächsten Problem wären. Dort hat man sich nämlich noch nie für österreichische Musik interessiert. Bei Puls4 und KroneHit geht es zuvorderst ums Geldverdienen. Das wird auch ein Amadeus Award nicht ändern.
The Internet Killed The Amadeus Star
Was Sender wie KroneHit also interessiert, sind z.B. die verwertbaren Daten der Fans von nominierten Acts und Künstlern. Diese werden seit ein paar Jahren mobilisiert, für ”ihre“ Acts zu stimmen. Ein Versuch, eine Veranstaltung, die aus einer anderen Zeit stammt und auf Strukturen eines untergegangenen Musikzeitalters basiert, in die Gegenwart zu retten.
Gegen einen besonders plumpen Akt der Marketing-Verwertung ihrer Fans durch KroneHit hat nun das nominierte Elektronikduo HVOB protestiert und auf eine Teilnahme verzichtet. Es folgten Naked Lunch, Monobrother und Chakuza. Wozu auch mit Strukturen kooperieren, die einen ignorieren, sogar den eigenen Bandnamen falsch schreiben und nur dann Interesse vortäuschen, wenn sie einen brauchen: einmal im Jahr, wenn der Amadeus eine vermeintlich geeinte Branche zusammenzuführen trachtet. Die Beweggründe mögen individuell und unterschiedlich sein. Gemeinsam haben alle Genannten, dass sie den Amadeus nicht (mehr) brauchen. Genausowenig wie österreichische Acts heute Majorlabels brauchen, um eh nix zu verkaufen. Man hat in den letzten Jahren gelernt, sich selbst zu helfen, über das Internet und soziale Netzwerke eigene Communities aufgebaut. Einige Acts haben es einigermaßen erfolgreich ins Ausland geschafft. Ganz ohne die Musikindustrie, zumeist sogar weitgehend ohne jede Form der Förderung.
Klar: Der Amadeus war nie das, was ernstzunehmenden Künstler oder Bands als ”unser Award“ bezeichnet hätten. Das haben höchstens diejenigen geglaubt, die keine Ahnung hatten und sich das einreden ließen. Eine Zeit lang haben aber die meisten kooperiert, aus purem Pragmatismus. Dass ein Award nichts bringt, demonstrierte vor Jahren schon eine Band (den Namen hab ich bezeichnenderweise leider vergessen), die ihre Trophäe im See versenkt hat. Weil: eh nix wert. Mitgespielt hat man damals trotzdem.
Doch dem Amadeus Award ein lautstarkes „Fu(c)k you!“ zu entgegnen, bringt heute mehr kulturelles Kapital als jede Auszeichnung. Damit hat der Amadeus absurderweise ein letztes Mal seine Aufgabe erfüllt und Acts zu Öffentlichkeit verholfen.
Würdevoll wäre es jetzt, würde sich der Amadeus selbst für sein eigenes Lebenswerk auszeichnen. Und dann sanft einschlafen.
Thomas Weber, Herausgeber, @th_weber